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       # taz.de -- Ausstieg Großbritanniens aus der EU: May verschiebt Brexit-Abstimmung
       
       > Bei der Abstimmung über das Brexit-Abkommen wurde eine Niederlage der
       > Regierung immer wahrscheinlicher. Nun hat May sie verschoben.
       
   IMG Bild: Will den Deal noch nachverhandeln: die britische Premierministerin Theresa May
       
       Angesichts einer drohenden Niederlage hat die britische Premierministerin
       Theresa May am Montag Nachmittag die Notbremse gezogen und die für Dienstag
       angesetzte Abstimmung im Unterhaus über das ausgehandelte Abkommen über den
       EU-Austritt Großbritanniens auf unbestimmte Zeit verschoben.
       
       Es geht um den [1][Brexit]-Vertragsentwurf, den alle EU-Mitglieder am 25.
       November gebilligt hatten. Er tritt erst in Kraft, wenn das britische
       Parlament ihn ratifiziert. Seit knapp einer Woche reden sich die
       Parlamentarier darüber die Köpfe heiß.
       
       Mit jedem Tag zeichnete sich klarer ab: Im Unterhaus hatte der „Deal“ keine
       Chance. Die regierenden Konservativen halten nur 316 der 650 Sitze; rund
       100 wollen mit Nein stimmen, ebenso alle anderen Parteien.
       
       Am Montag Vormittag engte die EU-Kommission Mays Spielraum weiter ein: Sie
       bekräftigte, es werde keine Nachverhandlungen geben. Die hatte die
       britische Regierung jüngst noch als Option ins Spiel gebracht. May kündigte
       am Nachmittag trotzdem an, erneut zu Gesprächen nach Brüssel zu reisen.
       
       Am Abend zeigte sich die EU dann zumindest gesprächsbereit: Nach
       Informationen der Nachrichtenagentur afp hat EU-Präsident Donald Tusk ein
       Brexit-Treffen für Donnerstag einberufen, das am Rande des regulären
       EU-Gipfels in Brüssel stattfinden soll. Es werde keine Nachverhandlungen zu
       dem Brexit-Abkommen geben, allerdings sei die EU bereit zu Gesprächen
       darüber, „wie die britische Ratifizierung erleichtert werden kann“,
       erklärte Tusk.
       
       Premierministerin May hatte zuvor daran erinnert: ohne einen ratifizierten
       Brexit-Vertrag kommt der Brexit ohne Vertrag. Den Brexit hatten die
       britischen Wähler 2016 bei einer Volksabstimmung beschlossen, das
       Austrittsdatum 29. März 2019 ist inzwischen gesetzlich festgelegt. Um daran
       rütteln zu können, muss das Parlament vorher das Gesetz wieder kippen, das
       den Brexit festschreibt.
       
       ## Austritt muss „bedingungslos“ sein
       
       Diese Option erhielt am Montag Auftrieb durch den Europäischen Gerichtshof.
       Großbritannien habe bis zum Austrittsdatum das Recht, seinen
       Austrittsantrag wieder zurückzuziehen, [2][urteilte der EuGH im
       Eilverfahren]. Wegen der großen Bedeutung urteilte er in voller Besetzung
       mit 28 Richtern.
       
       So wie der Austritt sei auch der Abbruch des Austritts ein Ausdruck der
       staatlichen Souveränität, urteilten die Richter und fügten an, dass ein
       Abbruch „bedingungslos“ sein müsse. Er soll also nicht dafür genutzt
       werden, einen anderen Status auszuhandeln. Großbritannien werde
       anschließend seine Mitgliedschaft unverändert fortsetzen und müsste
       weiterhin nicht am Euro und der gemeinsamen Innenpolitik teilnehmen, auch
       der Rabatt auf die Beitragszahlungen bleibe.
       
       Ein Beschluss des britischen Parlaments, den Brexit abzusagen, wäre aber
       nur mit Zustimmung der Regierung zulässig, da er Haushaltsfragen berühren
       würde. Sollte May zustimmen, würde ihre Partei sie voraussichtlich
       stürzen. Voraussetzung für einen Exit vom Brexit wären also Neuwahlen mit
       Regierungswechsel, vielleicht auch eine neue Volksabstimmung mit einem
       anderen Ergebnis als 2016 – aber dafür ist die Zeit bis 29. März 2019 zu
       knapp. Deshalb bräuchte man zunächst eine Verlängerung der Austrittsfrist
       bei der Europäischen Union. Das ist möglich, aber nur im Konsens aller
       EU-Mitglieder, und es müsste vom britischen Parlament beschlossen und von
       der Regierung beantragt werden.
       
       10 Dec 2018
       
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