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       # taz.de -- Ausländergesetze in Österreich: Asyl oder Hunger
       
       > Abgelehnte Flüchtlinge sollen künftig kein Geld, keine Verpflegung und
       > kein Obdach mehr bekommen. Kritiker warnen vor mehr Kriminalität.
       
   IMG Bild: Hart gegen abgelehnte Asylbewerber: Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka
       
       Wien taz | Abgelehnte Asylbewerber sollen in Österreich die Grundversorgung
       verlieren. Das ist ein zentrales Element der geplanten Asylrechtsnovelle,
       die Dienstag im Ministerrat abgesegnet wurde. Unterkunft, Verpflegung und
       ein kleines Taschengeld fallen dann weg. Derzeit haben die Betroffenen noch
       vier Monate Zeit, die Ausreise vorzubereiten.
       
       Kritiker wie der Wiener Flüchtlingskoordinator Peter Hacker werfen der
       Regierung vor, die Flüchtlinge in die Obdachlosigkeit zu drängen. Außerdem
       würde man der Kriminalität Vorschub leisten.
       
       Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Verteidigungsminister Hans Peter
       Doskozil (SPÖ), die regelmäßig als eine Art koalitionärer
       Sicherheitszwillinge auftreten, verteidigten das Paket vor
       Medienvertretern. Es gehe darum, Gerichtsentscheidungen auch durchzusetzen.
       Den Schleppern wolle man signalisieren, dass ordnungswidriges Einreisen und
       Täuschen der Behörden nicht toleriert würden. Doskozil: „Was geben wir für
       ein Bild ab als Staat, wenn wir unsere Entscheidungen nicht durchsetzen
       können?“
       
       Neben dem Streichen der Grundsicherung für Personen, deren Asylantrag in
       allen Instanzen rechtskräftig abgelehnt wurde, wird der Strafrahmen für
       unwahre Angaben sowie für Verbleib im Lande oder illegale Wiedereinreise
       auf 15.000 Euro verdreifacht. Sollte nicht gezahlt werden können, droht
       Ersatzhaft von sechs Wochen.
       
       ## Steigende Kriminalität
       
       Die Abschiebehaft soll von 10 auf maximal 18 Monate ausgedehnt werden
       können. Etwa 4.000 Flüchtlinge warten derzeit auf ihre Abschiebung.
       
       „Ich würde gerne wissen, wer dann die Verantwortung übernimmt für die
       steigende Kriminalität in der Bundeshauptstadt“, hatte der Wiener
       Flüchtlingskoordinator Peter Hacker im Ö1-„Morgenjournal“ gefragt. Die
       entsprechende Gesetzespassage „muss ersatzlos raus“.
       
       Hohe Strafen für Flüchtlinge, die trotz Ausweisungsbescheids im Land
       bleiben, seien „ziemlich witzlos“. Es sei skurril, „wenn man auf der einen
       Seite will, dass Flüchtlinge außer Landes gehen, dass man sie wegen extra
       geschaffener Geldstrafen wieder einsperrt und sie erst recht im Land
       bleiben können.“
       
       Diese Bedenken wischte Innenminister Sobotka vom Tisch: „Soll sich der
       Flüchtlingskoordinator anstrengen, dass sie nach Hause gehen“. Alev Korun,
       Menschenrechtssprecherin der Grünen, sieht das Paket als schikanöse
       Symbolpolitik. Der Innenminister schiele nur nach der nächsten Schlagzeile.
       
       ## Mehr Beratung für Rückkehrer
       
       Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) sekundierte den Kollegen mit dem
       Argument, neue Abschiebezentren würden helfen, „U-Boote und das Abdriften
       in die Kriminalität zu verhindern“. Verstärkte Rückkehrberatung und
       finanzielle Anreize sollen die Abgelehnten zur freiwilligen Heimreise
       motivieren.
       
       Rundum zufrieden mit den Verschärfungen zeigt sich die FPÖ. Der Abgeordnete
       Walter Rosenkranz frohlockte: „Die Überschriften tragen freiheitliche
       Handschrift.“ Es schaue aus, „als ob Strenge einkehren würde“. Eine gewisse
       Skepsis, ob die Umsetzung auch konsequent genug erfolgen werde, bleibe
       jedoch.
       
       28 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
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