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       # taz.de -- Al-Kuds-Tag Berlin: Merkwürdige Allianzen
       
       > Politisches Sammelsurium geht beim Al-Kuds-Tag gegen Israel auf die
       > Straße. Wie in den Vorjahren gibt es auch diesmal Gegendemonstrationen.
       
   IMG Bild: Übergroße Flagge Palästinas am Al-Kuds Tag 2018 in Berlin
       
       Zum 23. Mal wird am Samstag der „Kuds-Tag“ Berlin zur Bühne eines globalen,
       postmodernen Ideologietheaters machen. Etwa 2.000 Teilnehmer werden laut
       Polizei zu der umstrittenen Demonstration erwartet. Auch von außerhalb
       reisen Menschen an. Vertreten sein wird auf der Straße wie gehabt das ganze
       antiisraelische Spektrum, beginnend bei Kritikern der Politik des Staates
       bis hin zu Antizionisten und Antisemiten. Zeitgleich finden
       Gegendemonstrationen statt.
       
       Der weltweit stattfindende Protesttag gegen Israel geht auf den
       Revolutionsführer und Gründer der Islamischen Republik Iran, Ruhollah
       Musawi Chomeini zurück. Der hatte zuerst 1979 die Muslim*innen der Welt
       dazu aufgerufen, unter dem arabischen Wort für Jerusalem „Al Kuds“ gegen
       den jüdischen Staat und die Besetzung Palästinas zu demonstrieren. In der
       mit Israel verfeindeten Islamischen Republik ist der Kuds-Tag ein Feiertag.
       
       Der jährliche Aufmarsch in Berlin ist auch für die AfD ein gefundenes
       Fressen, denn er gibt Anlass, ihren Rassismus gegen Muslime durch
       vorgebliche Solidarität mit Israel und den Holocaust-Opfern legitimieren zu
       können. 2018 etwa ließ der Berliner AfD-Chef Georg Pazderski anlässlich des
       Kuds-Tages ein Bild von sich vor dem Denkmal für die ermordeten Juden
       Europas verbreiten. Unterschrift: „Al-Kuds-Tag ist Schande für
       Deutschland“. Im Jahr zuvor konnte sein Parteifreund Björn Höcke das
       Stelenfeld noch „Denkmal der Schande“ nennen, ohne aus der Partei geworfen
       zu werden.
       
       Aber auch auf dem Kuds-Marsch, der am morgigen Samstag um 14.30 Uhr am
       Adenauerplatz startet, verschwimmen die Grenzen. Neben Hisbollah-Anhängern
       beteiligen sich auch Linke, ultraorthodoxe Juden, arabische Muslim*innen
       und Rechtsextreme an der antiisraelischen Veranstaltung. Die
       Gegendemonstrationen starten zeitgleich am George-Grosz-Platz. An dem
       Bündnis „Gegen den Kuds-Marsch“ beteiligen sich unter anderem Mitglieder
       der jüdischen und kurdischen Gemeinde, DGB, Lesben- und Schwulenverband und
       das American Jewish Committee Berlin.
       
       Es sei unerträglich, dass auf Berlins Straßen zur Vernichtung Israels
       aufgerufen werde, hatte Ulrike Becker vom Mideast Freedom Forum Berlin zu
       Wochenbeginn auf einer Pressekonferenz des Bündnisses erklärt. Der
       Al-Kuds-Marsch sei „quasi der Lautsprecher der islamistischen Diktatur im
       Iran auf dem Ku’damm“.
       
       Das Bündnis forderte den Senat auf, den Marsch zu verbieten. Mehr noch. Die
       Hisbollah als Ganzes müsse auf europäischer Ebene verboten werden, forderte
       Remko Leemhuis vom American Jewish Committee Berlin. Die Hisbollah werde
       maßgeblich vom Iran, aber auch von Moscheegemeinden in Deutschland
       finanziert. Bislang steht in der EU nur der militärische Flügel der
       Hisbollah auf der Liste der verbotenen Terrororganisationen.
       
       Lala Süsskind vom Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus
       forderte die Polizei auf, beim Kudstag verstärkt mit Dolmetscher*innen
       zusammenzuarbeiten, damit strafrechtlich relevante Parolen auf der
       Demonstration als solche erkannt und geahndet werden könnten. Vom Vorschlag
       des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, mit einer
       Kippa zur Gegendemonstration zu kommen, hält Süßkind nicht viel.
       „Antisemitismus muss man im Alltag bekämpfen und nicht einmalig mit dem
       Tragen der Kippa.“
       
       31 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Hunglinger
       
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