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       # taz.de -- AfD in Brandenburg: Fast alles braune Soße
       
       > Die AfD könnte in Brandenburg am Sonntag 9 der 10 Bundestagswahlkreise
       > direkt gewinnen. Auch beim Zweitstimmenergebnis droht es düster zu
       > werden.
       
   IMG Bild: Maximal triste Aussicht: Vorgarten in Brandenburg
       
       Berlin taz | Einfarbig, genauer: fast einfarbig – und zwar in Braun. So
       fällt am Montagmorgen mutmaßlich der Blick auf die Brandenburger
       Ergebniskarte der Bundestagswahl aus. Denn neun der zehn Wahlkreise im Land
       gehen nach derzeitiger Umfragelage an die AfD. Ausgenommen ist allein die
       Landeshauptstadt Potsdam mit ihrem Umland, [1][wo SPD-Rot oder CDU-Schwarz
       das Einheitsbraun auflockern könnten].
       
       Für die AfD in Brandenburg werden es die ersten Wahlkreissiege bei einer
       Bundestagswahl überhaupt sein. Bisher holte sie in dieser Hinsicht nur in
       Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt Direktmandate, zum Teil, wie in
       Sachsen, fast flächendeckend.
       
       Noch vor nur dreieinhalb Jahren, bei der Bundestagswahl 2021, war das
       Ergebnis in Brandenburg ein ganz anderes: [2][Die Karte war durchweg
       SPD-Rot, die Sozialdemokraten gewannen alle zehn Wahlkreise], Bundeskanzler
       Olaf Scholz erreichte damals in Potsdam 32,1 Prozent und damit das
       landesweit zweitbeste Ergebnis.
       
       Damals aber hatte die SPD auch in einer Umfrage unter den Brandenburger
       Wahlberechtigten kurz vor der Wahl deutlich vor der AfD gelegen, mit 29 zu
       18 Prozent. Jetzt ist das Verhältnis nach einer Umfrage von Ende Januar
       fast umgekehrt: SPD 20, AfD 28 Prozent. Weil sich der Rückhalt für die
       beiden Parteien auf Bundesebene seither kaum verändert hat, dürfte das in
       Brandenburg kaum anders sein, auch wenn keine ganz aktuelle Umfrage
       vorliegt.
       
       ## Wenig beliebt: SPD-Kanzler Scholz
       
       Nun könnte man sich fragen: Wie kann das sein, die SPD war doch bei der
       Landtagswahl Ende September vorn? Da aber hatten die brandenburgischen
       Sozialdemokraten mit Macht versucht, genau das aus dem Wahlkampf
       herauszuhalten, was jetzt entscheidet: nämlich die Bundespolitik mit dem
       wenig beliebten Kanzler Scholz.
       
       Den Wahlsieg verdankte die Partei damals allein ihrem Landesvorsitzenden
       und Ministerpräsidenten Dietmar Woidke und [3][der Strategie, alles auf ihn
       zu setzen]. „Wer Woidke will, wählt SPD“, lautete ein zentraler Wahlslogan.
       
       Schon bei der Bundestagswahl 2021 war die AfD in zwei Wahlkreisen im Süden
       Brandenburgs nahe am Gewinn des Direktmandats, [4][in einem Fall fehlten
       nur 0,4 Prozentpunkte]. Bereits 2017 holte sie [5][im Wahlkreis
       Cottbus-Spree-Neiße die meisten Zweitstimmen], musste aber das Direktmandat
       der CDU überlasen.
       
       Ein Wahlkreissieger hat zwar im Bundestag nicht mehr zu sagen und kriegt
       auch nicht mehr Geld als ein Bewerber, der über die Landesliste seiner
       Partei ins Parlament kommt. Rein emotional aber kann sich der Gewählte
       fortan als „der“ Vertreter der Region im Bundestag präsentieren.
       
       ## Verwaiste Wahlkreise
       
       Gut möglich ist allerdings, dass nicht alle AfDler, die am Sonntag in
       Brandenburg in ihren Wahlkreisen die meisten Erststimmen bekommen, auch im
       Bundestag sitzen werden. Das [6][liegt an der Wahlrechtsreform]. Mit neun
       Direktmandaten hätte die Partei mehr Sitze, als ihr nach einem
       Zweitstimmenergebnis von etwa 30 Prozent zustehen würden.
       
       Die sogenannten Überhangmandate gibt es aber nach der Reform weitgehend
       nicht mehr. Draußen bleiben muss in einem solchen Fall, wer im Verhältnis
       zu anderen AfD-Wahlkreissiegern das schwächere Ergebnis hat.
       
       Dass es trotz solcher in einigen Landesteilen deutlichen relativen Mehrheit
       bisher keine AfD-Landräte oder Oberbürgermeister in Brandenburg gibt, liegt
       an den unterschiedlichen Wahlverfahren. Während es bei der Bundestagswahl
       nur einen Wahlgang gibt, bei dem siegt, wer mehr Stimmen hat als die
       anderen Bewerber, braucht es bei Landratswahlen eine absolute Mehrheit.
       
       Kommt diese im ersten Anlauf nicht zustande, gibt es eine Stichwahl
       zwischen den beiden Bestplatzierten. Dort können sich die Anhänger der
       Ausgeschiedenen – so sie einen AfD-Sieg verhindern wollen – etwa hinter
       einem SPDler sammeln, auch wenn sie eigentlich CDUler sind.
       
       ## Rechte Jugend
       
       Dürften auch unter 18-Jährige an der Wahl am Sonntag teilnehmen – das geht
       anders als auf Landesebene und bei der EU-Wahl nicht –, könnte die AfD in
       Brandenburg noch deutlicher vorn liegen. Nach den – allerdings nicht
       repräsentativen – Ergebnissen der [7][vom Bundesjugendring organisierten
       U18-Wahl] zwischen dem 7. und 14. Februar kam die AfD in Brandenburg auf
       35,6 Prozent der Stimmen.
       
       Das ist mehr, als die AfD jemals landesweit in regulären Wahlen oder
       Umfragen erzielt hat. In Berlin hingegen erreichte sie nur 8,3 Prozent,
       bundesweit 15,5.
       
       22 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Promi-Wahlkreis-Potsdam/!6067691
   DIR [2] /Haustuerwahlkampf-mit-der-SPD-im-Osten/!6070876
   DIR [3] /SPD-Wahlerfolg-von-Dietmar-Woidke/!6037995
   DIR [4] https://wahlergebnisse.brandenburg.de/wahlen/BU2021/afspraes/ergebnisse_wahlkreis_65.html
   DIR [5] https://www.lkspn.de/wahl/btw17/12.html
   DIR [6] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw11-de-bundeswahlgesetz-937896
   DIR [7] /U18-Wahl-in-Berlin-und-Brandenburg/!6066893
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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