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       # taz.de -- CDU holt bestes Ergebnis bei Berlin-Wahl: König erst mal ohne Land
       
       > Die CDU liegt klar vorn – weil aber Rot-Grün-Rot wohl weiter eine
       > Mehrheit hätte, könnte die CDU in der Opposition bleiben.
       
   IMG Bild: Strahlender Sieger: Kai Wegner am Wahlabend
       
       Berlin taz | Er strahlt einfach. Kai Wegner, der CDU-Spitzenkandidat, steht
       im Festsaal im 3. Stock des Abgeordnetenhauses, des Berliner
       Landesparlaments, in dem seine Partei sich traditionell an Wahlabenden
       trifft. Viel zu feiern gab es da in den vergangenen 20 Jahren nicht. Dieses
       Mal ist das anders: Auf 27,5 Prozent ist der in CDU-Schwarz getönte Balken
       der Wahlprognose gestiegen, die auf Fernsehschirmen vor Bildern von Gerhard
       Richter zu sehen ist. Das wäre – es ist erst die Prognose, noch keine
       Hochrechnung – das beste CDU-Ergebnis seit 1999 und deutlich mehr als SPD
       und Grüne mit je 18,5 Prozent.
       
       Wegner genießt sichtlich erst mal nur – er, der oft unterschätzte
       Bodenständige, den die Bundesspitze angeblich als Spitzenkandidat hatte
       verhindern wollen, ist der Sieger des Abends. Was er dabei ausblenden muss:
       Trotz starker Verluste könnte die bisherige rot-grün-rote Koalition unter
       Führung von SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey weiter regieren – es
       reicht immer noch zu einer Mehrheit für das Dreierbündnis. Doch Tenor im
       Saal ist das, was auf dem Bildschirm CDU-Generalsekretär Mario Czaja
       angesichts von 10 Prozentpunkten Vorsprung so formuliert: „Jeder Anstand
       verbietet es, dass diese Regierung weiter Verantwortung übernimmt.“
       
       Strahlende Gesichter verfolgen diese Zahlen, darunter Schauspieler Dieter
       Hallervorden, der in Berlin ein eigenes Theater betreibt. Zu lang waren die
       Christdemokraten nicht mehr in einer solchen Siegerrolle. 2001 hatten sie
       sich nach einem großen örtlichen Bankenskandal aus der Berliner
       Regierungszentrale verabschieden müssen und seither nur einmal, von 2011
       bis 2016, als SPD-Juniorpartner mitregiert. Nach ARD-Befragungen gaben nun
       die Themen Sicherheit und Wohnen den Ausschlag pro CDU, in der gemessenen
       Wichtigkeit deutlich vor Klima und Verkehr.
       
       ## Wegner überraschte mit liberalen Positionen
       
       1999, das Jahr des bislang letzten CDU-Wahlerfolgs, war auch das Jahr, in
       dem Wegner, heute 50, erstmals ins Abgeordnetenhaus einzog. Auch wenn er
       2005 in den Bundestag wechselte, 16 Jahre dort blieb und erst zur nun
       wiederholten Wahl vom 26. September 2021 wieder für das Abgeordnetenhaus
       kandidierte, blieb er immer nahe an landes- und auch lokalpolitischen
       Themen dran. Wegner ist tief verwurzelt im Stadtrandbezirk Spandau, wurde
       dort geboren, führt auch die örtliche CDU an und lebt dort weiter.
       
       Mit dieser Verwurzelung warb er vor allem, als er 2019 erfolgreich auf eine
       [1][Ablösung von Kulturstaatsministerin Monika Grütters als
       CDU-Landesvorsitzende] drängte. Die war zwar als Kulturpolitikerin
       überregional äußerst anerkannt, schien aber an Berliner Lokalthemen
       jenseits von Museen und Opern nicht sonderlich interessiert.
       
       Bei der Wahl 2021 schaffte die lange zerstrittene und nun zunehmend geeinte
       CDU mit Wegner immerhin ein leicht besseres Wahlergebnis als 2016, weniger
       als einen Prozentpunkt hinter den in Umfragen lange führenden Grünen. Das
       gelang trotz des negativen Trends der parallelen Bundestagswahl.
       
       Wegner, der lange als Rechtsausleger innerhalb der Berliner CDU galt, hat
       seit Übernahme des Landesvorsitzes mehrfach überrascht. Einen Parteitag
       ließ er exklusiv zum Thema Umwelt stattfinden und präsentierte dabei die
       Idee, das Ex-Flughafengelände des [2][Tempelhofer Felds zu einem
       klimafördernden Wald] zu machen. Und im vergangenen Herbst machte er sich
       in seiner eigenen Partei nicht nur Freunde, als er ein Papier zu mehr
       Mieterschutz durchsetzte. Im Bundestag hatte Wegner als baupolitischer
       Sprecher seiner Fraktion bis 2021 zu denen gehört, die sich letztlich
       erfolgreich gegen einen Mietendeckel wandten. Schon früher, 2015, [3][warb
       er CDU-intern für die Ehe für alle].
       
       Größere bundespolitische Bedeutung wird dem Wahlausgang jedoch nicht
       zugemessen. Dass die CDU auf Bundesebene in Umfragen bei 30 Prozent liegt,
       hat Wegner gewiss nicht geschadet. Andersherum kann sich Partei- und
       Fraktionschef Friedrich Merz den Erfolg der Landespartei kaum zu eigen
       machen. Zum einen prägten Berliner Themen die Wahl, zum anderen hätte sich
       Merz angeblich gerne einen anderen Spitzenkandidaten mit mehr Ausstrahlung
       gewünscht.
       
       Ein guter Einstieg in ein Jahr, das im Herbst noch zwei wichtige
       Landtagswahlen mit sich bringt, ist es für die Union aber durchaus. „Die
       CDU muss beweisen, dass sie Großstadt kann“, hat Merz beim
       Wahlkampfendspurt am Freitag gesagt. Das jetzige Ergebnis ist immerhin das
       beste, das überhaupt irgendeine Partei seit 2011 in Berlin als größter
       deutscher Großstadt holte.
       
       12 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
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