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       # taz.de -- Beauftragte stellt neue Zahlen vor: Höchststand bei Diskriminierung
       
       > Immer mehr Menschen melden sich bei der Antidiskriminierungsstelle des
       > Bundes. Die Beauftragte Ferda Ataman vermeldet ein „Rekordhoch“.
       
   IMG Bild: Ferda Ataman bei der Vorstellung des Antidiskrimierungsberichts
       
       Berlin taz | Die Zahl der in Deutschland gemeldeten Diskriminierungsfälle
       ist im vergangenen Jahr um 22 Prozent gestiegen. Das geht aus dem
       Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hervor. Ferda
       Ataman, die unabhängige Beauftragte, sprach angesichts der insgesamt knapp
       11.000 Anfragen von einem „Rekordhoch“.
       
       [1][Rassistische Diskriminierung] machte mit 41 Prozent den größten Anteil
       der gemeldeten Fällen aus. An zweiter und dritter Stelle folgten
       Benachteiligungen aufgrund von Behinderung und des Geschlechts (25 bzw. 24
       Prozent). Im Berichtszeitraum wurden 73 Fälle von antisemitischer
       Diskriminierung gemeldet, im Vergleich zu 53 Fällen im Vorjahr. „Die
       Menschen erleben Diskriminierung direkter, offener und härter“, sagte
       Ataman. Die Fallzahlen zeigten einen alarmierenden Trend auf und wiesen auf
       die zunehmende Polarisierung und Radikalisierung der Gesellschaft hin.
       
       Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes unterstützt Menschen, die
       aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Weltanschauung, Religion,
       einer Behinderung, ihres Alters, wegen ihrer sexuellen Orientierung oder
       aus rassistischen Gründen benachteiligt werden. Konkret klärt die Stelle
       Betroffene über ihre Rechte auf, die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz
       (AGG) verankert sind, und unterstütze sie beispielsweise mit juristischer
       Beratung.
       
       Erneut kritisierte Ataman, das AGG [2][weise große Lücken bei
       Diskriminierungsmerkmalen] wie Sozialleistungsbezug, Staatsangehörigkeit
       oder Sprache auf. Während diese Merkmale in anderen EU-Ländern gesetzlich
       längst abgedeckt sind, werde Diskriminierung in Deutschland chronisch
       unterschätzt. Selbst das mittlerweile rückständige AGG sei 2006 nur
       eingeführt worden, weil EU-Richtlinien dies vorgegeben hatten.
       
       ## Auch Grüne und SPD-Politiker für Reform
       
       Seit zwei Jahren werde die von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag
       versprochene Reform des [3][Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)]
       verschleppt. Insbesondere appellierte sie an den zuständigen
       Bundesjustizminister Heiko Buschmann (FDP), endlich Position zu ihren
       Reformvorschlägen zu beziehen und zu handeln. „Das ist die Regierung den
       Betroffenen schuldig“, so Ataman.
       
       Der SPD-Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung, Takis
       Mehmet Ali, sagte zur taz: „Der Bericht zeigt eindeutig, dass wir immer
       noch mit Stigmatisierung und pauschalen Vorurteilen zu kämpfen haben.
       Menschen mit Behinderung sind in unserer Gesellschaft längst nicht in jeder
       Situation gleichberechtigt unterwegs.“ Mit Blick auf das AGG sagte er:
       „Dabei haben wir nicht mal ein Erkenntnisdefizit, sondern ein
       Umsetzungsdefizit, weil auf einigen Ebenen der politische Wille fehlt“.
       
       Auch die Grünen-Bundestagsabgeordnete Schahina Gambir hält eine AGG-Reform
       für notwendig. „Die Antidiskriminierungsstelle leistet eine absolut
       wichtige Arbeit.“, sagte sie der taz. „Klar ist aber auch, dass die Stelle
       nicht allein gegen Diskriminierung angehen kann.“ Ihre Forderung: „Wir
       brauchen zum Beispiel eine Reform des AGG und eine Intensivierung der
       Demokratieförderung – und das so schnell wie möglich.“
       
       25 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Sabrina Osmann
       
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