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       # taz.de -- CSD in Bautzen: Flagge zeigen für die Queer-Community
       
       > Mehrere Tausend Menschen demonstrieren zum Christopher Street Day (CSD)
       > im ostsächsischen Bautzen. Die rechte Gegendemo bleibt kleiner als
       > erwartet.
       
   IMG Bild: Queerrechte verteidigen: CSD in Bautzen am 10. August 2025
       
       Bautzen taz | Mit Wut in der Stimme begrüßt Jonas Löschau den Christopher
       Street Day (CSD) in Bautzen. Der 25-Jährige hatte schon die ersten beiden
       queeren Paraden angemeldet, doch auch an diesem Sonntag ist das kein
       sorgloses Fest. „Es ist nicht normal, dass es was weiß ich wie viele
       Hundertschaften der Polizei braucht, Reiterstaffeln, Polizeihubschrauber,
       die das überhaupt erst möglich machen“, sagt Löschau über die Lautsprecher.
       Seine Stimme überschlägt sich. An das und an die „700 Faschos, die uns
       vollpöbeln“, dürfe sich der CSD nicht gewöhnen.
       
       Im vergangenen Jahr hatten rund [1][700 extreme Rechte und Neonazis in
       Bautzen] protestiert – das sorgte bundesweit für Aufsehen. Gegen keinen
       anderen CSD in Sachsen demonstrierten so viele. Schwarz gekleidet brannten
       sie Pyrotechnik ab und skandierten nationalistische Parolen, nur wenige
       hundert Meter hinter dem bunten CSD. Doch an diesem Sonntag warten deutlich
       weniger am Friedrich-Engels-Platz darauf, dass die Parade an ihnen
       vorbeizieht.
       
       Vom Rand des Platzes beobachtet Andrea Hübler, Geschäftsführerin der
       Beratungsstelle für Betroffene von Rassismus RAA, die extremen Rechten
       durch ihre Sonnenbrille. Die meisten sind schwarz gekleidet, viele sind
       jung, einige tragen Glatzen und rechte Szene-Tattoos. Die Polizei schätzt,
       dass sich etwa 450 am Protest gegen den CSD beteiligen. Hübler sagt: „Damit
       sind sie sicher hinter ihren Erwartungen zurückgeblieben, während der CSD
       stark vertreten ist.“ Laut Polizei nehmen etwa 3.000 Personen an der Pride
       teil, während 400 weitere sie mit einer Kundgebung am Rand unterstützen.
       Laut der Orga des CSDs waren es mehr als 4.000.
       
       Der CSD formiert sich wenige hundert Meter von der Neonazis entfernt. Bass
       dröhnt und wummert von allen Seiten, die Sonne scheint durch das grüne
       Blätterdach auf dem August-Bebel-Platz. „Zecken jagen“, steht in schwarzer
       Schrift an einer Mauer. Am Rande der Demo steht Luna Möbius. Sie ist in
       Sachsen-Anhalt im Landkreis Wittenberg aufgewachsen, trat vergangenes Jahr
       bei der Kommunalwahl in Sachsen-Anhalt für die Grünen an. An diesem Sonntag
       hält sie etwas später eine Rede auf dem CSD in Bautzen als trans Frau und
       Aktivistin.
       
       Während die Demo losläuft, erklärt Möbius der taz, [2][queer und
       Ostdeutschland], die Kombi sei schon unangenehm, „obwohl sie es nicht sein
       sollte“. In Bautzen sehe man aber ganz besonders, „wie gewaltsam sich die
       Leute hier gegen den CSD organisieren“. Anders als etwa in Dresden, Leipzig
       oder Halle an der Saale, reisen die Neonazis laut Möbius nicht wieder ab.
       Die lebten in Bautzen. Für Queere in der Stadt bedeute das, „dass man
       überhaupt kein Sicherheitsgefühl mehr hat“. Sie hoffe, dass es Queeren in
       Bautzen Kraft gebe, dass so viele gekommen sind.
       
       Bei der rechtsextremen Demo läuft live der „Abschiebehauptmeister“, eine
       Mischung aus Rap und Ballermann. „Düsi, Düsi, der Abschiebeflieger.“ Der
       Text ist simpel, aber es singt keiner laut mit. Die Stimmung ist schlecht.
       Zum Abschluss gibt es höflichen Applaus für die lokalen Künstler.
       
       Dann geht es los. Der CSD läuft vorbei, die aufgereihten Neonazis rufen
       hinter den Polizeigittern: „Wir kriegen euch alle!“ In der CSD-Demo zünden
       einzelne ein paar Rauchtöpfe und antworten laut: „Nazischweine!“
       
       Mittendrin bei der Pride laufen Max und Sophie. Die beiden kommen aus
       Görlitz. Max findet es schade, dass so viele Leute am Rande missgünstig
       gucken. Sophie war dieses Jahr auf dem CSD in Dresden. „Da gab’s nicht so
       viel Hass“, sagt sie. Aber auch der CSD in Bautzen habe etwas Besonderes.
       „Ich mag den Zusammenhalt sehr.“ Für sie sei es wichtig dabei zu sein:
       Flagge zeigen, gerade machen, für die Freund:innen in der Community.
       
       Die Neonazis warten, bis der CSD an ihnen vorbeigelaufen ist, dann trotten
       sie hinterher. Einzelne Zuschauer:innen vom Straßenrand klatschen,
       ansonsten ist es still. Dann gibt ein junger Mann mit Megafon den Spruch
       vor und die ersten Reihen skandieren: „Unsere Stadt, unsere Regeln.“
       
       Vergangenes Jahr sagten die CSD-Organisator:innen kurzzeitig eine
       Anschlussparty ab. Es sei nicht sicher genug in Bautzen. Das schätzen sie
       immer noch so ein: Dieses Jahr wurde die Party gar nicht erst geplant.
       
       10 Aug 2025
       
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