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       # taz.de -- Asylpolitik in Deutschland: Ampel streitet über Maghrebstaaten
       
       > Die FDP will die Liste der „sicheren Herkunftsstaaten“ noch mehr
       > ausweiten. Die Grünen sind dagegen. Die SPD ist unentschlossen.
       
   IMG Bild: 0,5 Prozent Asylanträge aus den Maghrebstaaten, Erstaufnahmeeinrichtung in Köln
       
       Berlin taz | Der Streit in der Ampel geht weiter. Die FDP will jetzt auch
       die Maghrebstaaten Algerien, Marokko und Tunesien als „sichere
       Herkunftsländer“ einstufen lassen, um Abschiebungen dorthin zu erleichtern.
       Die Grünen lehnen das ab. Die SPD ist noch unentschlossen.
       
       „Für mich macht das keinen Sinn“, sagte der SPD-Innenpolitiker Hakan Demir
       der taz. „Wir sollten erst einmal abwarten, wie sich die Einstufung von
       Moldau und Georgien als sichere Herkunftsländer auswirkt. Außerdem sollten
       wir den Fokus nicht auf Rückführungen verengen, sondern legale Wege zur
       Arbeitsaufnahme schaffen.“ Doch in der SPD gibt es auch andere Stimmen.
       Dirk Wiese, Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion, zeigte sich gegenüber
       [1][dem Spiegel] grundsätzlich offen dafür, die Liste der „sicheren
       Herkunftsländer“ zu erweitern. Es müsse nun geprüft werden, „aus welchen
       anderen Ländern Asylanträge geringe Erfolgsaussichten haben“, so Wiese.
       
       Ende August hatte die Ampel die Liste der angeblich „sicheren
       Herkunftsstaaten“ um Moldau und Georgien erweitert. Darauf einigten sich
       die Koalitionspartner:innen bei ihrer Kabinettsklausur in Meseberg.
       Die Grünen hatten nachgegeben.
       
       In Schleswig-Holstein hat sich die schwarz-grüne Landesregierung am Montag
       darauf geeinigt, dieser Entscheidung im Bundesrat zuzustimmen.
       Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte dazu ein Machtwort gesprochen.
       Die schleswig-holsteinische Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne)
       hatte sich dafür eingesetzt, dass sich ihr Land im Bundesrat enthält,
       rückte davon aber nun ab.
       
       ## Baerbock kontert Merz
       
       [2][CDU-Chef Friedrich Merz] fordert ebenfalls, noch weitere Staaten als
       „sichere Herkunftsstaaten“ auszuweisen. Neben den nordafrikanischen Staaten
       Tunesien, Algerien und Marokko nannte er auch Indien. Außenministerin
       Annalena Baerbock (Grüne) wies dieses Ansinnen zurück. „Aus
       innenpolitischen Gründen außenpolitisch mit dem Rasenmäher vorzugehen,
       halte ich für einen gewagten Ansatz“, sagte sie am Freitag den Zeitungen
       der Funke Mediengruppe. „Offensichtlich sind die letzten Entwicklungen in
       Tunesien – darunter die Verhaftung prominenter Oppositioneller und die
       Aushöhlung der geltenden Verfassung – im bayrischen Wahlkampf an ihm
       vorbeigegangen“, so Baerbock an die Adresse von Merz.
       
       Am Dienstag bekräftigte Ulrich Lechte, außenpolitischer Sprecher der FDP im
       Bundestag, [3][im Deutschlandfunk], seine Partei wolle die drei
       Maghrebstaaten als „sicher“ einstufen lassen, und er erklärte, damit wolle
       man die Behörden entlasten. Das hatte vor ihm Fraktionschef Christian Dürr
       gefordert.
       
       Durch die Einstufung als „sicheres Herkunftsland“ wird die Beweislast
       umgekehrt: Wer aus [4][einem solchen Land flüchtet] muss konkret
       nachweisen, dass er dort politisch verfolgt wird. Sonst wird der Antrag
       umgehend als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Dadurch, glauben die
       Anhänger:innen dieser Methode, würden aussichtslose Asylverfahren
       verkürzt. Sollten die Maghrebstaaten als „sicher“ eingestuft werden, dürfte
       der Effekt auf die Dauer von Asylverfahren aber überschaubar bleiben. Von
       Menschen aus Maghrebstaaten stammen derzeit nur 0,5 Prozent aller
       Asylanträge in Deutschland.
       
       13 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/asyl-spd-politiker-sprechen-sich-fuer-restriktivere-politik-aus-a-fabc2759-e669-4e6e-afc0-4b7c3e1b95f1
   DIR [2] /CDU-fordert-restriktivere-Asylpolitik/!5956131
   DIR [3] https://www.deutschlandfunk.de/int-ulrich-lechte-fdp-aussenpolitiker-zur-debatte-um-sichere-herkunftslaender-dlf-d
   DIR [4] /Vor-dem-Spitzentreffen-im-Kanzleramt/!5928768
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
       
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