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       # taz.de -- Bundestag verschiebt Gesetz: Hätte, hätte, Lieferkette
       
       > Auf Druck der Union wird die Abstimmung über das Lieferkettengesetz
       > verschoben. Der Wirtschaftsflügel will die Haftung der Unternehmen
       > begrenzen.
       
   IMG Bild: Die finale Abstimmung zum Lieferkettengesetz wurde erneut verschoben
       
       Berlin taz | In den sozialen Medien findet eine Lobbyschlacht um das
       Lieferkettengesetz statt. Zahlreiche Verbände, Initiativen und
       Einzelpersonen melden sich. Sie plädieren wahlweise für die Absage,
       Änderung, Entschärfung oder Verschärfung des Vorhabens. Letzteres gilt auch
       für die Unionsfraktion im Bundestag. Auf deren Wunsch wurde die eigentlich
       für diesen Donnerstag geplante endgültige Abstimmung noch einmal
       verschoben.
       
       Das jahrelang umstrittene Gesetz soll hiesige Firmen verpflichten, die
       Menschenrechte der Arbeiterinnen und Arbeiter in ihren ausländischen
       Zulieferfabriken zu schützen. Die in Deutschland ansässigen Auftraggeber
       und Händler müssten sich beispielsweise darum kümmern, dass die
       Beschäftigten in Asien, Afrika und Lateinamerika ausreichende Bezahlung
       erhalten und die Lieferanten keine Kinder arbeiten lassen. Kommen die
       Unternehmen ihrer Verantwortung nicht nach, drohen ihnen Bußgelder und
       Klagen vor hiesigen Gerichten. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU)
       und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatten das Gesetz vorangetrieben,
       Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) verzögerte es.
       
       Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus erklärte die abermaligen Bedenken jetzt
       so: „Wir haben noch das Problem, dass wir eine zusätzliche zivilrechtliche
       Haftung ausschließen wollen.“ Das sei „vielen Unternehmen in Deutschland
       sehr wichtig“. Der Wirtschaftsflügel der Union befürchtet zahlreiche
       Prozesse gegen einheimische Firmen. Deshalb werden Klarstellungen im Gesetz
       gewünscht, die zivilrechtliche Entschädigungen auf Basis deutschen Rechts
       erschweren.
       
       Trotzdem enthalten wäre aber die Einführung der sogenannten
       Prozessstandschaft: Etwa, wenn die IG Metall im Namen geschädigter
       ausländischer Arbeiter vor einem deutschen Gericht klagt – auf Rechtsbasis
       des Landes, in dem die Zulieferfabrik steht. Auch die im BGB vorgesehene
       Haftung würde weiter für Firmen gelten – wobei es für geschädigte
       Beschäftigte aus dem Ausland sehr schwierig ist, diesen Weg zu deutschen
       Gerichten zu gehen.
       
       „Eigentlich nicht für nötig“ hält CDU-Politiker Andreas Lämmel dasGesetz.
       Er ist Obmann seiner Fraktion im Wirtschaftsausschuss desBundestages.
       Sollte VW tatsächlich von Zwangsarbeit in Chinaprofitieren, was nicht
       erwiesen sei, handele es sich um einen Einzelfall, sagte Lämmel. Trotz des
       Konfliktes um die Haftung erwartet Lämmel, dass das Lieferkettengesetz in
       einer der beiden letzten Sitzungswochen dieses Bundestages im Juni
       beschlossen werde. Klappt das nicht, müssten die neue Koalition und
       Regierung das Vorhaben nach der Bundestagswahl neu anschieben.
       
       19 May 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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