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       # taz.de -- Buch „Krieg der Medien“: Auf in die Schlacht gegen Dark Tech
       
       > In seinem Buch „Krieg der Medien“ rechnet Medienwissenschaftler Martin
       > Andree ab: mit Big Tech, Populisten und digitalem Phlegmatismus in
       > Europa.
       
   IMG Bild: Hat sich einen Social-Media-Kanal gekauft und bestimmt dort, was Wahrheit ist: Elon Musk
       
       Elon Musk will den rechtsextremen Megatroll Tommy Robinson begnadigen
       lassen. Die Tech-Oligarchen aus dem Silicon Valley verbünden sich offen mit
       Donald Trump.
       
       Und Alice Weidel lobt öffentlich Adolf Hitler – befeuert vom
       algorithmischen Soundtrack auf X. Willkommen im „Krieg der Medien“, den der
       Medienwissenschaftler Martin Andree in seinem furiosen Buch beschreibt.
       Darin kritisiert der Kölner Medienwissenschaftler die Übermacht
       US-amerikanischer Tech-Konzerne auf unsere Mediennutzung und die Qualität
       der Diskurse.
       
       Andree kritisiert die Firmen des „Dark Tech“ – ein Begriff, den er in
       seinem Buch ganze 184 Mal verwendet. Dieser steht für Technologien, die im
       Verborgenen agieren, unreguliert, intransparent, oft mit destruktiven
       gesellschaftlichen Folgen.
       
       Sie passen in das Gesamtbild einer düsteren Medienzukunft: Neuere
       Recherchen belegen, dass der milliardenschwere Investor und Trump-Flüsterer
       [1][Peter Thiel], Mitgründer der Überwachungssoftware [2][Palantir],
       direkte Verbindungen zu den MAGA-Republikanern unterhält und damit zu den
       zentralen Drahtziehern eines politischen Netzwerks zählt, das Dark Tech
       nicht nur maßgeblich finanziert, sondern strategisch vorantreibt. Die
       Plattformlogik ist kein Nebenprodukt, sondern das Machtinstrument einer
       neuen Rechten, die Technologie als Waffe gegen die liberale Demokratie
       nutzt.
       
       ## Verhaltensmanipulation
       
       Prägnant beschreibt Andree das „riesige Täuschungsmanöver“ der
       „Dark-Tech-Bros“ und „Zombie-Konzerne“, die mit dem Versprechen von
       Befreiung bei ihren Nutzenden genau das Gegenteil erreichen wollen. Sie
       sollen „für immer eingesperrt und von ihnen kontrolliert werden“, schreibt
       Andree. Die angebliche Erlösung durch Technologie bedeute nichts anderes
       als algorithmisch gesteuerte Verhaltensmanipulation: „Im Krieg um die
       Medien gewinnen gerade die Dark-Tech-Konzerne. Im Krieg in den Medien sind
       an allen Fronten die Populisten auf dem Vormarsch“, so Andree.
       
       Und nun werde sichtbar, dass sich beide Bewegungen strategisch miteinander
       auf gefährliche Weise synchronisieren – unter dem Vorwand der „unzensierten
       Meinungsfreiheit“, als Gegenerzählung zum sogenannten „Systemjournalismus“,
       den nicht nur Trump und seine Truppen, sondern auch die Weidels und Höckes
       in unseren Sphären verbreiten.
       
       Andree kämpft seit Jahren gegen diese Machtkonzentration im Netz. Nach
       seinem Bestseller „[3][Big Tech muss weg]!“ von 2023 schlägt er jetzt
       erneut Alarm – mit Herzblut, Sachverstand und der Wut im Bauch eines
       Mannes, der sich in Interviews und auf den Podien dieser Republik den Mund
       bereits fusselig geredet hat. „Krieg der Medien“ ist ein Buchtitel, der
       bewusst so plakativ klingen soll wie ein Hollywood-Blockbuster. Das Buch
       ist daher keine neutrale Analyse eines Wissenschaftlers, sondern ein
       kämpferisches Manifest.
       
       ## Eine Utopie fehlt
       
       Der Notruf des 52-jährigen Andree könnte klarer kaum sein, schließlich geht
       es ums große Ganze: Im Angesicht von Big-Tech-Autokratie, Populismus und KI
       drohen nicht nur unsere demokratischen Strukturen zu verwahrlosen. Die
       Demokratie hat ihre digitale Souveränität eingebüßt – und kaum jemand
       scheint es zu merken. Dabei agiert Andree hier weder als Kulturpessimist
       noch als Romantiker analoger Medienkultur.
       
       Er analysiert hart, mitunter alarmistisch, wie sich Öffentlichkeit unter
       der fortdauernden digitalen Knechtschaft transformiert – und warum sie uns
       entgleitet, wenn wir ihre Gestaltung nicht (endlich) selbst in die Hand
       nehmen. Was fehlt, sagt er, sei eine echte Vision: eine Utopie, wie eine
       digitale Medienwelt jenseits von Desinformation, Aufmerksamkeitsökonomie
       und Mediensucht aussehen kann.
       
       Für den selbst ernannten Widerstandskämpfer Andree ist die komplette
       Resignation jedenfalls keine Option. „Unsere Demokratie kippt – ihre Feinde
       werden immer stärker und dreister“, sagt Andree gegenüber der taz. „Noch
       können wir uns wehren und die freien Medien retten. Wenn wir es nicht tun,
       haben wir bald amerikanische Verhältnisse in Deutschland und Europa.“
       
       Nach Andrees Vorstellung brauchen wir eine digitale Öffentlichkeit, die
       nicht durch Reichweite, sondern durch Relevanz glänzt. Eine, in der nicht
       Plattformen die Regeln bestimmen, sondern demokratisch verhandelte Werte.
       Eine, die das Gemeinwohl im Blick hat, nicht die Gewinnmaximierung
       einzelner Profiteure. Und eine, in der wir dem etablierten Journalismus
       nicht beim Sterben zusehen, sondern ihn immunisieren gegen die
       Zerstörungswut der digitalen Monopole.
       
       In der medienwissenschaftlichen Community, die nur selten in die Offensive
       geht, ist Andrees beunruhigende wie wohl polemische Streitschrift die
       Ausnahme. Sie zeigt, warum fundierte Medienkritik angebrachter ist denn je.
       Wer den „Krieg der Medien“ nachvollzieht, kann hinterher nicht sagen, er
       habe von alledem nichts gewusst. Doch so scharf Andree wachrüttelt: Eine
       konkrete Idee bleibt auch er schuldig, wie dieser Krieg nun gewonnen werden
       könnte. Was der Autor vorschlägt, ist nicht nur ambitioniert, sondern
       bleibt stellenweise vage.
       
       Ja, es braucht eine strenge Regulierung, gute Bildungsarbeit, außerdem
       starke öffentliche und staatliche Investitionen. Aber es braucht vor allem
       eines: den Mut und die Einsicht von uns allen, die Dinge zu ändern.
       
       Auch wenn sein Aufschrei gegen die Antidemokraten und Tech-Libertären wie
       ein Kampf gegen Windmühlen anmutet: Es gibt zwischen den beiden
       Extremszenarien totale Kapitulation (digitale Abhängigkeit) und militanter
       Aufstand (digitale Souveränität) nach wie vor einen schmalen Korridor, auf
       den auch immer wieder renommierte US-Technologiekritiker hinweisen.
       
       Ihre Message deckt sich mit Andrees Warnrufen: Den Aufbruch müssen wir alle
       selbst in Gang setzen – in Redaktionen, Klassenzimmern, Parlamenten und auf
       den Servern europäischer Plattformalternativen wie dem [4][Fediverse]. Wenn
       überhaupt, lässt sich der Krieg der Medien auf diese Weise befrieden. Uns
       bleibt als Gesellschaft vielleicht nur noch eine Galgenfrist von wenigen
       Jahren, um uns im Hinblick auf die perfiden Abhängigkeiten des
       Tech-Imperialismus zu positionieren: All in oder Game over?
       
       26 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.deutschlandfunk.de/die-peter-thiel-story-100.html
   DIR [2] /ARD-Doku/!6099626
   DIR [3] https://bigtechmussweg.de/
   DIR [4] /Das-koennen-die-Alternativen/!6071143/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stephan Weichert
       
       ## TAGS
       
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