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       # taz.de -- Biodiversitäts-COP in Cali startet: Nach den Zielen ist vor den Maßnahmen
       
       > In sechs Jahren sollen 30 Prozent der Erde unter Naturschutz stehen. Die
       > Biodiversitäts-COP in Cali verhandelt ab Montag, wie das gehen soll.
       
   IMG Bild: Ausstellung über bedrohte Tierarten in der grünen Zone, einen Tag vor Beginn der 16. UN-Konferenz zur biologischen Vielfalt (COP16)
       
       BERLIN taz | Ab Montag soll es konkret werden in Kolumbien. Zwei Wochen
       lang verhandeln die 196 Vertragsstaaten der UN-Konvention über Biologische
       Vielfalt (CBD) darüber, wie Gewässer sauber, Böden fruchtbar und Wälder
       gesund bleiben oder wieder werden können. Sie beraten darüber, [1][wie sie
       die Ziele, die sie auf ihrem Gipfel vor zwei Jahren in Montreal beschlossen
       hatten,] nun umsetzen. Dabei geht es auf der COP 16 (der 16. Conference of
       the Parties) um nichts weniger als um die Rettung unserer Lebensgrundlagen
       und den Stopp des Artensterbens.
       
       Die Delegationen tagen in Cali, einer Millionenstadt im Südwesten
       Kolumbiens, berühmt für die vielen Vogelarten, die zum Teil nur hier leben.
       So haben die Verhandlungsteilnehmer gleich vor Augen, worum es geht:
       Lebensräume sichern, Ökosysteme schützen, und dafür sorgen, dass alle
       Menschen einen gerechten Zugang zum Reichtum der Natur haben.
       
       Die Ziele sind klar und wurden von den Staaten auf der COP 15 in Montreal
       unter Applaus der Naturschutzszene beschlossen. Bis 2030 sollten 30 Prozent
       der Flächen auf dem Meer und an Land unter effektivem Naturschutz stehen;
       die Belastungen durch Pestizide sollten im gleichen Zeitraum halbiert und
       für eine ausreichende Finanzierung für Naturschutz im besonders
       artenreichen Globalen Süden gesorgt werden, wobei die Rechte indigener
       Bevölkerungen zu achten sind.
       
       Zu diesen Zielen von Montreal sind inzwischen weitere gekommen. So hat die
       UN mit dem BBNJ-Abkommen einen ambitionierten Vertrag zum Schutz der
       Ressourcen des Meeres auf Hoher See beschlossen. Experten hoffen, dass BBNJ
       das Abkommen zur biologischen Vielfalt verstärkt und in Cali Maßnahmen
       beschlossen werden, um effektiv geschützte Gebiete vor allem im südlichen
       Polarmeer einzurichten.
       
       Die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke nennt die Verhandlungen
       folgerichtig eine „Umsetzungs-COP“. Auf die Ziele von Montreal müsse ein
       „Regelwerk zur Überprüfung der Fortschritte“ folgen, so Lemke, es brauche
       wissenschaftlich erarbeitete, messbare Indikatoren. Besonderen Wert legt
       die Grünenpolitikerin darauf, die UN-Konventionen zum Schutz des Klimas und
       der Biodiversität zu verknüpfen. „Beide Krisen können nur gemeinsam gelöst
       werden“, sagt Lemke.
       
       ## Nur wenige Staaten haben geliefert
       
       [2][Zu Hause verfolgt sie diesen Ansatz] mit dem 3,5 Milliarden Euro
       schweren „Aktionsplan Natürlicher Klimaschutz“. Die Mittel sollen Projekte
       wie die Vernässung von Mooren finanzieren oder Landwirte bei der
       Anschaffung bodenschonender Geräte unterstützen. Der ANK gilt in der
       Naturschutzszene als grandioser Erfolg der Grünen Umweltministerin in der
       an Erfolgen armen Ampelkoalition. Ihre Kabinettskollegen aber dazu zu
       bewegen, auch der Biodiversitätsstrategie zuzustimmen, gelang ihr nicht.
       
       Dabei hatte sich Deutschland in Montreal verpflichtet, innerhalb von zwei
       Jahren in einer solchen Strategie darzulegen, in welchen Schritten, nach
       welchen Kriterien und mit welchem Geld das Land etwa seine Schutzgebiete
       künftig einrichten und managen will. Bislang haben nur wenige der 196
       Vertragsstaaten solche Aktionspläne vorgelegt. Umweltorganisationen wie der
       WWF fordern denn auch „mehr politischen Willen vor allem von den
       Industriestaaten“, um den Verlust der Arten und Ökosysteme zu stoppen und
       umzukehren.
       
       Hart verhandeln werden die Staaten auch, wie künftig digitale Informationen
       über Erbgut genutzt werden dürfen. Mussten früher bestimmte Eigenschaften,
       etwa von Heilpflanzen, mühsam durch die Sequenzierung von Genmaterial der
       Pflanze ermittelt werden, liegen heute solche Informationen digitalisiert
       in Datenbanken.
       
       Von den sogenannten [3][Digitalen Sequenzinformationen (DSI)] erhoffen sich
       Wissenschaftler:innen eine schnellere und effizientere Forschung,
       Unternehmen wittern Geschäftsmodelle. Regierungen des Globalen Südens
       pochen darauf, dass gerade die biologische Vielfalt ihrer Länder DSI
       liefert, und fordern daher einen Anteil an wissenschaftlicher Erkenntnis
       und Unternehmensgewinnen. Auch für DSI gilt: Während die
       Interessenkonflikte auf den vergangenen COPs beschrieben wurden, erhoffen
       sich die Beteiligten in Cali Lösungen.
       
       20 Oct 2024
       
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