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       # taz.de -- Bundespräsidenten-Kandidatin Luc Jochimsen: "Die DDR war kein Unrechtsstaat"
       
       > Luc Jochimsen entfacht erneut die Diskussion um den DDR-"Unrechtsstaat".
       > Unterdessen fordert CDU-Urgestein Kurt Biedenkopf von Merkel die
       > "Freigabe" der Wahl.
       
   IMG Bild: Will sie nur provozieren?
       
       BERLIN/HAMBURG afp | Die Kandidatin der Linken für das
       Bundespräsidentenamt, Luc Jochimsen, betrachtet die DDR nicht als
       Unrechtsstaat per Definition. "Die DDR war ein Staat, der unverzeihliches
       Unrecht an seinen Bürgern begangen hat. Nach juristischer Definition war
       sie allerdings kein Unrechtsstaat", sagte Jochimsen dem Hamburger
       Abendblatt.
       
       Derartige Definitionen sollten "juristisch und staatsrechtlich haltbar"
       sein, begründete Jochimsen. "Der Begriff Unrechtsstaat ist es nicht." Sie
       sei "jederzeit" bereit, auch mit dem Präsidentschaftskandidaten von SPD und
       Grünen, Joachim Gauck, über das Unrecht der DDR zu reden. "Leider will
       Gauck nicht mit mir diskutieren", sagte Jochimsen.
       
       Die Reaktion aus den Reihen der Union ließ nicht lange auf sich warten.
       CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe erklärte im Hamburger Abendblatt: "Frau
       Jochimsen verhöhnt damit die Opfer des DDR-Unrechtsregimes. Besonders
       zynisch ist es, sich ausgerechnet am 17. Juni so zu äußern".
       
       Luc Jochimsen äußerte sich auch zur Koalitionsfindung in
       Nordrhein-Westfalen. "Es liegt nicht an uns, dass wir in NRW nicht
       regieren", sagte Jochimsen. "SPD und Grüne haben für uns einen
       Gewissens-TÜV organisiert: Wie haltet ihr es mit der DDR? War sie ein
       Unrechtsstaat?" Mit nordrhein-westfälischer Landespolitik habe diese Frage
       nichts zu tun. Die Linkspartei-Abgeordneten in NRW hätten ein "absolut
       demokratisches Grundverständnis". Jochimsen sagte weiter: "SPD und Grüne
       haben sich in den Sondierungsgesprächen aufgeführt wie der Großinquisitor."
       
       Unterdessen forderte der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt
       Biedenkopf (CDU) von Bundeskanzlerin Angela Merkel die "Freigabe" der Wahl
       des Bundespräsidenten. Sie solle den von der CDU gestellten Mitgliedern der
       Bundesversammlung freistellen, ob sie dem Koalitionskandidaten Christian
       Wulff ihre Stimme geben wollen oder dem von SPD und Grünen nominierten
       Joachim Gauck, schrieb Biedenkopf in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
       Eine durch Appelle an die Geschlossenheit der Koalition herbeigeführte
       Mehrheit für den Bundespräsidenten wäre seiner Ansicht nach
       verfassungspolitisch fragwürdig.
       
       Biedenkopf räumte ein, dass streng genommen die Parteien die Wahl gar nicht
       freigeben könnten, die nach dem Grundgesetz ohnehin frei sei. Formal
       richtet Biedenkopf seine Aufforderung, die Kandidaten sollten sich zum
       Grundsatz der freien Abstimmung bekennen, an beide von den großen Lagern
       nominierte Bewerber. Vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff
       verlangt Biedenkopf, er solle ausdrücklich erklären, dass er keine Stimmen
       erhalten wolle, die eigentlich der Stabilisierung der Regierung aus Union
       und FDP dienen sollten.
       
       Die Regierungsparteien CDU, CSU und FDP sollen nach Biedenkopfs Überzeugung
       Gaucks Beliebtheit als Zeichen verstehen: "Die breite Zustimmung in der
       Bevölkerung zur Kandidatur Joachim Gaucks ist nicht nur seinen allseits
       gerühmten Qualitäten geschuldet. Sie ist zugleich Ausdruck eines
       zunehmenden Misstrauens gegenüber dem umfassenden Anspruch der politischen
       Parteien. Dieser Anspruch wird auch in dem Versuch sichtbar, sich der
       Bundesversammlung für die Entscheidung ihrer machtpolitischen Fragen zu
       bedienen."
       
       17 Jun 2010
       
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