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       # taz.de -- Bidens Positionierung gegenüber Putin: Die Killer-Kommunikation
       
       > Das vermurkste Verhältnis zwischen Washington und Moskau ist durch Bidens
       > Äußerung um ein Wort reicher. Für eine Annäherung ist das mörderisch.
       
   IMG Bild: US-Präsident Joe Biden bezeichnete Wladimir Putin in einem TV-Interview als Mörder
       
       Ein US-Präsident, ein Fernseh-Interview – und dieses eine Wort: „killer“.
       Mörder. Vor vier Jahren hatte es das schon einmal gegeben. Nur saß damals
       Donald Trump in einem Fernsehstudio und sprach von vielen Mördern auf der
       Welt. Heute ist Joe Biden US-Präsident, seit bald 60 Tagen, und ja, sagt
       er, er halte Russlands Präsidenten Wladimir Putin für einen Mörder. Das
       klingt fast beiläufig – hat aber eine enorme Wucht.
       
       Moskau wütet, man gibt sich gekränkt, auch wenn man „nicht wortreich“ auf
       die Verbalattacke aus den USA eingehen wolle, wie es aus dem Kreml heißt.
       Die Ansage Washingtons ist in Moskau angekommen: Das
       [1][russisch-amerikanische Verhältnis] ist hinüber. Schuld daran sind, für
       die Russen ganz klar, die USA. So sieht die Sackgasse aus, die ein kurzes
       Wort bewirkt.
       
       In [2][russischen Oppositionskreisen] schlägt Biden große Bewunderung
       entgegen. Endlich mal einer, der die Wahrheit ausspreche. Das Problem ist
       aber: Wie will einer, der auf Zusammenarbeit setzt, mit einem „Mörder“
       zusammenarbeiten?
       
       Das russische Narrativ, der Westen sei verrückt geworden und pflege nicht
       einmal mehr den Anstand, wird dadurch genährt. „Wie du mich nennst, so
       heißt du selbst“, schleudert Putin Biden entgegen. In Russland ist das ein
       von Kindern gern gebrauchter Spruch.
       
       Auf Kooperation ist Moskau nach der öffentlichen Anprangerung und den
       US-Sanktionen ohnehin längst nicht mehr aus. Bidens Ziel, Moskau Grenzen
       aufzuzeigen, ist hochriskant. Er ist dieses Risiko eingegangen. Den Preis
       aber muss nicht Putin zahlen, wie Biden in seinem Interview prophezeit hat,
       den zahlen die Bürger*innen beider Länder.
       
       Der Auftritt Bidens nutzt hingegen zwei Menschen: Dem US-Präsidenten
       selbst, genauso wie auch seinem russischen Amtskollegen. Biden kann sich
       als aufrechter Gegenentwurf zu Trump geben, Putin mit dem Finger auf den
       Westen zeigen und so die Mär, dieser tue alles, um Russland in die Knie zu
       zwingen, weitererzählen.
       
       Nach innen sind also beide Präsidenten gestärkt. Geopfert aber werden
       Beziehungen, ohne die die Welt nicht kann.
       
       18 Mar 2021
       
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