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       # taz.de -- Abschied von Obama: Ain’t no sunshine when he’s gone
       
       > Im Sommer 2008 verzauberte er Berlin. Nun war Barack Obama das letzte Mal
       > als US-Präsident in Deuschland. Was bleibt uns übrig? Wir sagen acht Mal
       > „Farewell“.
       
   IMG Bild: Winke, winke! Der Präsident beim letzten Besuch in Deutschland
       
       ## Zum Heulen
       
       Ja, Stil ist wichtig. Und die Weltpolitik braucht mehr davon. Während
       andere Staatsoberhäupter ihre speckige Altmännerbrust beim Angeln entblößen
       und schmelzkäseblonde Außenminister sich den Rucksack in den Nacken
       schnallen wie Fünftklässler, ist Obama stets atemberaubend geschmackvoll.
       Sogar Pilotenbrillen darf er tragen; in Jeans sieht er „grundsätzlich sehr
       scharf aus“, wie er selbst sagte – einer von vielen Momenten, in denen er
       einen zudem, unvergleichlich entwaffnend, zum Lachen brachte. Zum Heulen
       ist: Die Zeiten, in denen der mächtigste Mann der Welt gleichzeitig ihr
       lässigster Typ war, sind jetzt so was von vorbei.
       
       Johanna Roth 
       
       ## Adieu, neuer Mann
       
       Er hat es mir schwer gemacht. Mich an die Grenzen meiner politischen
       Standhaftigkeit gebracht. Volle Kanne herausgefordert. Und am Ende
       gewonnen.
       
       Als Gender-Redakteurin sollte/wollte ich auf jeden Fall für die Frau sein
       im US-Wahlkampf vor acht Jahren. Eine erste US-Präsidentin wäre doch das
       Größte. Für Hillary zu jubeln fiel mir damals gar nicht schwer. Vollprofi,
       souverän, rhetorisch gewandt, Frau von Welt. Aber dann kam Barack, ein
       gegenderter, ein neuer Mann. Und: Vollprofi, souverän, rhetorisch gewandt,
       Mann von Welt.
       
       Was war ich froh, dass mir die Amerikaner diese Entscheidung abgenommen
       haben.
       
       Simone Schmollack 
       
       ## Goodbye, President
       
       Goodbye, Mr. President,
       
       I will miss you.
       
       I will miss you singing „Amazing Grace“ in this arena in Charleston after
       the racist killings.
       
       I will miss you slow jamming the news with Jimmy Fallon.
       
       I will miss you talking about the precious roots of democracy in Athens
       while the American democracy is about to collapse.
       
       Keiner denkt so scharf, keiner kann emotionaler und keiner wird je cooler
       sein. Im Kapitol wird schon bald ein neuer Präsident vereidigt.
       
       I will miss you very much.
       
       Barbara Junge 
       
       ## Tschüss, Fortschritt
       
       Es ist seltsam, ihn gehen zu sehen. Denn auch wenn ein Schwarzer
       US-Präsident ganz offensichtlich nicht reicht, um das Land vom Rassismus zu
       befreien – irgendwie war da eben doch immer diese Hoffnung, dass der Mist
       irgendwann einfach aufhören würde, solange er da ist und es vormacht.
       
       Ihm musste man nicht erklären, dass „Black Lives Matter“ nicht heißt, dass
       andere Leben nicht zählen. Dass für Frauenrechte zu kämpfen nicht heißt,
       Männer zu hassen, und für die Homo-Ehe zu sein nicht heißt, gegen Heteros
       zu sein. Das war erfrischend. Endlich einer, der’s kapiert hat. Nun geht er
       und mit ihm geht dieser Fortschritt.
       
       Saskia Hödl 
       
       ## Eine Schande
       
       Barack Obama war sofort my president. Nach „war on terrorism“, „regime
       change“ und „water boarding“ konnte es mit diesem reflektierten Anti-Bush
       in den USA nur besser werden. Obama würde Guantánamo schließen, Folter
       verbieten und die Kriege in Afghanistan und Irak beenden. Dachte ich. Heute
       bin ich desillusioniert. Denn während Obama Truppen abzog und verschärfte
       Verhörmethoden untersagte, weitete er den perversesten der geerbten Kriege
       massiv aus: den Drohnenkrieg. Hunderte Zivilisten hat er von Afghanistan
       bis Jemen das Leben gekostet. Obama hat ihm dennoch kein Ende bereitet. Das
       bleibt auch sein, Obamas, Schandfleck. Very sorry, Mister President!
       
       Ralf Pauli 
       
       ## Man, I’ll miss him
       
       Barack Obama.
       
       Ich werde seine Coolness vermissen. Dieser lässig wiegende Gang eines
       Basketballers. Wie er kurzerhand sein Jackett ausgezogen hat vor seiner
       Rede bei seinem ersten Berlin-Besuch als Präsident. Und gesagt hat: „I take
       off my jacket and anybody else who wants to feel free, too.“ Was für eine
       entspannte Geste. Wie er mit dem amerikanischen Comedian Jerry Seinfeld in
       einer hellblauen Corvette über das Gelände des Weißen Hauses fuhr und sich
       dabei für keinen Gag zu schade war. Wie ein kleiner schwarzer Junge ihm ins
       Haar fassen durfte, weil er sich gefragt hat, ob sich Obamas Haar anfühlt
       wie sein eigenes. Man, I’ll miss this guy!
       
       Verena Schneider 
       
       ## Perfekt? Imperfekt!
       
       Obama. Der Mann, an den wir uns so gewöhnt hatten, bevor die Zirkusshow
       begann, die die Welt in Schock versetzte und die Rechte auf die Beine
       brachte, klatschend.
       
       Nein, er war nicht perfekt, aber so ist das Amt, das er jetzt verlässt: nie
       perfekt. Barack Obama wird in die Geschichte eingehen als einer von den
       good guys – womöglich sogar als der letzte bis auf Weiteres in der
       überschaubaren Zukunft. Wir werden ihn alle vermissen – seinen positiven
       Einfluss auf die Welt und seine Kritik an Despoten, die eine Scheißangst
       davor haben, ihre Ämter zu räumen. Vielleicht werden sich die Amerikaner in
       vier Jahren an ihn erinnern und seine Frau wählen.
       
       Ali Celikkan 
       
       ## Die Uhr läuft
       
       Es war Zufall. Wir kamen gerade von unserer Hochzeitsreise aus den USA
       zurück – und am selben Tag landete auch ein gewisser Barack Obama in
       Berlin. Damals passte einfach alles zusammen.
       
       Natürlich gingen wir hin.
       
       Zur Siegessäule.
       
       Zum neuen Hoffnungsträger.
       
       Unsere Koffer noch nicht ausgepackt.
       
       Wie Touristen in der eigenen Stadt.
       
       Im Ohr noch die Amis in Montana, die auch voller Hoffnung waren. Die eine
       Uhr aufgestellt hatten. Auf der wurden die Tage, Stunden, Minuten und
       Sekunden gezählt bis zur Wahl. Bis man einen Besseren wählen konnte.
       
       Schätze, die Uhr läuft wieder.
       
       Lukas Wallraff
       
       17 Nov 2016
       
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