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       # taz.de -- Aktivist aus Gaza zwischen den Fronten: Hamza Howidy zeigt, dass es auch anders geht
       
       > Hamza Howidy aus Gaza setzt sich für Frieden in Nahost ein. Er kritisiert
       > Iran, Hamas und Israel. Sein Asylantrag in Deutschland wurde abgelehnt.
       
   IMG Bild: Hamza Howidy wurde in Gaza geboren und hat dort studiert. Heute lebt der 27-Jährige in einer Flüchtlingsunterkunft in Deutschland
       
       Vor wenigen Tagen redete Hamza Howidy wieder einmal Klartext: „Iran hat es
       sich selbst zuzuschreiben“, postete er auf Instagram. Über drei Jahrzehnte
       lang habe der Iran die Palästinenser daran gehindert, eine politische
       Einigung zu erreichen, die dem iranischen Einfluss auf die Region im Weg
       stehen würde. „Die gegenwärtige Lage ist das direkte Ergebnis einer
       Politik, die darauf aus ist, jede Chance auf Frieden zu sabotieren.“ Nach
       dem Abkommen von Oslo 1993 habe der Iran Geld und Waffen in militante
       Bewegungen gesteckt, um die entstehende Palästinensische Autonomiebehörde
       zu unterminieren und staatliche Institutionen zu zerstören.
       
       Hamza Howidy ist eine der wichtigsten politischen Stimmen aus der
       palästinensischen Exilgemeinde. Er repräsentiert mustergültig, was man sich
       unter einem Intellektuellen vorgestellt hat, bevor die Algorithmen der
       sozialen Medien politischen Diskurs durch Dämonisierung des politischen
       Gegners, den Austausch von sorgfältig dargebrachten Argumenten durch
       polemische Angriffe und vorsichtiges Abwägen und Differenzieren durch
       maximale Zuspitzung ersetzt haben. Howidy ist auf Medien wie Instagram
       präsent und zeigt dort, dass es auch anders geht. Er weiß nicht alles
       besser, er zweifelt: „Ich frage mich manchmal, ob ich zu einseitig
       kritisiere“, [1][gab er der taz vor einigen Monaten zu Protokoll].
       
       Am 3. Dezember postete Hamza Howidy eine traurige Nachricht. Sein Freund
       Abood Khuail war wenige Tage zuvor zusammen mit elf Familienmitgliedern von
       einer israelischen Bombe in Gaza getötet worden. Howidy schrieb: „Die
       Khuails waren nicht Hamas. Mein Freund Abood träumte von einer
       Zwei-Staaten-Lösung, die es Palästinensern und Israelis ermöglichen würde,
       in Würde und Freiheit zu koexistieren.“ Howidy selbst ist im Sommer 2023
       aus Gaza über die Türkei nach Griechenland geflohen.
       
       ## Er kritisiert die Hamas
       
       Er hatte in Gaza zweimal an den „Wir wollen leben“-Protesten gegen die
       Hamas teilgenommen, er wurde zweimal verhaftet und von Hamas-Schergen
       gefoltert. Nachdem die Hamas am 7. Oktober Israel überfiel und der
       Gazakrieg begann, brach Howidy das Versprechen, das er sich selbst gegeben
       hatte: Nicht mehr öffentlich über die politische Situation im Nahen Osten
       zu sprechen. Er kritisierte die Hamas und Abu Obeida, den Sprecher der
       Al-Kassam-Brigaden, des militanten Flügels der Hamas. Daraufhin wurde er im
       griechischen Flüchtlingslager von anderen Gazanern mit dem Tod bedroht.
       Howidy flüchtete erneut – nach Deutschland.
       
       Er lebt in einer Flüchtlingsunterkunft und ist inzwischen zu einer
       international viel beachteten und geschätzten Stimme geworden, [2][weil er
       aus der humanistischen Perspektive eines Demokraten sowohl die
       verbrecherische Politik der Hamas als auch israelische Kriegsverbrechen in
       Gaza kritisiert].
       
       Howidy kommentierte auf CNN und wurde im ZDF interviewt; er schrieb für
       Newsweek, L’Express, National Post, ABC Today und andere Medien. Sowohl die
       Grünen als auch die CDU luden Howidy zu Gesprächen ein, er nahm an der
       Holocaust-Gedenkstunde im Bundestag teil. Seine differenzierte Stimme wurde
       gern gehört, doch eine Asylpolitik, die sich von der AfD treiben lässt und
       sich möglichst hohe Abschiebezahlen zum Ziel gesetzt hat, hat kein Ohr
       dafür. [3][Vor kurzem wurde Howidys Asylantrag vom Bundesamt für Migration
       und Flüchtlinge abgewiesen], weil er bereits in Griechenland Asyl bekommen
       hat. [4][Eine Petition gegen seine drohende Abschiebung haben bereits fast
       14.000 Menschen unterschrieben].
       
       ## Eine Position, die einsam macht
       
       In einer vergifteten öffentlichen Debatte steht Howidys Stimme für Abwägung
       und Vernunft, eine Position, die ihn einsam macht, wie er der taz sagte.
       Denn er sitzt nicht nur zwischen den Stühlen, er befindet sich zwischen den
       Fronten. Für deutsche Behörden ist er einer von vielen, die es abzuschieben
       gilt. Dem radikalen, tonangebenden Flügel der Pro-Palästina-Bewegung gilt
       er als Zionist. Er wird auch in Deutschland angefeindet und bedroht.
       
       Denn Howidy beklagt das Desinteresse der arabischen Öffentlichkeit und
       westlicher „Pro-Palästina“-Aktivisten gegenüber der unter der
       Terrorherrschaft der Hamas leidenden Bevölkerung von Gaza. Die
       Pro-Palästina-Proteste im Westen hält er für scheinheilig. Die Proteste
       zeigten die intellektuelle Unaufrichtigkeit einer Erzählung, die alle
       Bewohner des Gazastreifens entweder als Mittäter oder als Opfer der
       Hamas-Gewalt einstuft und so entmenschlicht. Howidy hat Angst davor, nach
       Griechenland geschickt zu werden. Er wünscht sich einen freien,
       demokratisch regierten palästinensischen Staat. Frei von israelischer
       Besatzung, aber auch befreit vom Einfluss Irans und Katars.
       
       22 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /7-Oktober--ein-Jahr-danach/!6034823
   DIR [2] /Aktivist-ueber-Anti-Hamas-Protest-in-Gaza/!6020586
   DIR [3] /Abschiebung-nach-Griechenland/!6095060
   DIR [4] https://www.openpetition.de/petition/online/hamza-howidy-muss-bleiben
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrich Gutmair
       
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