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       # taz.de -- Ich, der Franz
       
       > In Giesing fing sie an, die Wandlung des Münchner Burschen zum Kaiser,
       > zur Lichtgestalt, zur Werbe-Ikone. Er wurde Weltmeister, als Spieler und
       > Trainer. Er holte die WM ins Land. Am Sonntag feiert Beckenbauer – und
       > mit ihm die taz
       
       Am 11. September begeht die Republik Kaisers 60. Geburtstag. Das Jubeljahr
       zu Ehren des Franz Beckenbauer ist somit eingeläutet. Weihnachten,
       Silvester und Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland sind seine
       nächsten Höhepunkte. In der taz berichtet der Kaiser aus seinem oft
       widersprüchlichen Leben, so wie er es in fünf seiner Autobiografien
       mitteilt.
       
       Ich als Ich 
       
       „Ich, der Kaiser Franz!“ (2) „Einer wie ich“ (3) „Ich. Wie es wirklich war“
       (5) „Dieser Anfang ist natürlich ein ‚aufgelegter Schmarrn‘, wie man auf
       gut Münchnerisch sagt. Wenn ich so von mir sprechen würde, was glauben Sie,
       was ich da alles zu hören bekäme.“ (2) „Also.“ (3) „Dass ich im
       Tierkreiszeichen Jungfrau geboren wurde, hat sich nie nachteilig bemerkbar
       gemacht.“ (1) „Ich stellte mir plötzlich vor, dass aus dem gleichen
       Erdboden eine Blume, aber auch eine Brennnessel hervorsprießen kann. Sollte
       etwa mein Bruder eine Brennnessel sein?“ (3) „Es gibt Erlebnisse, die nur
       eine Frau hat und die ich gerne kennen lernen würde.“ (5)
       
       Ich und der Kampf 
       
       „Ich kann einfach nicht verstehen, wenn manche Fußballer wie narrisch über
       das ganze Feld spurten, obwohl nicht einmal ein Ball in der Nähe ist!“ (2)
       „Ich hatte nie begriffen, warum man mich für keinen Kämpfer hält. Mag sein,
       dass man mir die Anstrengung nicht auf den ersten Blick ansieht.“ (3)
       
       Ich und die Zuschauer 
       
       „Es heißt oft, ich sei überheblich. Die Leute, die das behaupten, kennen
       mich nicht.“ (1) „Die Einzigen, die manchen Grund hätten, so zu urteilen,
       sind die Autogrammjäger.“ (1) „Abseits vom Fußballplatz, bei den
       Autogrammstunden in großen Städten, auf Plätzen, in Kaufhäusern, habe ich
       gemerkt, wie dankbar die Menschen sind.“ (3) „Die Zuschauer haben
       zurückgebrüllt, sie haben mich zum Teufel gewünscht.“ (3) „Von mir sagt
       man, ich sei so perfekt, dass die Leute mich deshalb nicht mögen.“ (3)
       „Allzu leicht kommt man in den Geruch von Größenwahn, von Überspanntheit.“
       (2) „Aber ich verstehe das Publikum immer besser.“ (3) „An sich mache ich
       mir nichts aus der Regung des Publikums.“ (2) „Ich habe gemerkt, dass die
       Leute sich heutzutage nichts vormachen lassen wollen, sie sind kritischer
       geworden.“ (3) „Ich spreche keinem zahlenden Zuschauer das Recht ab, nicht
       sein Missfallen äußern zu dürfen.“ (2) „Ich höre wildfremde Menschen meinen
       Namen rufen.“ (1) „Ich war ja nie so einer, nach dem sie geschrien haben.“
       (3) „Auf fremden Plätzen schlägt uns ein Gemisch aus Bewunderung, Furcht
       und Ablehnung entgegen. ‚Heute kriegst du eins drauf, Kaiser Franz.‘“ (3)
       „Ich finde das nicht schön, ich verabscheue es, ich habe mich sogar darüber
       aufgeregt, aber ich verstehe die Zuschauer. Ich wäre vielleicht auch so
       einer geworden.“ (3)
       
       Ich und mein Beruf 
       
       „Fußball schien mir eine große Sache zu sein, und ich wäre sehr enttäuscht
       gewesen, hätte ich nicht dabei sein können.“ (3) „In finanziellen
       Angelegenheiten will ich immer vorher alles geregelt wissen.“ (2) „Mein
       Hauptberuf ist der Fußball. Dafür lebe ich.“ (1) „Schließlich sind wir
       Fußballer ja keine Ware, die man wie ein Stück Stoff auf dem Ladentisch
       verkauft.“ (2) „Oft wird behauptet, wir würden unsere Ballkunst nur für
       Geld demonstrieren.“ (1) „In diesem Beruf muss man Geld verdienen.“ (1)
       „Aber die meisten von uns würden auch spielen, wenn wir keinen Pfennig
       dafür bekämen.“ (1) „Gehalt und Prämien sind das Fleisch, das wir nicht
       verachten. Wir sind ja keine Vegetarier!“ (3) „Wir, zweiundzwanzig junge,
       durchtrainierte Männer, dachten mehr an Geld als an Frauen.“ (3) „Weltstar
       zu sein ist zwar ein einbringlicher, aber höchst anstrengender und manchmal
       quälender Beruf.“ (3) „In welchem anderen Beruf muss man sich schon bis zu
       zweimal in der Woche bestätigen?“ (3) „Bundesligaspieler haben eine
       Siebentagewoche.“ (3) „Wenn ich wieder zu Hause bin, spiele ich nie wieder
       Fußball und mache ein Obstgeschäft auf.“ (3)
       
       Ich und der Sozialismus 
       
       „Unsere Fußballindustrie weist längst alle depressionsauslösenden
       Erscheinungen der Arbeitswelt auf. Sie ist angefüllt mit Überdruss und
       Urlaubsbedürfnis, voll vom Kampf um Löhne und Arbeitszeit.“ (3) „Die
       sozialistischen Staaten sind uns in diesem Punkt voraus.“ (3) „Als wir dann
       in Magdeburg zum Abendbrot nicht in den Speisesaal des Hotels gingen,
       sondern in den Bus, um dort zu essen, fühlte sich die Hotelleitung
       gekränkt.“ (3) „Die Niederlage gegen die DDR nahm ich zum Anlass, den Eid
       in der Kabine vor jedem Länderspiel ein für allemal abzuschaffen.“ (3) „So
       muss es während der Französischen Revolution oder unter Lenin zugegangen
       sein.“ (3)
       
       Ich und die Presse 
       
       „Ob ich nervös gewesen wäre, wollten die Reporter wissen.“ (1) „Ich war
       damals richtig stolz und kaufte mir am nächsten Tag sämtliche Zeitungen,
       die ich auftreiben konnte.“ (1) „Am nächsten Tag sagte ich zu meiner Frau:
       ‚Schau mal in die Zeitung, was sie schreiben.‘“ (2) „Eine schlechte Presse
       ist immer noch besser als gar keine.“ (3) „Bis heute habe ich kein
       Fernsehinterview mehr gegeben, ohne vorher bei der Mannschaftsleitung die
       Erlaubnis eingeholt zu haben.“ (3)
       
       Ich und das Fairplay 
       
       „Wie die Südamerikaner meine Kameraden zusammentraten, war schon fast
       kriminell.“ (1) „Ich würde mich schämen, wenn ich das jemals machen würde.“
       (1) „Aber wenn mich ein gegnerischer Spieler so zwei-, dreimal umlaufen hat
       und ich Gefahr laufe, vor dem Publikum lächerlich gemacht zu werden, da
       mach ich halt doch auch schon mal ein ‚langes Bein‘.“ (2) „Aber wir trafen
       auch Gegner, die trotz des hohen Einsatzes anständig spielten und
       verloren.“ (1) „Scheiße, brüllte ich und warf meine Schuhe in die Ecke.“
       (3)
       
       Ich über mich 
       
       „Ich bin nicht nur ein Phlegmatiker, sondern auch ein ziemlich nüchterner
       Zeitgenosse. Große Worte liegen mir nicht.“ (3) „Und so habe ich mir im
       Laufe der Jahre das Schreien angewöhnt.“ (3) „Vielleicht bin ich auch
       obrigkeitshörig.“ (3) „Ich habe immer meine Meinung sagen können, und sie
       hat niemandem geschadet.“ (3) „Einer wie ich? Ist so etwas wiederholbar?“
       (3)
       
       Zusammengestellt von Martin Krauss, Redakteur beim Fußballmagazin „RUND“(1)
       „Dirigent im Mittelfeld“, München (Copress) 1966(2) „Gentleman am Ball“,
       Rosenheim (Komar) 1969(3) „Einer wie ich“, München (Bertelsmann) 1981(4)
       „Meine Gegner – Meine Freunde“, Hamburg (Rasch und Röhring) 1987(5) „Ich.
       Wie es wirklich war“, München (Bertelsmann) 1992
       
       10 Sep 2005
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Franz Beckenbauer
       
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