URI: 
       # taz.de -- Aufklärung von Österreichs Ibiza-Affäre: Straches ungewollt großer Auftritt
       
       > Am Donnerstag starten in Österreich die Befragungen im
       > Untersuchungsausschuss zur Ibiza-Affäre. Der frühere FPÖ-Chef wird gleich
       > zu Beginn befragt.
       
   IMG Bild: Screenshot aus dem Ibiza-Video, das „Spiegel“ und „Süddeutscher Zeitung“ zugespielt worden war
       
       Wien taz [1][Heinz-Christian Strache] wird Donnerstag wieder einen großen
       Auftritt haben, allerdings keinen, den sich der österreichische
       Rechtspopulist gewünscht hat. Er wird am Donnerstag als Auskunftsperson vor
       dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche
       Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung befragt werden – vulgo
       „Ibiza-U-Ausschuss“.
       
       Die Ibiza-Äffäre sorgte vor einem Jahr für das Zerbrechen der
       rechtskonservativen Regierung aus FPÖ und ÖVP. Damals veröffentlichten
       Medien [2][Videoaufnahmen aus dem Sommer 2017 auf Ibiza], die den damaligen
       FPÖ-Chef im Gespräch mit einer vermeintlichen Oligarchen-Nichte zeigen. Auf
       dem Video scheint Strache im Gegenzug für Geldspenden an die Partei
       Staatsaufträge zu versprechen. Im Ibiza-U-Ausschuss geht es nun um
       verdeckte Parteispenden gegen politische Gefälligkeiten, aber auch um
       konkrete politische Korruption im Zuge der sogenannten Casinos-Affäre.
       
       Wenn der Ausschuss gut arbeite, so glaubt Politveteran Peter Pilz, dann
       habe die Kanzlerpartei mehr zu befürchten als die ohnehin schon von den
       Wählern geprügelte FPÖ: „Die ÖVP ist die Mutterpartei des Proporzes, der
       Parteibuchwirtschaft, der geheimen Parteienfinanzierung. Sie betreibt
       dieses Geschäft seit über 44 Jahren mit kurzer Unterbrechung.“
       
       Pilz, der einst als Grüner zahlreiche Skandale in Österreich aufgedeckt
       hat, beobachtet den Ausschuss als Journalist. Er ist für das online-Magazin
       Zackzack akkreditiert. Der Name des Mediums ist eine Anspielung auf die Art
       und Weise, wie Strache auf dem Video im Boulevardblatt Kronen Zeitung
       unerwünschte Redakteure entfernen wollte, nämlich „zackzackzack“.
       
       ## Ausschuss soll komplettes Video bekommen
       
       Karin Praprotnik, Politologin an der Donauuniversität Krems, findet es
       interessant, dass Strache immer die Herausgabe des kompletten, mehr als
       siebenstündigen Videos gefordert hatte, weil er sich davon eine Entlastung
       versprach. Die Aufnahme wurde inzwischen von der Kriminalpolizei bei einer
       Hausdurchsuchung sichergestellt. Proprotnik zur taz: „Jetzt will er
       plötzlich nicht mehr, dass das ganze Video gezeigt wird. Stellt sich die
       Frage, was sonst noch drauf ist.“
       
       Das Video wird derzeit noch von Experten im Innenministerium ausgewertet
       und soll in 14 Tagen den Ausschussmitgliedern zur Verfügung gestellt
       werden. FPÖ-Fraktionschef Herbert Kickl wittert einen „strategischen
       Masterplan“ der ÖVP-PR-Experten als Ablenkungsmanöver. Es sei schon
       eigenartig, dass die Kommission das Video bereits seit fünf Wochen in
       Besitz habe, dies aber dann bekannt geworden sei, als es für die ÖVP gerade
       nicht rund gelaufen sei. Er verlangt die Verschiebung des Ausschussbeginns
       um zwei Wochen.
       
       Mit einer „großangelegten Desinformationskampagne“ der ÖVP rechnet auch
       Pilz, allerdings im Ausschuss. Man werde versuchen, Strache und seinen
       Kumpan Johann Gudenus als „Ausgeburten des Bösen“ ins Zentrum zu rücken und
       „aus dem Täter ÖVP das Opfer zu machen“. Denn „Strache und Gudenus tun auf
       dem Video etwas, was in der Regierungspolitik äußerst selten ist: sie sagen
       einfach die Wahrheit. Und das war ihr politisches Ende.“ Die ÖVP hingegen
       habe in Jahrzehnten an der Regierung die politische Korruption
       perfektioniert. Ohne Kanzler Sebastian Kurz und Ex-Finanzminister Hartwig
       Löger hätte die FPÖ auch ihre umstrittenen Günstlinge nicht in die
       Aufsichtsräte staatsnaher Unternehmen schicken können.
       
       Die FPÖ versucht sich von Strache abzugrenzen. Karin Praprotnik ist
       skeptisch, ob das gelingen wird, denn „sie hat ihm relativ lange den Rücken
       freigehalten und ist in ihrer Kommunikationsstrategie Strache gefolgt“.
       Erst als dann im Sommer die Spesenaffäre platzte, habe man den Bruch
       vollzogen. Die Politologin glaubt, dass sowohl ÖVP als auch FPÖ die für 11.
       Oktober geplante Gemeinderatswahl in Wien im Auge haben. Beiden könnte der
       U-Ausschuss schaden, wenn er seine Arbeit ordentlich erledigt.
       
       4 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rechte-in-Oesterreich/!5685977&s=Ibiza/
   DIR [2] /Ein-Jahr-nach-der-Ibiza-Affaere/!5686050&s=Konrad+Litschko+Ibiza/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
       ## TAGS
       
   DIR Österreich
   DIR Heinz-Christian Strache
   DIR Strache-Video
   DIR FPÖ
   DIR ÖVP
   DIR Ibiza-Affäre
   DIR Ibizagate
   DIR Österreich
   DIR Ibiza-Affäre
   DIR Ibiza-Affäre
   DIR Österreich
   DIR Österreich
   DIR Österreich
   DIR Österreich
   DIR Ibiza-Affäre
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Ibiza-Affäre in Österreich: Innenpolitische Bombe
       
       Österreichs Kanzler Sebastian Kurz soll vor einem Untersuchungsausschuss
       gelogen haben. Nun droht ihm eine Anklage. Das wäre ein Novum.
       
   DIR Ibiza-Affäre als Serie: Realität schlägt Fiktion
       
       Sky kündigt eine Serie über die Ibiza-Affäre an. Aber wie kann man eine
       Geschichte fiktionalisieren, die an Absurdität kaum zu übertreffen ist?
       
   DIR Ibiza-Affäre in Österreich: Kanzler fasst sich kurz
       
       Beim Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss versucht sich Österreichs
       Kanzler Sebastian Kurz aus der Affäre zu ziehen – mit nichtssagenden
       Worten.
       
   DIR Ibiza-Affäre in Österreich: Schnee von gestern
       
       In Österreich hat die Soko zur Ibiza-Affäre einen Zwischenbereicht
       vorgelegt. Dafür wurden auch bisher unbekannte Videos ausgewertet.
       
   DIR Untersuchungsausschuss in Wien: Wir fahren nach Ibiza
       
       Inwieweit war der ehemalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache an Korruption
       beteiligt? Dabei wird auch die Rolle führender ÖVP-Politiker untersucht.
       
   DIR Islamfeindlichkeit in Österreich: Der Europarat zeigt sich besorgt
       
       Der Antidiskriminierungsausschuss kritisiert spaltende politische Reden im
       Land. Aber auch Gesetze und das Handeln der Polizei werden gerügt.
       
   DIR Lockvogel in der Ibiza-Affäre: Dame mit Geschmäckle
       
       Österreich sucht mit Fotos nach der „Oligarchennichte“ aus dem Ibiza-Video.
       Aber was ist überhaupt ein/e Oligarchen/in? Eine Wortkunde.
       
   DIR Ein Jahr nach der Ibiza-Affäre: Die Suche nach dem Privatdetektiv
       
       Vor einem Jahr platzte die Regierung in Österreich. Zur Ibiza-Affäre wird
       bis heute ermittelt – vor allem gegen einen mutmaßlichen Videomacher.