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       # taz.de -- Bauen in der Stadt: Das Wohn(t)raum-Dilemma
       
       > Eine Umfrage zeigt: Zwar sind die Berliner für bezahlbaren Wohnraum und
       > Neubau - ihre Grünflächen sollen davon aber bitte schön verschont
       > bleiben.
       
   IMG Bild: Die Berliner lieben ihr Grün - auch wenn sie für Neubauten plädieren.
       
       Der Senat will die Wohnungsknappheit in Berlin mit Neubauten eindämmen.
       Geht es nach dem Willen vieler Berliner, ist der S-Bahn-Ring dabei tabu.
       Laut einer aktuellen Umfrage des Internetportals [1][immobilienscout24.de]
       und des Immobilienunternehmens Ziegert Consulting sind den BerlinerInnen
       Grünflächen wichtiger als neue Wohnhäuser.
       
       Nur 41 Prozent der Befragten wollen demnach, dass innerhalb des
       S-Bahn-Rings auf freien Plätzen gebaut wird – obwohl 82 Prozent von ihnen
       angeben, dass sie Schwierigkeiten haben, eine Wohnung zu finden. Basis der
       Erhebung sind die Antworten von 641 Wohnungssuchenden.
       
       „Man ist generell froh, wenn man nicht selbst die Lasten für kollektive
       Vorhaben zu tragen hat“, erklärt der Stadtsoziologe Andrej Holm das
       Dilemma. Sprich: Ja zum sozialen Wohnungsbau – aber nur, wenn dafür nicht
       die Grünfläche um die Ecke plattgemacht wird? So einfach sei es nicht,
       meint Holm: „Unsere Wohnungspolitik ist viel zu abstrakt. Wenn Bürger bei
       der Stadtentwicklung konkret mitbestimmen dürften, dann würde es nicht zu
       solchen Widersprüchen kommen.“ Der Wunsch nach Naherholung sei verständlich
       und das Bedürfnis nach sozialem Wohnraum eine Frage der
       Verteilungsgerechtigkeit.
       
       In der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung werden dagegen die
       widersprüchlichen Aussagen der Umfrage hervorgehoben: „Jeder möchte neue
       Wohnungen, aber nicht, dass vor der eigenen Haustür gebaut wird“, sagt
       Sprecherin Petra Rohland. Im Zweifelsfall müssten auch kulturelle Projekte
       weichen, denn Berlin brauche dringend neuen Wohnraum.
       
       Die Mehrzahl der Befragten sieht aber auch das anders: 62 Prozent sind
       gegen Bauvorhaben, wenn dafür soziale und kulturelle Projekte geräumt
       werden müssen, wie es aktuell bei der Bebauung des Spreeufers droht.
       
       In der Debatte über die Bebauung des Tempelhofer Feldes befürwortet die
       Mehrheit der Befragten (57 Prozent) eine Randbebauung. Knapp jeder Fünfte
       spricht sich für sozialen Wohnungsbau aus. Die Flächen des ehemaligen
       Flughafens sollen dagegen frei bleiben: 80 Prozent lehnen Neubau dort ab.
       
       Julius Dahms von der Bürgerinitiative 100 % Tempelhofer Feld, die einen
       Volksentscheid gegen jegliche Art der Bebauung des Geländes anstrebt, zeigt
       sich erstaunt: „Die Erschließungskosten auf dem Flughafengelände sind zu
       hoch, um dort Sozialwohnungen zu schaffen.“ Würde das Gebiet an einen
       Investor verkauft werden, wäre wohl mit Luxuswohnungen zu rechnen.
       
       Aufzulösen ist das Dilemma von mangelndem Wohnraum und zu erhaltenden
       Freiflächen nach Ansicht der Befragten nicht in der Innenstadt. Zwei
       Drittel sind der Meinung, dass außerhalb des S-Bahn-Rings mehr gebaut
       werden sollte.
       
       Immerhin 11 Prozent der Befragten stehen einer besonderen Art der
       Verdrängung gegenüber: Sie können sich vorstellen, in eine Wohnung zu
       ziehen, für deren Errichtung Kleingartenkolonien weichen müssten.
       „Kleingartenanlagen sind Teil der Stadt“, sagt Katrin Lompscher,
       stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken. Sie verweist auf
       Brachflächen entlang des Landwehr-Kanals, die für Wohnungsbau genutzt
       werden könnten. Auch Baulücken in der Innenstadt sollten für Neubau genutzt
       werden, wenn diese über längere Zeit nicht genutzt werden.
       
       9 Sep 2013
       
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