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       # taz.de -- Bildungsversprechen der Groko: Mehr Geld für die frühe Bildung
       
       > Union und SPD wollen Kitas in sozial benachteiligten Lagen stärken und so
       > langfristig Schulabbrüche vermeiden. Kann das klappen?
       
   IMG Bild: Union und SPD wollen in Kitas investieren. Die Frage ist: Wie viel?
       
       Berlin taz | Am Donnerstag beginnen die Koalitionsverhandlungen zwischen
       Union und SPD. Eines der unstrittigen Themen dürfte dabei das
       Bildungsversprechen sein, auf das sich die Sondierer:innen verständigt
       haben. „Wir werden die Anzahl der Schulabbrecher deutlich reduzieren“,
       heißt es [1][in dem Sondierungspapier].
       
       CDU, CSU und SPD adressieren damit ein seit Jahren ungelöstes Problem:
       Trotz steigender Bildungsausgaben verlassen in Deutschland Jahr für Jahr
       rund 50.000 Jugendliche die Schule ohne Abschluss. Die Quote der
       Abgänger:innen lag damit bei zuletzt 12,8 Prozent – [2][nur in zwei
       EU-Ländern, Rumänien und Spanien, war sie noch höher].
       
       Um das Problem endlich in den Griff zu kriegen, setzen Union und SPD nun
       auf gezielte Förderung im Vorschulalter – eine Strategie, die im jüngsten
       Nationalen Bildungsbericht dringend empfohlen wird, um die gravierenden
       Leistungsunterschiede zwischen privilegierten und benachteiligten
       Schüler:innen zu minimieren. „Die ersten sechs Lebensjahre sind hier
       entscheidend“, sagt der Bildungsforscher Kai Maaz der taz. Für die Schulen
       könne es nur von Vorteil sein, wenn soziale Unterschiede schon an Kitas
       minimiert würden.
       
       Konkret wollen Christ- und Sozialdemokraten neben mehr verbindlicher
       Frühdiagnostik das von der Ampel eingestampfte Bundesprogramm „Sprachkitas“
       neu beleben sowie das „Startchancenprogramm“ auf die Kitas ausweiten. Beide
       Programme haben einen guten Ruf: Die „Sprachkitas“ wurden 2016 (von der
       Groko) aufgelegt, um Kitas mit einem hohen Anteil an Kindern mit
       Sprachförderbedarf zu unterstützen. Im Sommer 2023 lief das Programm
       [3][trotz großen Protestes] aus. Aktuell führen die meisten Bundesländer
       die Förderung aus eigener Tasche fort.
       
       ## Lob selbst von den Linken
       
       Das „Startchancenprogramm“ ist einer der wenigen Erfolge der
       Ampel-Regierung: Bundesweit erhalten darüber bis zu 4.000 Schulen in sozial
       benachteiligter Lage zusätzliches Personal, Geld sowie Beratung in der
       Schulentwicklung. Erstmals bei einem Bund-Länder-Programm werden die Mittel
       dabei auch nach sozialen Kriterien vergeben.
       
       Entsprechend positiv fallen die Reaktionen auf die Pläne von Union und SPD
       aus: „Wir dürfen mit der Verbesserung der Chancengleichheit nicht erst in
       der Schule anfangen, sondern es muss schon viel früher sein, eben in der
       Kita“, sagt die Präsidentin der Bildungsministerkonferenz Simone Oldenburg
       (Linkspartei) auf taz-Anfrage. Daher begrüße sie das „Startchancenprogramm“
       für die Kita. Passend dazu wollten sich die Bildungsminister:innen
       kommende Woche über bessere Übergänge zwischen Kita und Grundschule
       austauschen.
       
       Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD), die für
       ihre Partei bei den Koalitionsverhandlungen dabei ist, lobt vor allem „die
       Erkenntnis, dass Kitas ebenso wie die Schulen immer bunter und vielfältiger
       werden, dass die Voraussetzungen, die Kinder von zu Hause mitbringen, immer
       unterschiedlicher werden“.
       
       Anja Bensinger-Stolze, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und
       Wissenschaft (GEW), bezeichnet die Pläne von Union und SPD zwar als einen
       Schritt in die richtige Richtung. Sie bezweifelt aber, dass sie ausreichen,
       um die hohe Zahl der Schulabbrecher:innen spürbar zu senken. „Dafür
       müssen auch die Unterstützungssysteme an Schulen besser werden“, sagt
       Bensinger-Stolze zur taz. Noch immer gäbe es viel zu wenige
       Psycholog:innen oder Sozialarbeiter:innen an Schulen.
       
       Woher kommt das Geld? 
       
       Um gleiche Chancen für alle sicherzustellen, dürften Schüler:innen vor
       allem nicht schon nach der vierten Klasse getrennt werden, wie es in fast
       allen Bundesländern der Fall ist. „Ohne längeres gemeinsames Lernen bis
       Klasse zehn nehmen wir ihnen diese Chance“, so Bensinger-Stolze. Und
       natürlich sei auch noch gar nicht klar, wie viel Geld den möglichen
       Koalitionären ihre Bildungsversprechen wert sind.
       
       Dazu haben Union und SPD vor dem Start der Koalitionsverhandlungen noch
       keine Aussage getroffen. Karin Prien, CDU-Bildungsministerin von
       Schleswig-Holstein und Verhandlerin ihrer Partei in der Gruppe Bildung,
       Forschung und Innovation, bittet auf Anfrage um Verständnis, „dass ich
       unseren Gesprächen nicht vorgreifen will“.
       
       Einen Vorschlag, wie eine ausreichende Finanzierung sichergestellt würde,
       haben am Mittwoch 16 zivilgesellschaftliche Organisationen unterbreitet. In
       einem [4][offenen Brief erinnern sie die SPD-Spitze] an das
       Wahlversprechen, Superreiche zu besteuern. Für Zukunftsinvestitionen in
       Klimaschutz, Bildung und öffentliche Infrastruktur seien jährlich
       mindestens 60 Milliarden Euro notwendig, fordert das Bündnis – also mehr
       als das geplante Sondervermögen bereitstellen würde.
       
       13 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Sonstiges/20250308_Sondierungspapier_CDU_CSU_SPD.pdf
   DIR [2] https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/sdg_04_10/default/table?lang=de&category=t_educ.t_educ_outc
   DIR [3] /Ende-des-Bundesprogramms-Sprachkitas/!5876319
   DIR [4] https://preview.mailerlite.com/x2a2x6d0z4/2698596871412127706/w8a4/txt/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Pauli
       
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