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       # taz.de -- Atomabkommen Iran: Re: Re: Re: Finaler Vorschlag
       
       > Der Iran hat den von der EU-Vorschlag zum wiederbelebten Nuklearabkommen
       > kommentiert. Die USA nennt die Anmerkungen „nicht ermutigend“.
       
   IMG Bild: Irans Präsident Ebrahim Raisi fordert ein Ende der UN-Untersuchungen
       
       Beirut taz | Die vergangenen Wochen waren hoffnungsvoll, im Ringen um ein
       wiederbelebtes Nuklearabkommen zwischen dem Iran und den USA. Die EU hatte
       als Vermittlerin am 8. August einen als „abschließenden Text“ bezeichneten
       Vorschlag unterbreitet. Seitens der USA hieß es, diese Vorlage sei „die
       beste und einzige Basis für einen Deal“.
       
       Der Iran hatte darauf mit Änderungsvorschlägen geantwortet – dabei ging es
       hauptsächlich um offene Fragen im Zusammenhang mit Sanktionen und Garantien
       für wirtschaftliches Engagement der USA im Iran, auch über neue
       Präsidentschaftswahlen hinaus. Daraufhin schickte Washington wiederum
       eigene Vorschläge. Und nun haben die Diplomaten aus Teheran wieder eine
       Antwort gesendet.
       
       Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani, sagte, der
       Vorschlag sei „konstruktiv“ und ziele darauf ab, die Verhandlungen zu
       beenden. „Wir haben die Antwort der USA auf den Kompromissvorschlag der EU
       sorgfältig geprüft und unseren Standpunkt dazu der EU übermittelt“, sagte
       er. Details zu dem Text nannte der Sprecher nicht.
       
       „Nicht konstruktiv“ nennt hingegen ein Sprecher des US-Außenministeriums
       die Antwort. Man werde trotzdem über die EU antworten. Ein hochrangiger
       Beamter der Biden-Regierung [1][sagte dem Politik-Magazin Politico]: „Wir
       untersuchen die Reaktion des Iran, aber unter dem Strich ist sie überhaupt
       nicht ermutigend.“ Auch er nannte keine Einzelheiten, sagte aber:
       „Basierend auf ihrer Antwort scheinen wir uns rückwärts zu bewegen.“
       
       ## Iran und USA verhandelten über Diplomat*innen aus sechs Staaten
       
       Iranische Diplomaten weigern sich, direkt mit US-amerikanischen
       Vertreter*innen an einem Tisch zu sitzen. Seit 16 Monaten verhandelt
       der Iran daher mit den USA über Diplomat*innen aus Deutschland sowie
       den fünf UN-Vetomächten Großbritannien, Frankreich, Russland und China in
       Wien, um das Atomabkommen von 2015 wiederzubeleben. Das Abkommen sollte den
       Iran daran hindern, eine Atombombe zu entwickeln. Der ehemalige
       US-amerikanische Präsident Donald Trump hatte das Abkommen 2018
       aufgekündigt. Sein Nachfolger Biden möchte zu dem Abkommen zurückkehren.
       
       Mittlerweile hat der Iran aber 18-mal mehr Uran angereichert, als
       vereinbart war. Im Juli hat der Iran 27 [2][Überwachungskameras der
       internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA)] in seinen Atomanlagen
       abgeschaltet. Daraufhin warnte der IAEA-Chef Rafael Grossi, der Iran stehe
       kurz davor, genügend Material für den Bau einer Atombombe zu haben. Diese
       Woche hat der Iran den Einsatz fortschrittlicher IR-6-Zentrifugen auf
       seinem unterirdischen Nuklearstandort in Natanz ausgeweitet, laut einem
       IAEA-Bericht, welcher der Nachrichtenagentur Reuters zugespielt worden war.
       Diese Zentrifugen reichern Uran schneller an als jene, die laut Abkommen
       von 2015 erlaubt gewesen wären.
       
       Die Untersuchungen der IAEA sind ein großer Knackpunkt in den
       Verhandlungen. Der iranische Präsident Ebrahim Raisi sagte am Dienstag,
       dass jeder Fahrplan zur Wiederbelebung des Abkommens beinhalten müsse, dass
       Untersuchungen der UN-Nuklearaufsicht zu „Sicherheitsfragen“ im
       Zusammenhang mit nuklearen Partikeln abgeschlossen werden. Der Vorschlag
       der EU ermöglicht das, wenn die IAEA bestätigt, dass der Iran vor dem Tag,
       an dem das Atomabkommen in Kraft tritt, glaubwürdige Antworten zur Herkunft
       von Uranspuren gegeben hat.
       
       ## Im November stehen in den USA Zwischenwahlen an
       
       Ein weiterer Streitpunkt sind die Revolutionsgarden. Diese iranischen
       Streitkräfte stehen auf der Liste von Terrororganisationen der USA. Der
       Iran forderte, dass sie von dieser Liste gestrichen werden.
       
       Außerdem möchte Teheran Sicherheiten, dass Geschäftsbeziehungen zwischen
       den Ländern wieder aufgenommen werden. Nicht nur durch die Covidpandemie,
       sondern auch durch Wirtschaftssanktionen der USA leidet der Iran unter
       [3][einer anhaltenden Wirtschaftskrise].
       
       Zu dem Abkommen zurückzukehren wäre für die USA sicherheitspolitisch
       relevant und für den Iran von wirtschaftlicher Relevanz. Doch immer, wenn
       es kurz vor einem Durchbruch steht, hapert es an Zugeständnissen. Auch
       Innenpolitik steht einer Einigung im Weg. Ein Abkommen muss wahrscheinlich
       der US-Kongress überprüfen. [4][Im November stehen die Zwischenwahlen an.]
       
       Vor allem die Demokrat*innen möchten wahrscheinlich eine Iran-Debatte
       vor den Wahlen vermeiden. „Nachdem diese Gelegenheit verpasst wurde, ist es
       jetzt schwer vorstellbar, dass vor den Midterms ein Deal zustande kommen
       kann“, sagte Ali Vaez, Analyst der International Crisis Group gegenüber
       Politico. Es ist also möglich, dass die Gespräche bis November ins Stocken
       geraten.
       
       2 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.politico.com/amp/news/2022/09/01/nuclear-talks-in-peril-as-u-s-calls-latest-iran-missive-a-move-backwards-00054603
   DIR [2] /Abkommen-auf-der-Kippe/!5860232
   DIR [3] /Unzufriedene-Bevoelkerung/!5853733
   DIR [4] /Halbzeitwahlen-in-den-USA/!5878826
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Julia Neumann
       
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