URI: 
       # taz.de -- Beschwerde gegen Racial Profiling: Erfolgreich durchgeklagt
       
       > Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs stärkt Opfer von polizeilicher
       > Diskriminierung. Nach einer Kontrolle klagte ein Berliner
       > Polizeikritiker.
       
   IMG Bild: Trotz Protest immer noch weit verbreitet: Racial Profiling
       
       Berlin taz | Vorwürfe von polizeilichem Racial Profiling sind so
       schwerwiegend, dass sie unabhängig untersucht werden müssen. Zu diesem
       Schluss kam der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in
       Straßburg in einem Verfahren, das der [1][Berliner Polizeikritiker Biplab
       Basu angestrengt hatte]. Im konkreten Fall wurde Deutschland verurteilt. Es
       ist das erste EGMR-Urteil zu [2][Racial-Profiling-Vorwürfen in
       Deutschland]. (Az.: 215/19)
       
       Konkret ging es um eine Zugfahrt von Prag nach Dresden im Juli 2012. Kurz
       nach der deutschen Grenze kontrollierte die Bundespolizei die Papiere von
       Basu und seiner Tochter. Er fragte den Polizisten, warum nur sie – als
       einzig schwarze Zuginsassen – kontrolliert werden. Der Polizist erwiderte,
       es handele sich um eine Stichprobenkontrolle, weil auf der Strecke häufig
       Zigaretten geschmuggelt werden.
       
       Basu beschwerte sich über die Kontrolle bei der Bundespolizei (BPol). Er
       habe sich stigmatisiert und gedemütigt gefühlt und sei deshalb monatelang
       nicht mehr mit dem Zug gefahren.
       
       Daraufhin fand eine interne Untersuchung durch die BPol-Direktion Pirna
       statt. Dort erklärte der Polizist, im Zug seien auch andere Fahrgäste
       kontrolliert worden, nicht nur Basu. Die BPol-Direktion prüfte, ob es schon
       früher Vorwürfe gegen den Polizisten gab und welche Trainingskurse er
       belegt hatte. Sie kam zum Schluss, dass es keine Hinweise auf rassistische
       Motive des Polizisten gebe.
       
       ## Untersuchung nicht ausreichend
       
       Nun klagte Basu beim Verwaltungsgericht Dresden, das 2013 die Klage jedoch
       als unzulässig ablehnte. Basu habe kein Feststellungsinteresse, ob die
       Polizei ihn allein aufgrund seiner Hautfarbe kontrolliert habe. Eine
       Ausweiskontrolle sei kein schwerwiegender Eingriff und in Grenznähe
       durchaus üblich. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen bestätigte die
       Entscheidung. Das Bundesverfassungsgericht lehnte eine
       Verfassungsbeschwerde 2018 ohne jede Begründung ab.
       
       Eine mit sieben Richter:innen besetzte Kammer des EGMR kam nun aber
       einstimmig zum Schluss, dass Deutschland die Rechte von Basu verletzt hat,
       weil sein Vorwurf einer Diskriminierung wegen der Hautfarbe nicht
       unabhängig untersucht wurde. Die BPol-Direktion Pirna sei die vorgesetzte
       Behörde der BPol-Inspektion Dresden, die die Kontrolle durchgeführt hatte,
       und daher nicht unabhängig. Das Verwaltungsgericht Dresden habe aus
       formalen Gründen eine inhaltliche Untersuchung unterlassen.
       
       Basu erhielt keine Entschädigung, weil er keine beantragt hatte.
       
       19 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Berater-ueber-rassistische-Polizeigewalt/!5671660
   DIR [2] /Betroffene-gegen-Racial-Profiling/!5843913
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Polizeigewalt
   DIR Racial Profiling
   DIR Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
   DIR Kriegsverbrechen
   DIR Wochenkommentar
   DIR Polizei Berlin
   DIR Innensenatorin Iris Spranger
   DIR Barbara Slowik
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Aktivist Biplab Basu ist tot: Unermüdlich und leidenschaftlich
       
       Zeit seines Lebens hat sich der Menschenrechtsaktivist gegen rassistische
       Polizeigewalt engagiert. Nun ist der Mitbegründer von Reachout gestorben.
       
   DIR Pläne für Gesetzesverschärfung: Kritik an Volksverhetzungsparagraf
       
       Die beschlossenen Regeln zur Verharmlosung von Kriegsverbrechen gehen zu
       weit, sagen Kritiker. Der Bundesrat muss noch dazu tagen.
       
   DIR Straßburger Urteil zu Racial Profiling: Von wegen geringfügig!
       
       Klare Ansage: Deutsche Gerichte müssen prüfen, wenn der Polizei vorgeworfen
       wird, dass sie Passant:innen nur wegen der Hautfarbe kontrolliert. ​
       
   DIR Racial Profiling im Görlitzer Park: Rassismus in Uniform
       
       Ein Strafbefehl gegen einen Schwarzen wegen unerlaubten Aufenthalts im
       Görli stellt sich als rassistische Polizeikontrolle heraus. Kein
       Einzelfall.
       
   DIR Rassismus-Studie Polizei Berlin: Innensenatorin sauer
       
       Bei einer Aussprache über die Polizei-Rassismusstudie gerät Iris Spranger
       (SPD) besonders gegen den Linkenpolitiker Ferat Kocak (Linke) in Rage.
       
   DIR Rassismus bei der Berliner Polizei: Brennpunkteinheit im Fokus
       
       Ermittlungen in Berlins zentraler Brennpunkteinheit gegen zwei Polizisten:
       Es geht um Vorwürfe wie Volksverhetzung. Einer der beiden wurde versetzt.