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       # taz.de -- Berechnung von Greenpeace: Subventionen sauberer machen
       
       > Eine Umschichtung der Staatshilfen würde laut einer Greenpeace-Rechnung
       > nicht nur dem Haushalt gut tun – sondern auch dem Klima.
       
   IMG Bild: Das BASF-Werk in Ludwigshafen bei Nacht
       
       Berlin taz | An diesem Donnerstag will Bundesfinanzminister Olaf Scholz
       (SPD) die Steuerschätzung bis 2024 vorstellen. Dazu hatte Greenpeace eine
       eigene Idee: Die Umweltorganisation hat überlegt, wie Deutschland
       gleichzeitig Staatsausgaben und Treibhausgase reduzieren könnte – durch den
       gezielten Abbau von umweltschädlichen Subventionen im Bundeshaushalt.
       
       Demnach könnte der Bund gleichzeitig bis zu 46 Milliarden Euro an Ausgaben
       sparen – und dadurch fast 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid vermeiden, etwa
       so viel, wie der gesamte Verkehr emittiert. [1][Das jedenfalls hat der
       Thinktank „Forum Ökologische Steuerreform“ (FÖS) für Greenpeace errechnet].
       
       Die Studie nimmt sich die zehn dreckigsten Brocken unter den direkten und
       indirekten staatlichen Hilfen vor: Steuerbefreiung von [2][Kerosin] (der
       Staat verzichtet auf Einnahmen in Höhe von 8 Milliarden Euro), niedrige
       Strompreise für die Industrie (12 Milliarden), Steuervorteile bei der
       Stromerzeugung (1,8 Milliarden), die Entfernungspauschale (etwa 5
       Milliarden), Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge (4
       Milliarden), reduzierte Mehrwertsteuer auf tierische Produkte (5
       Milliarden), Förderung von [3][Dienstwagen] (3 bis 6 Milliarden), günstige
       Energiesteuer für die Industrie (1 Milliarde) und verbilligter Agrardiesel
       (450 Millionen).
       
       Laut der Berechnung wären Veränderungen bei der Kerosinsteuer, beim
       Industriestrom und bei der Stromerzeugung „besonders klimawirksam“: bei
       „hohem Klimaschutzpotenzial“ würden „pro eingespartem Euro im Vergleich die
       höchsten CO2-Minderungen erzielt“.
       
       Die AutorInnen der Studie betonen, „wie relevant der Subventionsabbau für
       das Erreichen der Klimaziele ist“. Auch wenn die Regierung alle Maßnahmen
       aus dem [4][Klimaschutzprogramm 2030] umsetze, fehlten noch voraussichtlich
       71 Millionen Tonnen, um das Ziel für dieses Jahr zu erreichen. Um diese
       Lücke zu schließen, könnte „der Abbau der klimaschädlichen Subventionen
       einen wesentlichen Beitrag leisten“, heißt es.
       
       Auch fiskalisch könne es helfen, die „Neuverschuldung des Bundes aufgrund
       der notwendigen Konjunktur- und Investitionsmaßnahmen im Rahmen der
       Corona-Krise gegenzufinanzieren“. Außerdem könne das Geld besser für
       Investitionen zur Dekarbonisierung der Wirtschaft eingesetzt werden,
       anstatt die alten fossilen Strukturen zu verlängern.
       
       ## Angst vor Verlagerung ins Ausland
       
       Die Debatte über umweltschädliche Subventionen ist nicht neu. Das
       Umweltbundesamt etwa weist in einem regelmäßigen Bericht darauf, hin, dass
       (Stand 2012) jedes Jahr mit 57 Milliarden Euro an Steuergeldern die
       umwelt- und klimapolitischen Ziele der Bundesregierung untergraben werden.
       Deutschland hat sich dabei wie die anderen führenden Industriestaaten in
       der Gruppe der G20 bereits 2009 und in der G7 noch einmal 2016
       verpflichtet, „ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe“ bis 2025
       auslaufen zu lassen.
       
       Passiert ist bislang nicht viel – auch weil das Finanzministerium
       Subventionen nur eng definiert und die Gesamtsumme aller Fördermittel
       (nicht allein der umweltfeindlichen) auf nur knapp 27 Milliarden Euro
       taxiert. Dazu kommt, dass etwa indirekte Subventionen für die Industrie
       beim Strompreis politisch gewollt sind, um die energieintensiven Betriebe
       in Deutschland vor hohen Energiekosten und Wettbewerbsnachteilen zu
       schützen.
       
       Der Gedanke dahinter: Es mache wenig Sinn, Firmen und Emissionen ins
       Ausland zu verlagern, wo sie dann wegen laxerer Umweltstandards eventuell
       noch mehr CO2 emittieren. Auch Belastungen für den Flugverkehr durch das
       Ende von Steuervorteilen sind in der Coronakrise wenig populär, wo der
       Bund gerade Airlines und Flughäfen mit Milliardensummen am Leben hält.
       
       Grundsätzlich fordern Umwelt- und Klimapolitiker schon lange eine große
       Steuerreform, die viele Berechnungen etwa im Energie- und Verkehrsbereich
       ändert: Abgaben sollten sich in Zukunft am CO2-Austoß bemessen, Steuern und
       Abgaben sollten Wirtschaft und Verbraucher viel stärker zum Ausstieg aus
       fossilen Energien drängen.
       
       11 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/2020-11-11_greenpeace-studie_10_klimaschaedliche_subventionen_im_fokus.pdf
   DIR [2] /Protest-gegen-Flughafen-Eroeffnung/!5719818
   DIR [3] /Falsche-Foerderung-fuer-Firmenwagen/!5718617
   DIR [4] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/klimaschutzprogramm-2030-1673578
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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