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       # taz.de -- Bürgerbeteiligung in der Endlagersuche: Atommüll zu vergeben
       
       > Bald gibt der Bund bekannt, welche Standorte als Atommüllendlager in
       > Frage kommen. Niedersachsen startet schon mal einen eigenen
       > Beteiligungsprozess.
       
   IMG Bild: Umweltminister Lies versucht sich für die anstehenden Debatten zu wappnen
       
       Hannover taz | Gorleben, Asse, Schacht Konrad – das Land Niedersachsen und
       seine Anti-Atom-Bewegung haben eine lange, konfliktreiche Geschichte. Die
       habe Spuren hinterlassen, sagt Landesbischof Ralf Meister, in der
       Gesellschaft und in der Politik. Genau deshalb, sagt der aktuelle
       Umweltminister Olaf Lies (SPD), aus dieser Erfahrung heraus, müsse
       Niedersachsen anders an die kommende Endlagerdebatte herangehen als andere
       Bundesländer.
       
       Dass diese Debatte über ein Endlager unaufhaltsam auf Niedersachsen
       zurollt, ist ziemlich klar: [1][Am 28. September werden die Gebiete]
       bekannt gegeben, die – aufgrund der ersten Auswertung der geologischen
       Daten – als Endlager infrage kommen könnten und näher untersucht werden
       sollen.
       
       Gesucht wird dabei nach größeren Vorkommen der sogenannten Wirtsgesteine
       Salz, Ton oder kristallinen Gesteinen wie Granit. Und es scheint völlig
       klar, dass Niedersachsen mit seinen großen Salz- und Tonvorkommen da ganz
       vorn auf der Liste stehen wird.
       
       Umweltminister Lies will sich nun offensichtlich lieber nicht auf den auf
       Bundesebene gesetzlich festgeschriebenen Beteiligungsprozess verlassen. Er
       installiert in Hannover sein eigenes „Begleitforum Endlagersuche“, zu
       dessen Auftaktveranstaltung nun Parteien, Jugendorganisationen, Kirchen und
       Umweltverbände eingeladen wurden.
       
       Landesbischof Meister, selbst einst Mitglied der Endlagerkommission, die
       den Prozess festgeschrieben hat, moderiert die Veranstaltung am
       Donnerstagnachmittag. Steffen Kanitz (CDU) erläutert als stellvertretender
       Geschäftsführer der [2][Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), wie das
       weitere Verfahren ist.]
       
       ## Bürgerinitiative kritisiert den Zeitplan
       
       Das Misstrauen sitzt allerdings tief. Elisabeth Hafner-Reckers von der BI
       Lüchow-Dannenberg weist prompt darauf hin, dass die Bürgerinitiative ja
       gerade erst mit Rechtsgutachten gegen den Zeitplan des
       Beteiligungsverfahrens zu Felde gezogen sei.
       
       Der Zeitplan sieht Mitte Oktober eine erste Fachkonferenz vor. Da erst am
       28. September in Berlin der Zwischenbericht mit den infrage kommenden
       Standorten vorgestellt wird, wäre das für eine ernsthafte inhaltliche
       Auseinandersetzung allerdings zu knapp gewesen. Vor allem wenn, wie auch
       Ulrich Mende als Geschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages kritisch
       anmerkt, die betroffenen Kommunen ihre Diskussionen ja auch erst einmal
       organisiert bekommen müssen.
       
       Aber so sei das ja gar nicht gemeint gewesen, versichert BGE-Mann Kanitz.
       Die geplante Fachtagung am 17. und 18. Oktober in Kassel diene ja nur der
       Information. Die entscheidenden Diskussionsprozesse sollen erst auf den
       Fachkonferenzen im Februar, April und Juni stattfinden, so Kanitz. Bei
       denen, bemerkt Hafner-Reckers kritisch, sei ja allerdings auch nicht so
       ganz klar, wer dort überhaupt mitreden dürfe und wie diese Ergebnisse dann
       gesichert und später berücksichtigt würden. Denn entscheiden würden immer
       noch Bundestag und Bundesrat.
       
       ## Rege Beteiligung gibt es oft erst bei konkreten Standorten
       
       Schon dieser kleine Disput lässt ahnen, wie hoch es erst hergehen wird,
       wenn dann tatsächlich Betroffenheiten im Spiel sein werden. Denn auch das
       sei eine Lektion aus den Erfahrungen in der Endlagerkommission, sagt
       Bischof Meister: Eine „enorme Ernüchterung“, was die
       Beteiligungsbereitschaft an dieser schon so lange währenden Endlagerdebatte
       angehe. Bis es eben um konkrete Standorte gehe, womöglich vor der eigenen
       Haustür.
       
       Aber immerhin, sagt Lies an anderer Stelle, sei doch die Tatsache, dass es
       überhaupt so ein Beteiligungsverfahren gebe, auch eine Frucht des langen
       Widerstands im Wendland und anderswo. Die Debatte wird er jedenfalls
       weiterführen müssen – mindestens drei weitere Regionalkonferenzen schweben
       ihm vor –, wenn denn erst einmal heraus ist, welche Regionen es nun treffen
       wird. Er könne sich auch vorstellen, entsprechende Foren und Initiativen
       der betroffenen Bürger und Bürgerinnen finanziell zu fördern.
       
       Fraglich ist noch, ob es bei dieser Debatte nun einen Generationenwechsel
       geben wird. Lies spricht davon, diejenigen einbeziehen zu wollen, die eine
       Endlagerentscheidung dann im Jahr 2050 oder später auszuführen haben
       werden. Kanitz, selbst Jahrgang 1984, schwärmt davon, wie bei der
       Bundesgesellschaft für Endlagerung eine junge Generation von
       Wissenschaftlern und Technikern ganz unbelastet, „ohne Geschichte“, an dem
       Problem arbeitet.
       
       Im Saal aber sitzen überwiegend ältere Semester: Die Generation, für
       [3][die Gorleben und die damit verbundenen Kämpfe] auf die ein oder andere
       Weise ein wesentlicher Teil ihrer politischen Sozialisation war.
       
       5 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Vorentscheidung-ueber-Atommuell/!5701873&s=Endlager/
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       ## AUTOREN
       
   DIR Nadine Conti
       
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