URI: 
       # taz.de -- Angriff in Saudi-Arabien: Schlag ins Herz der Ölindustrie
       
       > Wer genau steht hinter dem Anschlag auf Ölanlagen in Saudi-Arabien? Der
       > Albtraum des saudischen Sicherheitsapparates könnte wahr geworden sein.
       
   IMG Bild: Brennende Ölanlage in Abqaiq nach dem Drohnenangriff am Samstag
       
       Wien taz | Bedurfte es eines Beweises, wie verwundbar die saudische
       Ölindustrie und damit der globale Ölmarkt ist – er wurde dieses Wochenende
       erbracht. Mit den [1][Drohnenangriffen auf zwei saudische Ölanlangen] des
       Staatskonzerns Aramco in Abqaiq und Churais wurde ein neuralgischer Punkt
       der Weltwirtschaft getroffen, der außerhalb der Ölindustrie bislang kaum
       bekannt war.
       
       Zunächst wurde das Ganze von saudischer Seite heruntergespielt mit der
       Aussage, man habe die resultierenden Feuer schnell unter Kontrolle gebracht
       und es gebe weder Todesopfer noch Verletzte. Doch am Samstagabend rückte
       der saudische Energieminister Chalid al-Falih mit dem wahren Ausmaß heraus.
       
       Der Schaden in den Ölanlagen führe dazu, dass Saudi-Arabien seine
       Ölproduktion um 5,7 Millionen Tonnen täglich herunterfahren müsse, erklärte
       al-Falih. Das ist die Hälfte der saudischen Ölproduktion. Vor dem
       Hintergrund, dass das Land zehn Prozent des weltweit vermarkteten Öls
       produziert, bedeutet das: Der globale Ölmarkt verliert mit dem Angriff mit
       einem Schlag fünf Prozent der Versorgung mit dem schwarzen Gold.
       
       Für die Märkte noch bedeutender: Saudi-Arabien ist weltweit das mit Abstand
       wichtigste Land mit „spare capacity“, also einem Puffer bei der
       Ölproduktion. Das ermöglicht es dem Königreich, über Nacht den Ölhahn
       aufzudrehen und damit den Ölpreis zu gestalten, aber auch Krisen des
       Ölnachschubs in anderen Teilen der Welt auszugleichen.
       
       Nun ist der globale Krisen-Puffer selbst angeschlagen. Unklar ist bisher,
       wie lange es dauern wird, bis die Schäden an den Ölanlangen repariert und
       die saudische Ölproduktion wieder hochgefahren werden kann. Aktuell ist von
       mehreren Tagen die Rede. Was das für den Ölpreis zunächst bedeutet, wird
       sich zeigen, wenn am Montag die Märkte wieder öffnen.
       
       ## Waren Saudis an dem Anschlag beteiligt?
       
       Unklar ist bislang, wer genau für den koordinierten Angriff verantwortlich
       ist. Im Jemen nehmen die vom Iran unterstützen schiitischen Huthi-Rebellen
       für sich in Anspruch, zehn Drohnen in der bisher größten Operation gegen
       Saudi-Arabien losgeschickt zu haben. Stimmt das, dann haben die Huthis
       erneut bewiesen, dass sie hunderte Kilometer tief im saudischem
       Staatsgebiet zuschlagen können – selbst an strategisch hochsensiblen Orten.
       
       Immer wieder hatten Huthis in den vergangenen Monaten mit Raketen und
       Drohnen Flughäfen, aber auch Ölpipelines angegriffen. In ihrem
       Fernsehsender al-Masirah TV kündigten sie weitere militärische Schläge
       innerhalb Saudi-Arabiens an.
       
       Aufhorchen dürfte das saudische Königshaus bei einem Zusatz, der von der
       Huthi-Fernsehstation berichtet wurde: Die Operation sei mit Hilfe von
       „ehrenhaften Menschen“ innerhalb Saudi-Arabiens durchgeführt worden, hieß
       es.
       
       Fast die gesamte Ölproduktion findet im Osten Saudi-Arabiens statt. Dort
       lebt die schiitische Minderheit des Landes, die von der sunnitischen
       Führung ohnehin schon mit Misstrauen beäugt wird. Die Schiiten im Osten
       Saudi-Arabiens betrachtet sie als Bürger zweiter Klasse. Immer wieder
       verletzten saudische Sicherheitskräfte in der Region die Menschenrechte.
       
       Eine militärische und geheimdienstliche Kooperation zwischen Schiiten in
       Ost-Saudi-Arabien, den jemenitischen Huthis und dem Iran selbst ist der
       Albtraum des saudischen Sicherheitsapparates.
       
       ## Pompeo glaubt den Huthis nicht
       
       US-Außenminister Mike Pompeo bezweifelt allerdings die Version der Huthis.
       Er spricht von einem beispiellosen Angriff auf die weltweite
       Energieversorgung. Es gebe keinerlei Beweise, dass die Drohnen aus dem
       Jemen kamen, twitterte er.
       
       Die US-Tageszeitung Wall Street Journal berichtet, dass Experten zur Zeit
       untersuchten, ob die Angriffe möglicherweise aus dem Norden kamen – aus dem
       Iran oder von mit Teheran verbündeten schiitischen Milizen im Irak – und ob
       Drohnen oder Raketen im Einsatz waren.
       
       Wer immer hinter den Angriffen steckt, für die USA und ihre saudischen
       Verbündeten sind sie militärtechnisch peinlich. Weder die USA als
       Saudi-Arabiens Schutzmacht noch die Rüstungstechnologie, die Saudi-Arabien
       vor allem in den USA eingekauft hat, können solche mit relativ einfachen
       Mitteln ausgeführten Angriffe verhindern.
       
       Ob nun mit dem Iran verbündete Huthi-Rebellen, schiitische Milizen,
       Schiiten in Saudi-Arabien oder der Iran selbst diese Angriffe durchgeführt
       haben, sicher ist, dass Saudi-Arabien und die USA mit dem Finger auf
       Teheran deuten werden, wie bereits zuvor bei [2][Angriffen auf Öltanker] am
       Golf.
       
       Sicher ist auch, dass diese Angriffe die Spannungen mit dem Iran in der
       Region und weltweit erhöhen werden, ohne dass dem allerdings eine
       automatische Handlungsanweisung folgt. Der Schlag gegen die saudischen
       Ölanlagen kann auch als eine Abschreckungsbotschaft verstanden werden, wie
       vielfältig der Iran reagieren könnte, wenn er selbst militärisch
       angegriffen wird.
       
       15 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Angriff-auf-Raffinerie-in-Saudi-Arabien/!5626109
   DIR [2] /Tanker-Streit-mit-dem-Iran/!5624225
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Karim El-Gawhary
       
       ## TAGS
       
   DIR Saudi-Arabien
   DIR Huthi-Rebellen
   DIR Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran
   DIR Schwerpunkt Iran
   DIR Erdöl
   DIR Saudi-Arabien
   DIR Erdöl
   DIR Schwerpunkt Iran
   DIR Erdöl
   DIR Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran
   DIR Straße von Hormus
   DIR Kolumne Macht
   DIR USA
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Drohnenangriff auf Saudi-Arabien: Warum keine neue Ölkrise droht
       
       Nach den Drohnenangriffen in Saudi-Arabien werden Millionen Barrel Öl pro
       Tag auf den Weltmärkten fehlen. Doch ökonomisch ist Entwarnung angesagt.
       
   DIR Anschlag auf saudische Ölanlagen: Ölpreise steigen stark
       
       Nach den Drohnenangriffen auf die größte Ölraffinerie in Saudi-Arabien
       schießen nun die Erdölpreise in die Höhe. Trump kündigt Vergeltung an.
       
   DIR Angriff auf Raffinerie in Saudi-Arabien: USA machen Iran verantwortlich
       
       US-Außenminister Pompeo gibt dem Iran die Schuld für die Angriffe auf eine
       Ölraffinerie in Saudi-Arabien. Huthi-Rebellen hatten sich zuvor zu den
       Angriffen bekannt.
       
   DIR Anschlag in Saudi-Arabien: Drohnenangriffe auf Ölanlagen
       
       In Saudi-Arabien wurden Einrichtungen des staatlichen Ölkonzerns von
       Drohnen angegriffen. Jemenitischen Huthi-Rebellen reklamieren die Angriffe
       für sich.
       
   DIR Tanker-Streit mit dem Iran: Zeichen stehen auf Entspannung
       
       Teheran nährt die Hoffnung auf Freigabe des Öltankers „Stena Impero“. Ein
       anderes, mit iranischem Öl beladenes Schiff liegt unterdessen vor Syrien.
       
   DIR Die Straße von Hormus: „Nadelöhr des Welthandels“
       
       Die wichtige Meerenge bildet heute das Herzstück der iranischen Strategie,
       Trumps Politik des „maximalen Drucks“ etwas entgegenzusetzen.
       
   DIR Straße von Hormus: Was, wenn es tatsächlich knallt?
       
       Wer den Handelsweg sichern will, muss sich um ein UN-Mandat bemühen. Denn
       ohne russische Zustimmung ist der Weltfrieden noch gefährdeter.
       
   DIR Konflikt in der Straße von Hormus: USA zerstören iranische Drohne
       
       Ein US-Kriegsschiff hat eine iranische Drohne vom Himmel geholt. Teheran
       gibt an, keine Drohne zu vermissen. Die USA kündigen neue Sanktionen an.