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       # taz.de -- Angespannte Lage in der Ostukraine: Schüsse an der gesamten Frontlinie
       
       > Der Waffenstillstand in der Ostukraine war von Anfang an brüchig – jetzt
       > werden die Kämpfe heftiger. Auch schwere Waffen kommen zum Einsatz.
       
   IMG Bild: Donezk am Freitag: russische Fahnen zum vierten Jahrestag des Referendums zur Ausrufung der unabhängigen Volksrepublik
       
       Kiew taz | Erneut eskalieren die Kämpfe in der Ostukraine. An der gesamten
       Frontlinie ist in den letzten Tagen geschossen worden, teilweise auch mit
       schweren Waffen, die gemäß der Waffenstillstandsvereinbarungen von Minsk
       nicht erlaubt sind.
       
       Nach Angaben des Zentrums der vereinigten ukrainischen Streitkräfte haben
       die Separatisten allein am Samstag 73-mal den Waffenstillstand verletzt und
       dabei 20-mal auch schwere Artillerie eingesetzt. Zwei Angehörige der
       „russisch-terroristischen Besatzungstruppen“ seien bei den Kämpfen ums
       Leben gekommen, so ein Sprecher der ukrainischen Streitkräfte.
       
       Gleichzeitig haben die ukrainischen Streitkräfte einen Mann verloren.
       Demgegenüber berichtet das separatistische Internetportal dan-news.info
       unter Berufung auf den Pressesprecher der bewaffneten Einheiten der
       „Volksrepublik Donezk“, Daniil Bessonow, die ukrainischen Streitkräfte
       hätten versucht, im Gebiet Gorlovka neue Positionen zu erobern. Doch sie
       seien nicht nur gescheitert, hätten sich auch noch hinter ihre
       ursprüngliche Position zurückziehen müssen, so Bessonow.
       
       Der Donbass kommt nicht zur Ruhe. Der bei den Verhandlungen zwischen OSZE,
       Russland und der Ukraine in Minsk ausgehandelte Waffenstillstand war von
       Anfang an brüchig. Im September 2014 hatten die OSZE, die Ukraine und
       Russland das erste Protokoll von Minsk unterzeichnet. Doch auch ein neuer
       Anlauf, das am 12. Februar 2015 unterzeichnete P[1][rotokoll von Minsk II],
       konnte keinen stabilen Waffenstillstand gewährleisten.
       
       ## Über 400.000 Verletzungen des Waffenstillstands
       
       „Die [2][OSZE-Sonderbeobachtungsmission in der Ukraine (SMM)] verzeichnet
       täglich eine hohe Anzahl von Verstößen gegen den Waffenstillstand“, so
       Alexander Hug, stellvertretender OSZE-Chefbeobachter im Donbass gegenüber
       der taz. 2017, so Hug, habe die SMM mehr als 4.000 schwere Waffen in
       Gebieten beobachtet, in denen sie gemäß den Minsker Vereinbarungen nicht
       hätten sein sollen, und über 400.000 Waffenstillstandsverletzungen
       registriert. 86 Zivilisten, so Alexander Hug, seien 2017 ums Leben
       gekommen.
       
       „Die Verluste in den ,Volksrepubliken' sind weitaus größer, als die Medien
       kundtun“, berichtet die 40-jährige J., die in einem kleinen Ort in der
       „Volksrepublik Donezk“ wohnt und anonym bleiben möchte, der taz am Telefon.
       „Die Machthaber der ,Volksrepubliken‘ beschönigen die Lage.“
       
       Sie berichtet von allein fünf toten Kämpfern der Aufständischen in den
       letzten Tagen und insgesamt 15 toten Aufständischen in den ersten zwei
       Maiwochen. Die Ukrainer würden auch auf zivile Ziele, die allerdings
       militärisch genutzt werden, schießen. „Eine Schule in der Nachbarschaft, in
       der Kämpfer der ,Volksrepublik' untergebracht sind, wird von der anderen
       Seite beschossen“, berichtet sie. Vor ihrem Haus ständen einige Panzer.
       „Und die ziehen natürlich das Feuer an.“
       
       „Es ist ein verrückter Krieg“, berichtet die Frau weiter. „Abends treffen
       sich oft Kämpfer der Separatisten und der ukrainischen Seite zum
       Abendessen. Irgendwann im Laufe des Abends werden sie per Funk
       zurückgerufen und anschließend schießen sie aufeinander.“
       
       ## Neue Lösung gesucht
       
       Dabei gibt es neue Bemühungen, den Waffenstillstand von Minsk, der auf dem
       Papier immer noch gültig ist, zu stabilisieren. An diesem Montag wird der
       Beauftragte der US-Regierung für den Ukraine-Konflikt, Kurt Volker, in Kiew
       eintreffen.
       
       Noch in diesem Monat sollen sich die Staatschefs von Russland, der Ukraine,
       Frankreichs und Deutschlands in Paris treffen, um über eine Lösung für den
       Donbass zu sprechen.
       
       OSZE-Vize Alexander Hug wünscht sich, dass die Unterzeichner der Minsker
       Vereinbarungen den Willen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen zeigten.
       „Erstens sollte die Entfernung zwischen Positionen der ukrainischen
       Streitkräfte und der der bewaffneten Formationen an der Kontaktlinie erhöht
       werden, und zweitens sollte parallel dazu der Abzug schwerer Waffen
       erfolgen“, so Hug zur taz.
       
       14 May 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!5020491/
   DIR [2] https://www.osce.org/special-monitoring-mission-to-ukraine
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
       ## TAGS
       
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