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       # taz.de -- Brände in Los Angeles: Das Feuer der Resignation
       
       > Unser Mitgefühl gilt allen, die in L. A. gerade durch die
       > Brandkatastrophe Schaden nehmen. Doch auch müssen die Schuldigen jetzt
       > klar benannt werden.
       
   IMG Bild: Verbranntes Wohnhaus im Stadtteil Pacific Palisades von Los Angeles
       
       Es sind Bilder vollkommener Zerstörung. Wo einst Häuser standen, liegt
       jetzt nur noch Schutt, der Menschen unter sich begräbt: Bei einem
       [1][Erdbeben in Tibet] sind am Dienstag mindestens 126 Menschen gestorben,
       rund 4000 Häuser wurden zerstört. Die Suche nach Überlebenden und Leichen
       gestaltet sich bei Temperaturen von minus 14 Grad Celsius schwierig. Am
       gleichen Tag haben [2][Waldbrände nahe Los Angeles] die Metropole optisch
       in einen Horrorfilm verwandelt. Auch hier liegen Straßenzüge in Schutt und
       Asche, mindestens 2000 Häuser sind zerstört und fünf Menschen haben ihr
       Leben verloren.
       
       Es sind beides grauenvolle Nachrichten, die apokalyptische Bilder
       hervorbringen. Doch während das eine Ereignis lediglich als Randnotiz
       wahrgenommen wird, ist das andere eine Top-Meldung, die nicht nur Soziale
       Medien und Nachrichtensendungen bestimmt, sondern jetzt schon international
       auf enorme Spendenbereitschaft trifft.
       
       Debatten darüber, welche Katastrophen wie viel Aufmerksamkeit erfahren,
       sind immer etwas leidlich. Uns berührt eben mehr, was uns nahe ist – nicht
       geografisch, sondern emotional. Und Los Angeles gilt noch immer für viele
       als Sehnsuchtsort. Viele waren schon da, sorgen sich jetzt um Freund_innen
       oder Bekannte vor Ort. Oder sie verfolgen in Sozialen Medien wie
       Wahrzeichen von Feuermassen verschluckt werden, wie Bill Kaulitz sich
       gerade noch rechtzeitig mit seinen Louis-Vuitton-Taschen evakuieren konnte.
       
       ## Prunkvolle Villen
       
       Man kann es grausam finden, dass bei Instagram nun abgebrannten Restaurants
       und Supermärkten hinterher getrauert wird, deutsche Politiker_innen von
       einer „kulturellen Katastrophe“, sprechen, wenn das Thomas-Mann-Haus und
       die [3][Villa Aurora] bedroht sind oder millionenfach Videos geteilt
       werden, in denen Pferde aus dem Feuer geführt werden – und gleichzeitig die
       Toten in Tibet nicht einmal ein Achselzucken hervorrufen.
       
       Doch man kann diese Perversion unserer Gesellschaft – dass uns das Leben
       der Superreichen in Pacific Palisades und in den Hollywood Hills eben näher
       geht als das der Menschen in Tibet – auch für einen Moment hinnehmen und
       sich diesen Zustand im Kampf gegen die Klimakrise zu nutze machen.
       
       Die Ursachen für die vielleicht schlimmsten Brände, die L.A. je erlebt hat,
       sind noch nicht geklärt. Meist sind private Feuer die Auslöser, die für die
       Jahreszeit typischen trockenen Santa-Ana-Winde haben die Ausbreitung
       beschleunigt. Doch klar ist dank zahlreicher Studien: Die Klimakrise mit
       ihrer zunehmenden Hitze und anhaltenden Dürre war in den letzten Jahren der
       Hauptgrund für die Waldbrände in Kalifornien.
       
       Nur scheint die Bekämpfung dieser in letzter Zeit kaum jemanden zu
       interessieren: Die Menschen wirken resigniert. Nur wenn es brennt, dann
       schrecken sie kurz auf: [4][Da war doch was!] Und wenn es dann auch noch
       prunkvolle Villen sind, die brennen, und berühmte Menschen sind, die
       fliehen müssen, dann hält dieser Schreckensmoment sogar etwas länger an.
       
       ## Das Momentum nutzen
       
       Diesen Moment gilt es zu nutzen, um über das zu sprechen, was besprochen
       werden muss. Denn wenn tausende Menschen ihre (wenn auch gut versicherten)
       Häuser verlieren, Feuerwehrmenschen Tag und Nacht im Einsatz sind und
       einige ihr Leben verlieren, dann passiert das nicht einfach so. Es ist
       keine unverhinderbare Katastrophe, der wir machtlos gegenüber stehen. Es
       gibt Schuldige und die gehören klar benannt.
       
       Zu den Treiber_innen der Klimakrise gehören die Superreichen mit ihren
       ausufernden Lebensstilen. Aber natürlich auch (fossile) Unternehmen, die
       ihren Profit auf Kosten der Erde machen. Und die Politik, die dem keinen
       Einhalt gebietet. Doch so richtig aus der Affäre ziehen, darf sich niemand:
       Denn die Politiker_innen werden gewählt, die Produkte der Unternehmen
       konsumiert. Verantwortlich, dass die Klimakrise sich nicht weiter zuspitzt,
       sind wir alle.
       
       Es ist in Ordnung zu trauern, sich zu sorgen – auch um Pferde, Supermärkte,
       prunkvolle Villen und reiche Menschen. Doch schön wäre es, wenn das
       internationale Mitgefühl hier nicht stehen bleibt, sondern auch wenn die
       Feuer gelöscht sind, die Klimakrise nicht aus dem Auge verliert. Zumindest
       bis zur nächsten Wahl, damit nicht noch mehr faschistische
       Klimaleugner_innen an die Macht kommen.
       
       9 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
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