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       # taz.de -- CSDs in Kleinstädten: Überlasst das Partymachen nicht den Nazis!
       
       > Es braucht linke Kultur und Pride nicht nur in Köln und Dresden.
       > Unser*e Kolumnist*in tritt deshalb auch in Kleinstädten auf.
       
   IMG Bild: Ein CSD irgendwo im Hinterland? Wird stressig
       
       Als ich zum dritten Mal in einer Woche für einen Live-Gig als Rapper*in
       im Zug von Frankfurt nach Berlin sitze, merke ich, wie müde ich bin. Ich
       denke an den kommenden Sommer, an 2025. Mein Kalender ist voll. Während ich
       überlege, ob nochmal ein ähnlich stressiger Hin-und-zurück-Marathon wie
       heute bevorsteht, lese ich diese E-Mail, die mir meine Bookerin
       weitergeleitet hat.
       
       Eine Anfrage für einen CSD in Thüringen. „Wir können uns dich
       wahrscheinlich eh nicht leisten“, ob ich trotzdem vorbeikommen und spielen
       möchte. Ich google die Kleinstadt, sie hat keine 40.000 Einwohner. Für mich
       ist eigentlich klar: Natürlich versuche ich, das zu machen. Aber der
       [1][CSD in Dresden] war schon irgendwie bequemer, oder? Es gab ein Hotel,
       eine Gage und abends konnte ich noch mit meinen Dresdner Freund*innen
       feiern gehen. Ein CSD irgendwo im Hinterland? Wird stressig.
       
       Seit ich im vergangenen Jahr den [2][ersten CSD in der Thüringer Kleinstadt
       Sonneberg] erlebt habe, ist mir aber eine Sache klar geworden: Die
       dringendsten Kämpfe für queere Sichtbarkeit und andere linke Anliegen
       finden im Sommer nicht in den großen Städten statt, sondern dort, wo gerade
       trotz Rechtsrucks eine kleine Stadt ihre ersten Prides veranstaltet. Dort,
       [3][wo linke Jugendzentren und Wohnprojekte angegriffen] werden. Dort, wo
       Springerstiefel wieder im Alltag angekommen sind.
       
       An diesen Orten wird aktiv verhandelt, welche Sichtbarkeit queeres Leben
       hat. Dort entschiedet sich, ob [4][junge Menschen auf die Tiktok-Propaganda
       der AfD reinfallen] oder ob ihnen andere Optionen geboten werden.
       
       ## Auch Kraftklub spielte auf einem Kleinstadt-CSD
       
       Ich lese die Schlagzeilen über das Städtchen Rheinsberg, etwa
       7.000-Einwohner*innen. Ende Mai spielte auf [5][dem ersten CSD dort] die
       Band Kraftklub. Manche scheinen das zu belächeln oder bescheuert zu finden.
       Warum kommt so eine große Band in einen so kleinen Ort?
       
       Ich aber sage: Genau das ist es, was wir brauchen. Wir brauchen linke
       Kultur und Pride in der Fläche, auf den Dörfern und in den Kleinstädten.
       Wenn linkes Leben nur in Metropolen stattfindet, übernehmen Rechtsextreme
       die wenigen Angebote und Jugendklubs, die es im ländlichen Raum gibt. Das
       ist keine wilde Fantasie mehr. Das passiert in Deutschland. Seit
       Jahrzehnten.
       
       Außerhalb von Berlin, Hamburg und München müssen Jugendklubs monatelang um
       500 Euro kämpfen, damit sie überhaupt eine Veranstaltung machen können.
       Genau dort, im ländlichen Rheinland-Pfalz und nicht in Berlin, [6][brechen
       doch die gesellschaftlichen Strukturen weg] und die AfD profitiert von dem
       Freizeitvakuum und fehlenden Perspektiven für junge Menschen.
       
       Wer sich in den vergangenen Jahren aus westdeutscher Sicht über „den Osten“
       echauffiert hat, musste bei der Bundestagswahl nur noch nach
       [7][Ludwigshafen oder Kaiserslautern] blicken. Die Parallelen sind
       offensichtlich: Kommunen, die pleite sind, abgewanderte Industrie und Orte,
       aus denen alle einfach nur noch wegwollen.
       
       ## Den kleinsten CSD zum größten machen
       
       Für mich heißt das: Jede noch so kleine Veranstaltung, die queeren und
       linken Menschen Sichtbarkeit gibt, ist wichtig. Es braucht jetzt die
       Unterstützung der Strukturen aus Kultur und politischen Bewegungen – im
       [8][Pride Month] genau wie im restlichen Jahr. Wir müssen dort neue, geile
       Angebote schaffen, damit die Nazis nicht die einzigen sind, die
       Perspektiven bieten.
       
       Fahrt zu Festivals, Theaterstücken und Konzerten aufs Land und macht dort
       eine fette Party, links und queer. Sucht euch den kleinsten CSD raus, den
       ihr finden könnt. Und dann macht ihn zum Größten.
       
       8 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Elya Maurice Conrad
       
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