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       # taz.de -- Bernhard Langer bei den Golf Masters: Weises Eisenspiel
       
       > Bernhard Langer, mittlerweile 61, ist der beste Senior der Golfszene.
       > Beim Turnier in Augusta tritt er mal wieder gegen die jungen Haudraufs
       > an.
       
   IMG Bild: Immer noch ein Hingucker: Bernhard Langer
       
       Ja, man muss schon wieder von Bernhard Langer Kunde tun. So wie es jedes
       Jahr vor den Masters angemessen ist. Die Überschrift bleibt gleich: Langer
       immer noch dabei. Nur – mit jedem Jahr wird die Geschichte beeindruckender.
       61 Jahre ist er jetzt alt. Mit 61 gehört man eigentlich selbst im
       vermeintlichen Altherrensport Golf zum betagten Eisen.
       
       Nicht so Bernhard Langer: Ab Donnerstag tritt er zum 36. Mal bei den
       Masters an, dem wichtigsten, berühmtesten Prestigeturnier der Golfprofis
       und ersten Major der Saison. Mehr Teilnahmen hat noch nie ein Golfer
       geschafft. Und Langer tut das auch 2019 nicht als Mitläufer, sondern
       durchaus mit Aussichten auf eine Top-Platzierung. Und wenn alles perfekt
       läuft: sogar auf den Sieg.
       
       Zweimal in den vergangenen fünf Jahren ging er noch mit Titelchancen auf
       die Schlussrunde. Langer hat lebenslang Startrecht, weil er 1985 und 1993
       in Augusta, Georgia gewonnen hat. Beim Überraschungstriumph am 14. April
       1985 war Helmut Kohl noch nicht lange Kanzler, Boris Becker noch ohne
       Wimbledonsieg, die „Rainbow Warrior“ lag noch im Hafen von Auckland, und
       etwa drei Viertel der Teilnehmer der 83. Masters 2019 waren noch nicht
       geboren. Ja, er sei noch „voll dabei“, teilte Bernhard Langer jetzt mit.
       Seit 2008 dominiert der Perfektionist Langer die US-Senioren-Tour der über
       50-Jährigen.
       
       Bislang gewann er dort 39 Turniere und fünffach den Schwab-Cup für den
       Jahresbesten – zuletzt im Vorjahr, was die Tourverantwortlichen schlicht so
       kommentierten: „Das alterslose Wunder hat es schon wieder geschafft.“
       Anzeichen von Müdigkeit, hieß es weiter, seien nicht auszumachen. Kaum eine
       Bestmarke, die der charismatische Schlagroboter auf der Champions Tour
       nicht hält. Meistens verbessert er seine eigenen.
       
       ## Gelassenheit nebst Angriffslust
       
       Die Jungburschen von Anfang 50 verzweifeln. Bei Langer kommen eiserne
       Disziplin und pausenloses Training mit Yoga, Stretching und altersgemäßen
       Kraftübungen (selbst im ehelichen Schlafzimmer in Boca Raton stehen
       Fitnessgeräte) zusammen,dazu eine einmalige genetische Disposition,
       gesundheitliches Glück, die mental perfekte Mischung aus Gelassenheit und
       gelegentlicher Angriffslust. Alles Altern scheint bei ihm in den
       weiterexpandierenden spinnennetzhaften Faltenlandschaften im Gesicht
       konzentriert. Und da ist eben eine offenbar nicht endende Lust auf dieses
       Spiel mit seinen permanent neuen Herausforderungen und Kuriositäten, auch
       im 46. Profijahr.
       
       Langer hat ein Gedächtnis, das Großrechner gelb werden ließe vor Neid: Es
       gibt keinen Spieler, der alle kleinsten Besonderheiten eines Platzes,
       besonders auf den Grüns, derart akribisch abspeichert und updatet. Keiner
       hat so viele Runden in Augusta gedreht wie der Deutsche aus Florida: 120.
       
       Dazu kommen akribisch viele Trainingsrunden. Langer weiß: Bälle in ihrem
       Flug scheren sich um Physik, nicht um das Alter des Schlägers. Nur die
       Ewigkeit sei vermutlich auch bei ihm begrenzt: „30 Jahre kann das nicht
       mehr gehen“, spekulierte Langer jetzt pessimistisch.
       
       Sicher, seine Abschläge sind altersbedingt 30 oder 40 Meter kürzer als bei
       den jungen Haudraufs mit den Gummirücken. Kompensieren kann Langer das
       durch überragendes Eisenspiel unterwegs, Puttsicherheit, mit der Präzision
       eines Hirnchirurgen und mit kluger Strategie: „Ich überlege mitunter, auf
       welcher Seite es besser ist, das Grün zu verfehlen, wenn meine Bälle nicht
       halten“, sagte er jetzt. Manchmal ist es im Golf besser, risikobewusst
       einen Fehler zu vermeiden, als all-in zu gehen – und dann den Ball im
       Wasser nicht wieder zu finden, sich zu ärgern und den nächsten Fehler
       nachzuschieben.
       
       ## Ein 57er Châteauneuf-du-Putt
       
       Langers Spiel sei, sagt er selbst, „ein ganz anderes, als es die Jüngeren
       spielen.“ Auch Martin Kaymer, bei Langers erstem Triumph in Augusta noch in
       den Windeln, ist am Start, allerdings vorläufig zum letzten Mal. Denn nach
       seinem Sieg bei den US Open 2014 läuft die fünfjährige
       Masters-Teilnahmeberechtigung jetzt aus. Der ehemalige Weltranglistenerste
       ist seit drei Jahren in der Krise und bis auf Platz 190 der Weltrangliste
       abgestürzt.
       
       Unter den Buchmachern gelten Dustin Johnson, Rory McIlroy, der derzeig
       knapp Ranglistenerste Justin Rose aus England, qua Existenz Tiger Woods und
       der Vorjahressieger Patrick Reed als Favoriten. Reed, 28, der
       pausbäckig-überwichtige Texaner, hat für das traditionelle Championsdinner
       am Mittwochabend ein monströses Barbecue mit Rib-Eye-Steaks, Cheeseburgern
       und Rahmspinat versprochen. „Ein wenig mästen“ wolle er die Konkurrenz,
       teilte er mit.
       
       Bernhard Langer dürfte mit ausgewogener Vollwertkost gekontert haben.
       Alkohol meidet er, kennt sich aber aus: „Ich bin wie Rotwein, mit dem Alter
       wird er immer besser.“ Ein 57er Châteauneuf-du-Putt.
       
       10 Apr 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Müllender
       
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