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       # taz.de -- Belästigung im Internet in Frankreich: Antifeministisches Mobbing
       
       > 30 Männer haben in Frankreich in einer Facebook-Gruppe jahrelang Frauen
       > schikaniert. Mit dabei sind namhafte Journalisten.
       
   IMG Bild: Lucile Bellan vom Online-Magazin „Slate“ spricht von „jahrelangem Mobbing“
       
       Paris taz | Über Jahre haben die Mitglieder einer französischsprachigen
       Facebook-Gruppe mit dem Namen „Ligue du LOL“ (Liga des „Lough Out Loudly“)
       im Netz andere User und vor allem Userinnen gemobbt und gegen sie
       gestichelt. Vor allem in den Jahren 2009 bis 2012 verabredeten sie sich
       dort zu digitalen Attacken, die unter anderem auf Facebook und Twitter
       ausgeübt wurden.
       
       Jetzt ist die Gruppe, die aus 30 Männern aus der Medien- und Werbebranche
       besteht, aufgeflogen und steht wegen sexistischem Mobbing in der Kritik.
       
       Einige Mitglieder der Gruppe äußern jetzt Reue oder haben sich öffentlich
       entschuldigt. Gerichtliche Folgen dürften die Affäre nicht haben, weil die
       meisten Fälle nach französischem Recht verjährt sind.
       
       Die verbalen Attacken und zum Teil geschmacklose Fotomontagen mit
       Pornobildern und Gesichtern von verunglimpften Journalistinnen liegen teils
       mehrere Jahre zurück. Doch das macht die Angelegenheit vor allem für die
       Redaktionen, in denen Mitglieder der „Ligue du LOL“ arbeiten, nicht weniger
       peinlich.
       
       Der Herausgeber der Zeitung Libération, Laurent Joffrin, stellte zwei
       seiner Redaktionsmitglieder „bis auf Weiteres“ frei. Die Zeitung hat den
       Skandal selbst enthüllt und widmete dem Thema am Dienstag vier Seiten. „Ich
       habe nicht die Absicht, Strafen auszusprechen, bevor Beweise vorliegen“,
       sagte Joffrin in einem Fernsehinterview. Eine fristlose Entlassung könnte
       indes folgen, wenn die Rolle jedes Einzelnen und die jeweils völlig
       unzulässigen Angriffe unter der Gürtellinie ausreichend bekannt sind. Einer
       der beiden Libération-Journalisten, Vincent Glad, war der Gründer des
       Männerklubs. Er beteuert heute, dass ihm die Sache schnell total „aus der
       Hand geglitten“ sei, als sich die ironischen Kommentare und internen
       Scherze auf Kosten anderer in Mobbing verwandelten.
       
       ## „Niederträchtige Attacken“
       
       „Wir machten bloß Witze, nichts Außergewöhnliches, es gab in der Gruppe nie
       eine antifeministische Obsession“, versicherte ein namentlich nicht
       genanntes Mitglied der Zeitung Le Monde.
       
       Ganz anders empfanden dies die Opfer. Lucile Bellan vom Online-Magazin
       Slate spricht von „jahrelangem Mobbing und niederträchtigen Attacken“, die
       zuletzt ihr Selbstvertrauen als Journalistin erschüttert hätten. Capucine
       Piot, eine Bloggerin, erinnert sich an „fast tägliche Gehässigkeiten“, die
       zudem Nachahmer von Unbekannten nach sich gezogen hätten. Die
       Wissenschaftsjournalistin Florence Porcel glaubte den Anruf des Chefs eines
       renommierten Magazins zu bekommen – es war allerdings ein böswilliger Jux,
       der dann veröffentlicht wurde, um sie bloßzustellen. Verantwortlich dafür
       ist der heutige Chefredakteur des Kulturmagazins Inrockuptibles, David
       Doucet. Er bedauert das, denn er habe damals die „Tragweite und das Ausmaß
       des Traumas“ nicht verstanden.
       
       Diese Reue kommt sehr spät und nur unter dem Druck der Enthüllung Jahre
       danach und dem [1][durch die #MeToo-Kampagne veränderten Klima.] Die Opfer
       finden, es wäre das Mindeste, wenn alle Beteiligten sich wenigstens ehrlich
       bei ihnen entschuldigen würden. Besser noch wäre es, wenn sie ihre Plätze
       räumen und die Stellen für qualifizierte Kolleginnen frei machen würden,
       meint Florence Porcel.
       
       Diese Mobbing-Affäre ist besonders gravierend, weil Journalisten zu den
       Initiatoren und Hauptbeteiligten gehören. Um den angeschlagenen Ruf der
       Medien zu retten, braucht es in Frankreich eine seriöse Aufarbeitung und
       angemessene Bestrafung der „Nestbeschmutzer“ in den Redaktionen.
       
       12 Feb 2019
       
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