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       # taz.de -- Bedrohtes Kulturzentrum „Zukunft“: No Future in Friedrichshain
       
       > Die Verdrängung des alternativen Kulturzentrums „Zukunft am Ostkreuz“ hat
       > Symbolcharakter für ganz Friedrichshain. Der Kiez wandelt sich radikal.
       
   IMG Bild: Von sowas kommt sowas: Hinten Mediaspree, vorne Obdachlosigkeit
       
       “Keine Zukunft ohne Zukunft“ steht auf den Protestplakaten, die gerade an
       diversen Friedrichshainer Szeneorten zu finden sind. Sie beziehen sich auf
       das alternative Kulturzentrum Zukunft am Ostkreuz im Rudolfkiez, dem der
       Mietvertrag seitens des Eigentümers nicht verlängert wurde und dem Ende
       März nächsten Jahres das Aus droht.
       
       Es macht Sinn, das wahrscheinliche Schicksal des Ortes “Zukunft“ nun mit
       der Frage nach der Zukunft des ganzen Bezirks zu verknüpfen. Und sich mal
       näher anzusehen, was denn so kommt nach dem Aus des “Zukunft“. Nicht nur
       direkt auf dessen Areal, denn darüber lässt sich nur spekulieren,
       schließlich lässt sich der Eigentümer bislang nicht in seine Karten
       blicken, sondern in der ganzen direkten Umgebung.
       
       Denn die voraussichtliche Verdrängung des “Zukunft“ hat großen
       Symbolcharakter für den radikalen Wandel eines ganzen Kiezes. Die Gegend
       zwischen Ostkreuz und Warschauer Straße wird sich nämlich in den nächsten
       Jahren – also schon in unmittelbarer Zukunft – so dermaßen ändern, dass man
       sie kaum wiedererkennen wird.
       
       Noch ist man im Pandemiemodus und hat ein wenig das Gefühl, die Zeit sei
       eingefroren und das einzige, was sich wirklich bewegt, sind die Viren im
       Raum. Aber in Wahrheit werden hier gewaltige Bebauungspläne vorangetrieben.
       Links und rechts neben dem “Zukunft“ wird das “A Laska“-Projekt entstehen,
       hochwertige Co-Working-Spaces. Löblich geplant mit nutzbarer Solarenergie
       vom Dach und viel Grün auf den Terrassen.
       
       ## Eine Zukunft nur mit sehr viel Kapital
       
       Aber wer sich die Animationen des Projektentwicklers dazu ansieht, weiß
       sofort: leisten können wird sich diese Büroflächen nur jemand mit wirklich
       sehr viel Kapital in der Tasche. Das gleiche gilt für den Ostkreuz Campus
       ums Eck, wo 10.000 Quadratmeter Bürofläche im Luxussegment entstehen
       werden.
       
       Bewegt man sich dann weiter in Richtung Warschauer Straße, kommt man am
       RAW-Gelände vorbei, das so schön ranzig und kiezmäßig wirkt mit dem
       Graffiti überall und dem netten Kulturangebot. Doch auch hier gilt:
       Aufwachen, liebe Friedrichshainer!
       
       Schon im Februar nächsten Jahres soll der Öffentlichkeit das Konzept für
       die Umgestaltung des Geländes präsentiert werden. Der Großteil der
       bestehenden Gebäude soll abgerissen werden, satte 150.000 Quadratmeter
       Geschossfläche neu entstehen und nebenbei noch ein 100 Meter hoher
       Büroturm. Der freilich wird dann im Schatten des Gebäudes nebenan stehen.
       Der Amazon-Tower an der Warschauer Brücke, der bereits gebaut wird, darf
       sich sogar 140 Meter in die Höhe strecken. Der Versandriese wird seinen
       Berliner Hauptsitz hierhin verlegen.
       
       Friedrichshain, der Kiez der Hausbesetzer und Studenten, wird dann ein ganz
       anderer sein. Die Zukunft von heute ist dann Gegenwart und man wird sich
       wahrscheinlich fragen, ob man sich diese wirklich so gewünscht hat.
       
       4 Dec 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Hartmann
       
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