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       # taz.de -- Anerkennung von Palästina als Staat: Europas Ablehnungsfront bröckelt
       
       > Spanien, Irland und Norwegen wollen Palästina als Staat anerkennen. Ein
       > wichtiger Schritt für die Palästinenser bei ihrem Streben nach
       > Staatlichkeit.
       
   IMG Bild: Hunderte von Menschen demonstrieren für die Unterstützung Palästinas an der Puerta del Sol in Spanien
       
       Es werden immer weniger: Schon bald könnten es nur noch 47 der 193 Länder
       der Welt sein, die Palästina nicht als Staat anerkennen – darunter die
       meisten europäischen Staaten. [1][Doch mit der Ankündigung] Spaniens,
       Irlands und Norwegens, Palästina kommende Woche offiziell anzuerkennen,
       bröckelt auch in Europa die Nichtanerkennungsfront.
       
       Der Schritt des Trios ist ein diplomatischer Rückschlag für Israels
       Regierung unter Benjamin Netanjahu, die nach dem Hamas-Massaker vom 7.
       Oktober einen gnadenlosen Krieg gegen die Palästinenser*innen im
       Gazastreifen führt, der weltweit von immer mehr Regierungen und
       Organisationen als nicht mehr verhältnismäßig betrachtet wird.
       
       Dass die EU-Staaten Spanien und Irland sowie Norwegen nun vorpreschen,
       obwohl eine umfassende Verhandlungslösung des Nahostkonflikts weiterhin
       nicht absehbar ist, ändert daran allerdings wenig. Einen palästinensischen
       Staat gibt es dadurch weiterhin nicht. Entscheidungsgewalt über die
       palästinensischen Gebiete, also das Westjordanland und den Gazastreifen,
       haben die Palästinenser*innen nur begrenzt. Auch die Außengrenzen
       kontrolliert keine palästinensische Führung, sondern Israel.
       
       Eine Zweistaatenlösung, in deren Rahmen sich Israel und Palästina
       gegenseitig als Staat anerkennen, wird seit den Kriegsverbrechen der Hamas
       vom 7. Oktober wieder viel diskutiert. Zeitnah wird diese aber nicht
       kommen, Verhandlungen würden Jahre dauern. Grundlegende Fragen wie die
       genaue Grenzziehung und auch der Status Jerusalems müssten geklärt werden.
       
       ## „Belohnung für Terrorismus“
       
       Israel hat das 1967 eroberte Ostjerusalem annektiert, international gilt es
       als besetzt. Wer heute durch die Stadt läuft, merkt von einer Zweiteilung
       nichts mehr. Während Israel in der Jerusalemfrage kaum verhandlungsbereit
       sein dürfte, bestehen die Palästinenser*innen auf Ostjerusalem als
       Hauptstadt ihres Staats. Ex-US-Präsident Donald Trump hatte als Alternative
       zu Ostjerusalem die unbekannte Stadt Abu Dis vorgeschlagen. Ernst gemeint
       war das wohl kaum.
       
       Das zunehmend erfolgreiche Streben nach Staatlichkeit ist für die
       palästinensische Seite dennoch nicht unbedeutend. So ist der 1988
       ausgerufene Staat Palästina Mitglied der Arabischen Liga und hat
       mittlerweile auch Beobachterstatus in der UN-Vollversammlung. Auch in der
       internationalen Justiz spielt Palästinas Staatlichkeit eine Rolle. Der
       Internationale Strafgerichtshof (IStGH) etwa sieht sich aufgrund des
       Beitritts Palästinas zum Rom-Statut für die Strafverfolgung von möglichen
       Völkerstrafrechtsverbrechen im Westjordanland, in Ostjerusalem und im
       Gazastreifen zuständig.
       
       Netanjahu verurteilte die angekündigte Anerkennung Palästinas durch
       Spanien, Irland und Norwegen erwartungsgemäß als „Belohnung für
       Terrorismus“. Und tatsächlich begrüßte nicht nur die Palästinensische
       Autonomiebehörde im Westjordanland den Schritt, sondern auch die
       Terrororganisation Hamas.
       
       Norwegens Außenminister Espen Barth Eide widersprach gegenüber der
       israelischen Presse. In der Zeitung Haaretz betonte er, der Schritt solle
       neue Energie und Hoffnung für eine Zweistaatenlösung bringen. Er sei kein
       Affront gegen Israel, auch wenn die Anerkennung als Reaktion auf die
       Politik der Netanjahu-Regierung bezeichnet werden könne.
       
       „Dass diese Regierung so deutlich gemacht hat, dass sie nicht die Absicht
       hat, mit der palästinensischen Seite zu verhandeln, und dass sie neue
       illegale Siedlungen akzeptiert und sogar unterstützt hat, hat zu der
       Entscheidung beigetragen“, so Eide.
       
       24 May 2024
       
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