# taz.de -- Chaos im Deutschen Fußball-Bund: Durchstechen statt kicken
> Die DFB-Führung zerlegt sich gerade. Es wird gepetzt und beleidigt. Da
> bleibt natürlich keine Zeit, Ideen für den Fußball der Zukuft zu
> entwickeln.
IMG Bild: Männerfreunde: DFB-Präsident Fritz Keller (l.) und sein Vize Rainer Koch
Der Deutsche Fußball-Bund wieder mal. Ein [1][Hauen und Stechen] herrscht
da im obersten Gremium des Verbands. Höhepunkt der Auseinandersetzung ist
nun die beleidigende Äußerung, die Präsident Fritz Keller seinem
Vizepräsidenten Rainer Koch auf einer Sitzung an den Kopf geworfen hat. Der
ehemalige Richter Koch wurde von Keller als Roland Freisler bezeichnet.
Weil der Nazirichter Freisler eine der finstersten Gestalten in
Nazi-Deutschland war, ist das Entsetzen über die präsidiale Entgleisung
groß.
Friedrich Curtius, der Generalsekretär des DFB, soll sie dem Ethikauschuss
des Verbands angezeigt haben. Das wird niemanden wundern, [2][gilt Curtius
doch als Gegenspieler Kellers]. Genauso wundert sich niemand, wie schnell
dieser Satz aus einer Sitzung in die Öffentlichkeit gelangt ist. Das
Durchstechen scheint ohnehin eine Disziplin zu sein, die man im DFB
mittlerweile besser beherrscht als das Fußballspielen.
Medien zu instrumentalisieren, um persönliche Konflikte zu entscheiden,
auch darum geht es beim Dauerzoff im DFB. So soll ein 74-jähriger
Kommunikationsberater der Presse gesteckt haben, welche Nebeneinkünfte der
frühere Verbandschef Reinhard Grindel sich so auf sein Konto schaufeln
ließ. Zur selben Zeit ist ebendieser Berater vom DFB mit einem hoch
dotierten Vertrag ausgestattet worden. Von dem aber wusste kaum jemand
etwas im DFB. Vizepräsident Koch und Friedrich Curtius gehörten zu den
Teilhabern dieses Herrschaftswissens. Der neue DFB-Chef Keller nicht. Worum
geht es eigentlich da genau? Um Fußball offensichtlich nicht.
Von Curtius jedenfalls ist kaum eine Äußerung überliefert, in der sich der
gut bezahlte Chefmanager des Verbands über die Zukunft des Fußballs
Gedanken macht. Ob er eine Idee hat, wie das Auseinanderdriften des
Profifußballs und seiner in den Amateuerligen organisierten Basis
aufzuhalten ist? Man weiß es nicht. Dafür weiß man inzwischen, dass er eine
Agentur beauftragt hat, seinen Wikipedia-Eintrag aufzuhübschen. Einen
nennenswerten Meinungsbeitrag zum von der Pandemiepolitik ausgebremsten
Jugendsport hat man dagegen nicht von ihm gehört.
## Vize ohne Vision
Und Rainer Koch? Der hat seine Heimatorganisation, den Bayerischen
Fußballverband, eher schlecht als recht durch die Pandemie geführt.
Regelmäßig trudeln Protestschreiben von Amateuerklubs bei Koch ein. Mal
geht es um den verschleppten Saisonabbruch, mal wollen Vereine sich nicht
mit einem aus einer Handvoll Spielen errechneten Abstieg abfinden.
Sie konnten ihren Landespräsidenten in der Vorwoche sehen, wie er vor einem
Nobelhotel in Montreux die Super League in Bausch und Bogen verurteilt hat,
nachdem er als Mitglied der Uefa-Exekutive gerade für eine im Sinne des
Business aufgeblähte Champions League gestimmt hat. Seine Idee für den
Fußball der Zukunft, für eine Versöhnung der Fans mit dem abgehobenen
Profibusiness? Niemand kennt sie.
Auch Fritz Keller ist nicht gerade als Visionär aufgefallen, seit er 2019
zum DFB-Präsidenten gewählt worden ist. Er ist angetreten, um die Dinge ans
Tageslicht zu befördern, die von seinen Vorgängern unter den Teppich
gekehrt worden sind, wollte endlich Klarheit über die Millionenzahlungen
haben, die rund um die Vergabe der WM 2006 geflossen sind. Ein löbliches
Vorhaben gewiss. Aber ebenso gewiss ist es nicht nach vorne gerichtet.
Die Forderungen, die mediokre DFB-Führung auszuwechseln, werden lauter.
Bevor aber wieder irgendein Funktionär an die Spitze des Verbands gesetzt
wird, sollte man erst einmal [3][einen Ideenwettbewerb starten]. Es muss
endlich um die Zukunft des Fußballs gehen, nicht um die von Funktionären.
1 May 2021
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## AUTOREN
DIR Andreas Rüttenauer
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