URI: 
       # taz.de -- Berichterstattung vom Polizeikongress: Sie müssen draußen bleiben
       
       > „Netzpolitik.org“ kritisiert den Europäischen Polizeikongress. Zum
       > wiederholten Mal verwehrten die Veranstalter Akkreditierung.
       
   IMG Bild: Beim „Europäischen Polizeikongress“ (Aufnahme von 2020)
       
       Berlin taz | Sicherheit ist ein Geschäft. Wie alle anderen trifft sich
       deshalb auch die Sicherheitsbranche zu einer Art Messe. Am Dienstag beginnt
       im Berliner Congress Center der jährliche Europäische Polizeikongress, der
       von der Zeitung Behörden Spiegel organisiert und als größte internationale
       Fachkonferenz für innere Sicherheit in Europa beworben wird. An zwei Tagen
       diskutieren hier Innenminister, Staatssekretäre, Bundestagsabgeordnete mit
       Polizeifunktionären und Herstellern von [1][Überwachungstechnik] über
       Themen wie Grenzschutz, Polizeiausrüstung, künstliche Intelligenz oder
       „Gewalt gegen die Polizei“.
       
       Selbstverständlich interessieren sich auch Journalist:innen und
       Zivilgesellschaft für ein Treffen, bei dem ein hochsensibles Thema wie
       Sicherheitspolitik unter Einfluss wirtschaftlicher Interessen verhandelt
       wird. So auch netzpolitik.org, eine Nachrichtenseite, die über digitale
       Freiheitsrechte und Netzthemen berichtet, und gerade bei Fragen digitaler
       Sicherheit wertvolle Einordnung von vor Ort liefern könnte. Das wird sie
       aber nicht machen können, weil ihre Mitarbeiter:innen zum wiederholten
       Mal keine Akkreditierung erhalten haben.
       
       Vorige Woche veröffentlichte netzpolitik.org einen Text zu dem Vorgang.
       „Wir dürfen nicht vom Europäischen Polizeikongress berichten. Der
       Veranstalter hat unsere Akkreditierung erneut abgelehnt – wieder mit einer
       fadenscheinigen Begründung: diesmal muss Corona als Argument herhalten“,
       steht dort. Wegen der Pandemie dürften nur Tages- und Wochenzeitungen,
       Fachzeitschriften und Rundfunkanstalten teilnehmen, schreibt
       netzpolitik.org über die Begründung des Veranstalters. „Dabei sind wir
       geimpft, würden uns testen lassen und halten alle Maßnahmen ein.“
       
       Die Ablehnung kommt aus Sicht von netzpolitik.org trotzdem nicht
       überraschend. Seit vielen Jahren hätten Redaktionsmitglieder vergeblich
       versucht, sich zu akkreditieren. 2015 sei eine Ablehnung damit begründet
       worden, dass es keine Plätze mehr gebe; letztes Jahre habe man sich ein
       halbes Jahr vor der Veranstaltung angemeldet, nach Übersendung eines
       Presseausweises habe es geheißen, dass nur angemeldete Medien teilnehmen
       dürften. „Die wechselnden und teilweise offensichtlich wahrheitswidrigen
       Begründungen zeigen: Der Europäische Polizeikongress möchte nicht, dass
       netzpolitik.org über ihn berichtet“, schlussfolgert die Redaktion.
       
       ## Das Hygienekonzept soll's gewesen sein
       
       Die Chefredaktion vom Behörden Spiegel schreibt auf Anfrage der taz: „Auf
       Grund der [2][pandemischen Situation] wurde die Zahl der Teilnehmenden in
       diesem Jahr deutlich reduziert.“ Das betreffe Besucherinnen und Besucher,
       Personal der Aussteller – und auch das Pressekontingent. „Auf Grund dieser
       zahlenmäßigen Beschränkung konnten nicht alle Anfragen nach einer
       Akkreditierung positiv beantwortet werden.“ Das Hygienekonzept sehe eine
       „Nichtvollauslastung der Räume“ vor. Die Anwesenheit mehrerer
       Presseagenturen erlaube es aber allen aktuellen Medien, über den Kongress
       zu berichten.
       
       Auf die Vorwürfe von netzpolitik.org bezüglich der vergangenen Jahre
       antwortet der Veranstalter: „In der Vergangenheit konnten auf Grund der
       Überschreitung der Akkreditierungsfrist vereinzelt Anfragen nicht positiv
       beantwortet werden. Ein weiterer Grund war in mehreren Fällen, dass kein
       aktuell gültiger Presseausweis vorgelegt werden konnte.“
       
       Grünen-Bundestagsabgeordnete Irene Mihalic nimmt am Dienstag an einem
       Podium mit dem Titel „Meilensteine für die Innere Sicherheit der Zukunft“
       teil. Der taz sagt sie, dass sie sich beim Veranstalter nach dem Grund der
       Nichtakkreditierung erkundigt habe und auf die Coronabeschränkungen
       verwiesen worden sei. „Das ist natürlich für die Berichterstattung keine
       schöne Situation. Die Auswahl ist nach meinen Informationen nicht entlang
       der Kriterien ‚kritisch / nicht kritisch‘ erfolgt. Ich hätte es
       selbstverständlich trotzdem gut gefunden, wenn unter anderem
       netzpolitik.org die Möglichkeit eröffnet worden wäre, sich ein eigenes Bild
       zu machen“, so Mihalic.
       
       Der Deutsche Journalisten Verband (DJV) nennt das Vorgehen gegen
       netzpolitik.org hingegen „nicht akzeptabel“. „Wir halten den Verweis auf
       die Coronabestimmungen für vorgeschoben“, sagt Sprecher Hendrik Zörner der
       taz. DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall nimmt ebenfalls am Kongress teil.
       „Frank Überall hat darüber nachgedacht, seine Teilnahme abzusagen“, sagt
       Zörner, „hält es aber für besser, miteinander zu reden. Für Gespräche –
       auch über die verweigerte Akkreditierung für netzpolitik.org – wird er zur
       Verfügung stehen.“
       
       13 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwerpunkt-Ueberwachung/!t5007813
   DIR [2] /Aktuelle-Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5800196
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Volkan Ağar
   DIR Konrad Litschko
       
       ## TAGS
       
   DIR Polizei
   DIR Schwerpunkt Überwachung
   DIR Datensicherheit
   DIR Netzpolitik.org
   DIR Schwerpunkt Pressefreiheit
   DIR Polizei
   DIR Kolumne Digital Naives
   DIR Schwerpunkt Brexit
   DIR Schwerpunkt Überwachung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Polizeikongress in Berlin: Innenminister beklagen Verrohung
       
       Beim Polizeikongress in Berlin loben die Ressortchefs den IAA-Einsatz – und
       klagen über Corona-Proteste. Das „Hängt die Grünen“-Urteil sei
       „indiskutabel“.
       
   DIR Cyberstrategie 2021: Horsts Hacker
       
       Alle, die man fragt, haben ernsthafte Bedenken – trotzdem beschließt man
       beim Rausgehen fix eine neue Strategie. Willkommen in der deutschen
       Cybersicherheit!
       
   DIR EU-Regeln zum Datenschutz: Großbritannien will raus
       
       Nach dem Brexit scheint nun der Exit aus der EU-Datenschutzgrundverordnung
       bevorzustehen. Schon hat London neue Partnerländer im Visier.
       
   DIR Verstoß von „CDUconnect“ gegen DSGVO: Prüfverfahren gegen CDU-App
       
       Die Partei erhob in ihrer Wahlkampf-App Daten tausender Menschen. Nun prüft
       die Berliner Datenschutzbeauftragte einen Verstoß gegen die DSGVO.