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       # taz.de -- BGH stärkt Datenbank zu NS-Raubkunst: Transparenz steht über Eigentum
       
       > Der Bundesgerichtshof hat geurteilt, dass Sucheinträge über mögliche
       > NS-Raubkunst öffentlich bleiben dürfen. Ein Kunstsammler hatte auf
       > Unterlassung geklagt.
       
   IMG Bild: Einfahrt zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe
       
       dpa/epd/taz: Gibt man in der [1][LostArt-Datenbank] den Namen des
       Landschaftsmalers Andreas Achenbach ein und dazu den Titel „Kalabrische
       Küste“, so stößt man auf einen Eintrag von 2016 samt schwarz-weißer
       Abbildung des Gemäldes. So lang schon führt das Deutsche Zentrum
       Kulturgutverluste, das mit der offen zugänglichen Online-Plattform frühere
       Eigentümer:innen oder deren Erb:innen mit heutigen
       Besitzer:innen von möglicher NS-Raubkunst zusammenführen will, das
       Kunstwerk von 1861 in seiner Datenbank auf. Der aktuelle Besitzer von
       „Kalabrische Küste“ sieht jedoch diesen Eintrag als Wertminderung und
       Anmaßung an sein Eigentum an. Seine Klage gegen das Deutsche Zentrum
       Kulturgutverluste scheiterte heute nun auch am Bundesgerichtshof (BGH)
       Karlsruhe.
       
       Eine in der LostArt-Datenbank vorgenommene Suchmeldung zu NS-Raubgut
       beeinträchtige nicht das Eigentum der heutigen Besitzer, urteilte der BGH
       (AZ: V ZR 112/22). Werden bei der Suchmeldung früherer, meist jüdischer
       Eigentümer oder ihrer Erben „wahre Tatsachen“ aufgeführt, müsse dies
       regelmäßig hingenommen werden.
       
       Im konkreten Fall hatte der klagende Kunstsammler Wolfgang Pfeiffer 1999
       das Gemälde „Kalabrische Küste“ von Andreas Achenbach bei einer
       Kunstauktion in London gekauft. Der in Kassel geborene und 1910 in
       Düsseldorf verstorbene Künstler gilt als bedeutender deutscher
       Landschaftsmaler der Romantik.
       
       In der Zeit von 1931 bis 1937 war das Gemälde im Besitz des jüdischen
       Kunsthändlers Max Stern. Als er von den NS-Behörden gezwungen wurde, seine
       Galerie aufzugeben, verkaufte Stern notgedrungen das Gemälde an eine
       Privatperson. Er emigrierte nach Kanada. Der Nachlass von Stern wird von
       einer kanadischen Treuhandgesellschaft verwaltet.
       
       ## Kein Anspruch auf Löschung
       
       Dessen Treuhänder verfassten nun jene Suchmeldung für das Gemälde in der
       LostArt-Datenbank, um das Kunstwerk zurückerhalten zu können. Mit der in
       Magdeburg betriebenen Datenbank kann nach NS-Raubgut oder nach anderen
       Kulturgütern gesucht werden, die im Zweiten Weltkrieg verloren gegangen
       sind.
       
       Anlässlich einer Schau in Baden-Baden erfährt der Kunstsammler Pfeiffer,
       dass die „Kalabrische Küste“ von Achenbach in der Datenbank auftaucht.
       Daraufhin klagte Pfeiffer auf Unterlassung. Dass sich die Treuhänder in der
       Datenbank um die Rückgabe des Gemäldes bemühen und es dort öffentlich
       aufgeführt wurde, mindere den Wert des von ihm gekauften Bildes. Er
       verlangte die Löschung der Suchmeldung.
       
       Doch auf die Löschung hat er laut dem heutigen BGH-Urteil keinen Anspruch.
       Allein eine auf Tatsachen beruhende Suchmeldung in der LostArt-Datenbank
       müsse regelmäßig hingenommen werden. Eine unzulässige
       Eigentumsbeeinträchtigung liege nicht vor. Weder sage die Suchmeldung etwas
       über das gegenwärtig bestehende Eigentum noch über mögliche Ansprüche aus.
       Eine Löschung der Suchmeldung könne Pfeiffer auch nicht verlangen.
       
       21 Jul 2023
       
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