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       # taz.de -- Anschlagserie in Paris: Wie ein Kriegsschauplatz
       
       > Mit Mühe versuchen Sicherheitsbehörden den Eindruck von Ordnung zu
       > vermitteln. Auch Medien gelingt es nur schwer, das Chaos zu erfassen.
       
   IMG Bild: Soldaten am Samstagmorgen vor der Nationalversammlung in Paris.
       
       Paris taz | Chaos und Konfusion herrschte in Paris, als bruchstückhaft und
       in einer dramatischen Eskalation das Ausmaß des Horrors der vergangenen
       Nacht bekannt wurde. Jeder und jede versucht, an Informationen zu kommen.
       Verlässliche Angaben gab es zunächst überhaupt nicht.
       
       Die Nachrichtensender und die Online-Redaktionen der Zeitung versuchten so
       gut wie es ging, laufend aus Informationen, Augenzeugenberichten,
       polizeilichen Meldungen und Gerüchten das Puzzle eines verständlichen
       Ablaufs der Ereignisse zusammenzustellen. So unfassbar die Realität jedoch
       war, so mühsam war es, ihr zu folgen.
       
       Viele blieben die Nacht über wach in der Hoffnung, wenigstens mehr und
       Genaueres zu erfahren über die Täterschaft, über die Motive und die
       Umstände. Der Mangel an präzisen Informationen war eklatant. Auch
       Staatspräsident François Holland, der sich kurz vor Mitternacht sichtlich
       erschüttert von der Tragödie, die Frankreich getroffen hat, an die Nation
       wandte, hatte erst einige erste Kenntnisse, aber noch keinen Überblick.
       
       In dem großen Durcheinander waren mehrere Linien der Metro und Stationen
       der Pariser Untergrundbahn aus Sicherheitsgründen geschlossen worden. Viele
       wussten darum nicht, wie sie nach Hause kommen könnten. Durch die Strassen
       jagten mit Sirenengeheul bis in die Morgenstunden Ambulanzen und
       Einsatzfahrzeuge der Polizei. In der Strassen suchten schwerbewaffnete
       Polizisten nach eventuellen flüchtigen Terroristen. Zugleich versuchten
       sie, die schockierte Bevölkerung zu beruhigen und einen Anschein von
       Ordnung zu wahren. Auf den Leuchttafeln der Stadt Paris wurden die Bürger
       aufgefordert, nicht unnötig auf die Straße zu gehen und zu Hause zu bleiben
       – fast wie in einem Ausgehverbot.
       
       Vor allem wusste ja eben niemand, ob nicht noch weitere Terroristen in
       Paris unterwegs waren und zuschlagen würden. Mysteriös war auch die
       Identität der Attentäter. Niemand hat sich zu den blutigen Aktionen
       bekannt. Bei den Anschlägen an insgesamt sieben Orten und auch bei der
       Geiselnahme im Konzertsaal wurden keinerlei Forderungen gestellt. Laut
       Augenzeugen hätten die Angreifer nur gesagt, dass das eine Vergeltung für
       Frankreichs Intervention im Irak und in Syrien sei.
       
       ## Schock und Angst
       
       Entsprechend groß war das Bedürfnis der Bevölkerung zu kommunizieren. Per
       Telefon, SMS oder Email versuchten die Leute vor allem in Erfahrung zu
       bringen, ob die Angehörigen und Freunde in Sicherheit waren. Facebook
       richtete, wie schon nach dem Erdbeben in Nepal eine Safety-Check-Seite ein,
       auf der Menschen Angehörigen und Freunden mitteilen können, dass sie in
       Sicherheit sind. Auf Twitter boten Pariser Familien den Leuten, die nicht
       nach Hause heimkehren konnten, spontan ein Obdach an. Wie schon nach dem
       Anschlag auf Charlie Hebdo im Januar ist eine starke Welle der Solidarität
       zu spüren.
       
       Groß ist aber auch die Angst. Zu Hause oder auf der Straße brachen Menschen
       in Tränen aus. Der Schock ist enorm. In Medienkommentaren wird schon ein
       Vergleich mit dem 11. September in den USA gezogen. Konkret bedeutet das
       für die Pariser, dass sie sich ganz einfach fragen, wie nun das Leben
       weitergehen soll. Was hat einen Sinn? Welchen Wert hat das Leben, das für
       Angreifer wie am 13. November und dem 7. Januar nur ein Dreck ist? Mit
       Bangen blicken viele schon auf den Wochenbeginn: Muss auf dem Weg zur
       Arbeit oder zur Schule womöglich mit Attentaten gerechnet werden? Was wird
       das Ganze für Folgen haben? Diese Ratlosigkeit verschärft noch den Schock
       über das Massaker.
       
       Seit Wochen und Monaten hatten nicht nur die Behörden und die
       Antiterrorpolizei mit Attentaten von Dschihadisten gerechnet. Auch in der
       Bevölkerung war die Sorge spürbar, dass es neuerliche terroristische
       Verbrechen geben könnte. Was in der vergangenen Nacht geschehen ist, hat
       die schlimmsten Albträume übertroffen. Paris ist am Samstag früh als
       Kriegsschauplatz erwacht.
       
       14 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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