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       # taz.de -- Anhaltende Kämpfe um Berg-Karabach: Jetzt ist die Diplomatie gefragt
       
       > Die heftigen Gefechte zwischen Armenien und Aserbaidschan dauern an. Nun
       > beschäftigt sich der UN-Sicherheitsrat mit dem Konflikt.
       
   IMG Bild: Seit drei Tagen wird geschossen: aserbaidschanische Rakete am 27. September an der Kontaktlinie
       
       Jerewan afp | Der neu ausgebrochene [1][Militärkonflikt in der
       Kaukasusregion Berg-Karabach] beschäftigt zunehmend die internationale
       Diplomatie. Am Dienstag wird sich der UN-Sicherheitsrat mit den Kämpfen in
       dem zwischen Aserbaidschan und Armenien umstrittenen Gebiet befassen. Die
       Zahl der durch die jüngsten Gefechte getöteten Menschen stieg auf
       mindestens 95.
       
       Die Dringlichkeitssitzung des mächtigsten UN-Gremiums soll am Nachmittag
       (US-Ostküstenzeit) hinter verschlossenen Türen stattfinden. Die Initiative
       für das Treffen sei von Deutschland und Frankreich ausgegangen, hieß es am
       UN-Sitz in New York. Formell beantragt wurde die Sitzung von Belgien.
       
       Nach Angaben von Diplomaten soll im Anschluss an die Beratungen des
       Sicherheitsrats eine Erklärung veröffentlicht werden – entweder im Namen
       des gesamten Gremiums oder nur im Namen seiner europäischen
       Mitgliedstaaten, sollte kein Konsens im gesamten Rat erreicht werden
       können.
       
       Am Montag hatte die Furcht vor einer Ausweitung der Kämpfe in Berg-Karabach
       durch Einmischungen ausländischer Mächte zugenommen. „Eine Einmischung von
       außen ist nicht akzeptabel“, warnte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten
       Josep Borrell. Der Neuausbruch des Konflikts sei eine „sehr gefährliche
       Entwicklung“, sagte in Berlin Regierungssprecher Steffen Seibert. Es müsse
       einen „sofortigen Waffenstillstand“ geben.
       
       ## Tatsächliche Opferzahl ist unklar
       
       Am Montagabend starteten aserbaidschanische Soldaten eine neue „große
       Offensive“ in südlichen und nordöstlichen Bereichen der Frontlinie, wie ein
       Sprecher des armenischen Verteidigungsministeriums in Eriwan sagte. Nach
       Angaben der von Armenien unterstützten Aufständischen in der
       Südkaukasus-Region wurden 26 weitere Rebellenkämpfer getötet. Damit sei die
       Zahl der getöteten Rebellenkämpfer auf 84 gestiegen.
       
       Unter den nach offiziellen Angaben bei den Kämpfen getöteten insgesamt
       mindestens 95 Menschen waren elf Zivilisten. Die Opferzahl könnte
       tatsächlich aber viel höher sein. So gab die Regierung in Aserbaidschan an,
       hunderte proarmenische Kämpfer getötet zu haben. Die proarmenischen
       Rebellen dementierten dies.
       
       Armenien sowie die proarmenische Regionalregierung von Berg-Karabach
       beschuldigen die Türkei, die aserbaidschanische Seite mit Kampfflugzeugen,
       Hubschraubern, Drohnen, Soldaten und Söldnern zu unterstützen. Die
       Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte schätzten,
       dass [2][die Türkei mehr als 300 Kämpfer aus Syrien abgezogen] und nach
       Berg-Karabach verlegt habe.
       
       Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium wies diese Vorwürfe zurück.
       Es erhob im Gegenzug den Vorwurf, dass „ethnisch-armenische“ Söldner aus
       dem Nahen Osten nach Berg-Karabach verlegt worden seien.
       
       ## Türkei und Russland ringen um Einfluss
       
       Die beiden ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan streiten
       seit Jahrzehnten um die mehrheitlich von Armeniern bewohnte Region
       Berg-Karabach. [3][Am Sonntag war der Konflikt nach Jahren relativer Ruhe
       neu aufgeflammt]. Dabei bekämpfen sich die aserbaidschanische Armee und
       proarmenische Rebellen, die Berg-Karabach kontrollieren.
       
       Berg-Karabach hatte in den 1990er Jahren seine Unabhängigkeit erklärt,
       wurde aber von keinem Land anerkannt und gilt international nach wie vor
       als Teil von Aserbaidschan. Die Türkei sicherte Aserbaidschan nach dem
       jetzigen neuen Aufflammen der Kämpfe umgehend volle Unterstützung zu. Die
       Türkei hatte Aserbaidschan in den vergangenen Jahren bei der Modernisierung
       seiner Armee unterstützt.
       
       Die Türkei ringt in der Region vor allem mit Russland um Einfluss. Moskau
       hat freundschaftliche Beziehungen zu beiden Seiten. Es unterhält in
       Armenien einen Militärstützpunkt, liefert aber auch Waffen an
       Aserbaidschan. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Montag, Priorität
       müsse nun sein, „die Feindseligkeiten zu beenden – und nicht die Frage, wer
       recht hat und wer nicht“.
       
       29 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
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