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       # taz.de -- Blockadeaktion an Springer-Druckerei: Neue Generation – alter Gegner
       
       > Die Neue Generation startet eine Kampagne gegen den Springer-Konzern.
       > Doch die Blockade einer Druckerei in Berlin kann die Polizei verhindern.
       
   IMG Bild: Die Neue Generation bei ihrem Protest vor der Druckerei des Axel-Springer-Verlages in Berlin
       
       Berlin taz | Etwa 20 Personen laufen am Sonntagabend kurz nach 22 Uhr den
       Gehweg des spärlich beleuchteten Brunsbütteler Damms in Berlin-Spandau
       herunter. Plötzlich verlangsamen zwei Fahrzeuge neben ihnen die Fahrt. Aus
       der Gruppe löst sich ein Mann und legt sich halb auf die Motorhaube eines
       der Autos. Doch es nützt nichts mehr: Zivil gekleidete Polizeibeamte
       springen heraus, sie rufen: „Polizei! Stehen bleiben!“
       
       Die Gruppe, Aktivist:innen der Neuen Generation, versuchen dennoch zur
       Einfahrt eines großen Betriebsgeländes vorzustoßen – es ist das Druckhaus
       Spandau, Druckerei des Axel-Springer-Konzerns. Einige versuchen im Sprint
       vorzustoßen, andere bleiben in dem Trubel, eingeschüchtert von aggressiven
       Rufen der Beamten, zurück. Polizisten schubsen Menschen umher und zerren
       jene zur Seite, die sich auf den Boden setzen. Aus einem Miet-Van werden
       Schilder und orangefarbene Klappstühle ausgeladen, dann unterbinden
       Polizisten auch das.
       
       Als nur wenige Minuten später eine Hundertschaft hinzustößt, beruhigt sich
       die Situation. Der Polizei, die offenbar auch bereits auf dem
       Druckerei-Gelände wartete, ist es gelungen, die Toreinfahrt freizuhalten.
       Etwa 30 Aktivist:innen sitzen nun vor einer Parkplatzeinfahrt nur
       wenige Meter daneben, einige bereits mit Handschellen. Weiße Lieferwagen
       fahren nur wenige Meter von ihnen entfernt vom Gelände, vermutlich mit
       druckfrischen Ausgaben der Springer-Blätter Bild und B.Z.
       
       Für die Neue Generation, eine der beiden Nachfolgegruppen der Letzten
       Generation, sollte die Blockade der Auftakt einer „Protestwelle“ gegen den
       Springer-Konzern sein. Aus der Gruppe der festgesetzten Aktivist:innen
       ruft [1][Raphael Thelen], einer ihrer prominentesten Gesichter, in die
       Blaulicht-beleuchtete Nacht: „Ich bin hier, um für eine freie Presse zu
       demonstrieren. Eine Presse ohne Milliardäre.“ Und kurz darauf: „Die
       Springer-Presse ist die Kettensäge, die unsere Gesellschaft zerstört.“
       
       In der unübersichtlichen Situation des Blockadeversuchs wurden derweil auch
       Pressevertreter:innen von der Polizei rüde angegangen, dem Autor
       zwischenzeitlich das Handy entrissen. Später landet er in einer
       polizeilichen Maßnahme, ebenfalls kurzzeitig mit Handfessel – 10 Minuten
       darauf ist der Journalistenstatus dann aber überprüft.
       
       ## Es geht um Demokratie
       
       Die Neue Generation hatte sich am Wochenende [2][vor dem Reichstag zum
       „Parlament der Menschen“ versammelt], um „Prinzipien für eine neue
       Generation der Demokratie“ zu erarbeiten. Eine der Leitfragen dabei lautet:
       „Wie drängen wir den Einfluss von Geld auf unsere Demokratie und
       Gesellschaft zurück?“ Den Debatten lässt die Gruppe nun Taten folgen. Noch
       am Nachmittag klebten sie sich im Deutschen Historischen Museum fest und
       stellten dabei die Frage, „welchen Weg wir jetzt einschlagen wollen –
       faschistische Machtübernahme oder friedliche demokratische Revolution?“
       
       Die Kampagne gegen den Springer-Konzern hatte die Neue Generation Mitte Mai
       in einem Brief an Konzern-Eigentümer Matthias Döpfner angekündigt. In dem
       von Raphael Thelen unterschriebenen Brief wird die Bild für ihren Anteil an
       der gesellschaftlichen Spaltung, dem Aufstieg der AfD und dem
       Vertrauensverlust in demokratische Institutionen kritisiert.
       
       Vorgeworfen wird dem Konzern etwa die Kampagne gegen das Heizungsgesetz;
       verbunden mit dem Verdacht, dass der bisherige Hauptaktionär, die
       Investmentgesellschaft KKR, die viel Geld in fossilen Energieträgern
       angelegt hat, auf die Berichterstattung Einfluss genommen habe. Ebenso wird
       erwähnt, [3][wie Döpfner persönlich versucht hatte, eine positive
       Berichterstattung der Bild für die FDP zu bewirken]. „In Summe befürchten
       wir, dass dieses Verhalten unsere Gesellschaft spaltet, den Kampf gegen die
       Klimakatastrophe hemmt und zu weniger Verteilungsgerechtigkeit führt“, so
       das Fazit des Briefes.
       
       ## Kampagne „Enteignet Springer“
       
       Die Kampagne der Neuen Generation hat ein historisches Vorbild: 1967 hatte
       der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) die Kampagne „Enteignet
       Springer“ beschlossen und damit unter anderem auf die [4][Berichterstattung
       der Bild-Zeitung nach der Erschießung Benno Ohnesorgs] bei der
       Demonstration gegen den Schah-Besuch am 2. Juni durch einen Kripobeamten
       reagiert. Die Neue Generation startete ihre Kampagne nun ebenfalls in der
       Nacht auf den 2. Juni – 58 Jahre danach.
       
       Damals eskalierte der Protest an den Ostertagen 1968 nach dem Attentat auf
       Rudi Dutschke, das zuvor von der Bild geradezu herbeigeschrieben worden
       war. Demonstrant:innen versuchten daraufhin in allen Großstädten der
       Bundesrepublik die Auslieferung der Bild-Zeitung an einem Tag zu
       verhindern. Dabei kam es teils zu großen Straßenschlachten.
       
       Ähnliche Szenarien sind heute nicht mehr zu erwarten, die Neue Generation
       hat sich absoluter Gewaltfreiheit verschrieben.
       
       2 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Raphael-Thelen-ueber-Aktivismus/!5992672
   DIR [2] /Neue-Generation-startet-neue-Proteste/!6091110
   DIR [3] /Doepfners-Einfluss-auf-die-Pressefreiheit/!5926536
   DIR [4] /Die-Medien-nach-Ohnesorg/!5404138
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
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