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       # taz.de -- Buchmessenpreis an David Wagner: Weiterleben als Fiktion
       
       > „Den eigentlichen Preis habe ich schon bekommen.“ Das sagte David Wagner
       > in seiner Rede zur Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse. Ein
       > Favoritensieg.
       
   IMG Bild: Angemessenes gut gelaunt: David Wagner nach der Auszeichnung in Leipzig.
       
       Insgeheim hatten wohl alle mit dieser Wahl gerechnet. Eigentlich. Im
       Vorfeld der Entscheidung für den Preis der Leipziger Buchmesse 2013 fiel
       immer wieder der Name David Wagner, allerdings mit dem fast reflexhaften
       Nachschub, das sei im Grunde ja viel zu naheliegend, die Jury werde dieser
       unbotmäßigen Erwartbarkeit sicher mit einer überraschenderen Wahl
       entgegenwirken. Dazu hätte es bei dieser Nominierung für die Kategorie
       Belletristik einige Gelegenheit gegeben.
       
       Mit Anna Weidenholzer und Ralph Dohrmann standen zwei kaum bekannte
       Romandebütanten auf der Liste, auch die anderen beiden Kandidaten Lisa
       Kränzler und Birk Meinhardt gehören nicht unbedingt zu den geläufigsten
       Namen im Literaturbetrieb.
       
       Diese illustre Liste von routinefreien, zum Teil recht jungen Autoren –
       Weidenholzer ist Jahrgang 1984, Kränzler ein Jahr älter – machte die
       Verleihung aber gerade deshalb besonders spannend. Dass der Preisträger
       jetzt David Wagner heißt, ist so gesehen eine höchst angenehme
       Enttäuschung. Sein Buch „Leben“ – der einzige Beitrag, der nicht als
       „Roman“ klassifiziert ist – zählt zu den stärksten Büchern des Frühlings.
       
       Wagner protokolliert darin seine Lebertransplantation, die ihm das
       Weiterleben ermöglichte, in stark fiktionalisierter Form, zugleich schreckt
       er auch nicht vor sachlichen Schilderungen heftiger und lebensgefährlicher
       körperlicher Veränderungen zurück, die dem Eingriff vorangingen. Sogar für
       schwarzen Humor bietet „Leben“ einigen Raum. Die Jurorin Daniela Strigl
       lobte Wagners Buch in ihrer Laudatio als „ein sehr persönliches Album“.
       Wagner beherrsche „die Kunst der Aussparung“, so die
       Literaturwissenschaftlerin. Er nehme seine Leser mit sanfter Gewalt „mit
       auf eine Hadesfahrt mit Rückfahrkarte“.
       
       ## Dank an den Spender
       
       Wagner selbst erinnerte in seinen Dankesworten bescheiden an den Spender,
       der ihm mit seinem Tod das eigene Leben geschenkt habe: „Den eigentlichen
       Preis habe ich schon bekommen.“ Der Sachbuchpreis ging an den
       Literaturkritiker Helmut Böttiger für sein Buch „Die Gruppe 47. Als die
       deutsche Literatur Geschichte schrieb“. Juror Lothar Müller hob in der
       Laudatio hervor, dass Böttiger die Gruppe 47 „als Netzwerk, in dem Enge und
       Weite“ konkurrierten, rekonstruiere.
       
       Als Übersetzerin wurde Eva Hesse für ihre Übertragung von Ezra Pounds „Die
       Cantos“ geehrt. Hesse, die mit Ende 20 begann, Pound ins Deutsche zu
       übersetzen, arbeitete über 50 Jahre an dem Langgedicht, anfangs noch im
       Austausch mit Pound. Doch habe sie sich erfreulicherweise nicht an dessen
       Rat gehalten: „Verdammt, übersetzen Sie nicht, was ich geschrieben habe,
       sondern was ich schreiben wollte!“
       
       14 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tim Caspar Boehme
       
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