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       # taz.de -- Christliche Gemeinschaft von Taizé: Missbrauchtes Vertrauen
       
       > Am Mittwoch beginnt in Rostock das 45. Europäische Jugendtreffen von
       > Taizé. Betroffene sexualisierter Gewalt kritisieren die schleppende
       > Aufarbeitung.
       
   IMG Bild: Taizé-Jugendtreffen in Wroclaw
       
       Ein Brötchen. Bohnen, gelöffelt aus der Dose. Zum Nachtisch eine Orange.
       Die Mahlzeiten bei den Jugendtreffen der christlichen Gemeinschaft von
       Taizé sind traditionell karg. Der Stimmung nimmt das nichts, im Gegenteil.
       Auch in Rostock, wo an diesem Mittwoch das [1][45. Europäische
       Jugendtreffen] beginnt, wird unter Lachern wieder ein Salzstreuer
       herumgehen, den eine Taizé-Erfahrene mitgebracht hat. Aus Litauen
       vielleicht. Oder Spanien. Bestimmt hat ein Belgier auch Spekulatius dabei,
       um sie mit den neuen Freund:innen zu teilen.
       
       Im Nordosten Deutschlands, dieser religiösen Wüste, soll das frohe,
       internationale, aufs Wesentliche reduzierte Lebensgefühl von Taizé in den
       nächsten fünf Tagen wieder seine Wirkung entfalten. Etwa 5.000 junge
       Erwachsene werden erwartet. Der Rostocker Senat und Manuela Schwesig, die
       SPD-Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, haben mit eingeladen. Auch
       Pfarrer und Ex-Bundespräsident Joachim Gauck will kommen.
       
       Ein anderer Rostocker Pfarrer, [2][Albrecht Jax], hat das Treffen
       mitinitiiert. Ende September sagte er in einem Interview: „Das
       Taizé-Treffen kann eine Chance sein, hier bei uns zu zeigen, dass Kirche
       mehr ist als Missbrauch und solche Geschichten.“
       
       Für Betroffene klingt diese Aussage wie Hohn. Denn auch in Taizé, das doch
       eigentlich für ein aufrichtiges Christentum steht und für Vertrauen, ist es
       zu sexualisierter Gewalt gekommen. Einige Fälle sind ungeklärt. Neue Fälle
       werden bekannt. Wie der von Anne Terlongou, die einen Bruder von Taizé
       wegen sexueller Nötigung angezeigt hat. „Wenn diese Dinge schon bei ihnen
       zu Hause, wo sie die Strukturen und die Gegebenheiten recht gut
       kontrollieren können, passiert sind“, sagt Terlongou, die unweit von
       Rostock lebt, „wie wollen sie es dann schaffen, für Sicherheit zu sorgen,
       wenn sie nicht zu Hause sind?“
       
       Zu Hause, das ist ein Dorf im Burgund, im Osten Frankreichs. Im Sommer
       stehen die Felder ringsum voller Sonnenblumen. Der Ort selbst liegt an
       einem Hügel. Natursteinhäuser mit burgunderroten Fensterläden, Stockrosen,
       eine romanische Dorfkirche aus dem 12. Jahrhundert. Davor der kleine
       Friedhof mit dem geschmückten Grab von [3][Frère Roger], dem Gründer der
       Communauté de Taizé.
       
       Dieser Roger Schutz zählte 25 Jahre, als er 1940 mit einem Fahrrad in Taizé
       ankam. Er war im schweizerischen Waadt aufgewachsen und hatte in Lausanne
       Theologie studiert. Es schien ihm unglaubwürdig, in der sicheren Schweiz
       das Christentum zu predigen, während ganz Europa unter dem deutschen Krieg
       litt. Außerdem trieb Schutz der für einen Reformierten ungewöhnliche
       Wunsch, in klösterlicher Gemeinschaft zu leben. Er kaufte ein Haus,
       versteckte Juden und Oppositionelle, die in den freien Süden Frankreichs
       fliehen wollten. Nach dem Krieg luden er und seine ersten Mitbrüder
       deutsche Kriegsgefangene ein. In der Nachbarschaft machten sie sich nicht
       beliebt damit.
       
       Doch Frère Roger wollte Taizé zu einem Ort der Versöhnung machen, zwischen
       den verfeindeten Nationen Europas, zwischen den zerstrittenen christlichen
       Konfessionen. Er nahm auch Katholiken und Männer aus anderen Kirchen in
       seine Bruderschaft auf. In der „Regel von Taizé“ schrieb Schutz Grundlagen
       für das gemeinsame Leben auf. Zentrale Worte darin: Einfachheit,
       Barmherzigkeit, Freude. Und: Enthaltsamkeit. Ab den Sechzigerjahren zog die
       Gemeinschaft eine wachsende Zahl von Jugendlichen an. Sie kamen, um
       mitzuarbeiten, zu beten und zu diskutieren.
       
       Das Zweite Vatikanum, die Achtundsechzigerwehen: Die Zeichen standen auf
       Erneuerung in Kirche und Gesellschaft. Die Brüder passten sich den
       Besucher:innen aus aller Welt an. Sie vereinfachten ihre Liturgie,
       entwickelten die kurzen, sich wiederholenden Liedzeilen in verschiedenen
       Sprachen, die heute in Kirchengemeinden rund um den Globus gesungen werden.
       Einige der Brüder vergingen sich damals schon an minderjährigen Gästen, wie
       man heute weiß.
       
       Woche für Woche kommen heute bis zu 6.000 Jugendliche nach Taizé. Die
       Brüder, etwa einhundert gibt es von ihnen, geben niedrigschwellige
       Bibeleinführungen. Junge Menschen aus Bangladesch, aus Schweden und
       Argentinien halten Workshops zu ökologischen, sozialen und künstlerischen
       Fragen. Auch die grüne Vizepräsidentin des Bundestags, [4][Katrin
       Göring-Eckardt], hat sich in Taizé schon den Fragen der Jugendlichen
       gestellt. Im August war EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu
       Gast. Für die Deutschen ist Taizé von besonderer Bedeutung. Den Zivildienst
       konnte man damals durch einen „Anderen Dienst“ in Taizé ersetzen.
       
       Um der Institutionalisierung entgegenzuwirken, verbrannten die Brüder
       früher am Jahresende ihre Unterlagen. Doch was bedeutet es, kein Archiv zu
       haben, wenn sexualisierte Gewalt im Raum steht?
       
       ## Der Schock
       
       Zweimal ist die meditative Stimmung in der großen Versöhnungskirche von
       Taizé schockartig zerrissen worden. Einmal, als im Jahr 2005 Frère Roger im
       Alter von 90 Jahren mitten im Abendgebet von einer psychisch Kranken
       erstochen wurde. Ein zweites Mal, als Rogers Nachfolger als Prior, der
       deutsche [5][Alois Löser], im Juni 2019 öffentlich machte, dass auch Brüder
       von Taizé sexualisierte Gewalt ausgeübt haben.
       
       In der Folge meldeten sich weitere Betroffene. Die Gemeinschaft spricht von
       fünfzehn Anschuldigungen, die sie der französischen Justiz übergeben habe.
       In sieben Fällen seien Minderjährige betroffen gewesen. Die mutmaßlichen
       Täter: acht Brüder, vier davon seien schon tot, die anderen vier hätten die
       Gemeinschaft verlassen. Einer lebe in der Nähe von Taizé, komme aber nicht
       mehr ins Dorf. Elf Fälle gingen auf die Sechziger- bis Achtzigerjahre
       zurück, zwei auf die Neunziger und zwei auf die letzten Jahre. Seit Juni
       2020 hört man nichts mehr davon.
       
       Die taz hat die Brüder Anfang November zu bekannten und neuen Vorwürfen
       befragt. Seitdem hat die Gemeinschaft ihre Internetseite mehrmals
       aktualisiert, zwei weitere Fälle offengelegt, über das Nachrichtenportal
       Vatican News eine Stellungnahme veröffentlicht sowie einen
       „Zwischenbericht“.
       
       ## Anklage wegen Vergewaltigung
       
       Den bislang drastischsten Fall sexualisierter Gewalt in Taizé haben die
       Brüder im Oktober 2019 bekannt gemacht. Eine Frau beschuldigt einen
       Ex-Bruder, sie über 16 Jahre hinweg „geistlich, psychologisch und sexuell
       missbraucht zu haben“. Von 2003 bis Mitte 2019. Er wurde wegen „sexuellen
       Übergriffs und Vergewaltigung“ angeklagt.
       
       Bruder Francis Demar ist in Taizé für den Umgang mit sexualisierter Gewalt
       zuständig. Er sagt, angesichts des Vergewaltigungsvorwurfs habe der Prior
       der Gemeinschaft sofort die Staatsanwaltschaft angerufen. „Das heißt, der
       Bruder wurde davon nicht informiert. Kurze Zeit später kam er in
       Untersuchungshaft. Nach sechs Monaten wurde er freigelassen und gehört
       seitdem nicht mehr unserer Gemeinschaft an. Es ist noch offen, ob es zu
       einem Prozess kommt“, sagt Demar. „Doch mehr kann ich, mehr kann man da
       diesbezüglich nicht sagen.“
       
       Abseits der juristischen Schuld stellt sich die Frage, wie die dauernden
       Übergriffe unbemerkt bleiben konnten. In privaten E-Mails, die dem Autor
       vorliegen, äußern sich zwei Brüder über psychische Auffälligkeiten des der
       Vergewaltigung beschuldigten Ex-Bruders. Ein Vorfall sei zu erwarten
       gewesen, schreibt einer der Mönche. Ein anderer schreibt, dass er immer
       gespürt habe, dass mit dem Beschuldigten etwas nicht stimme. Das schaffe
       das Gefühl, nicht früh genug gewarnt zu haben.
       
       Trotz dieser Ahnungen wurde der später Beschuldigte weiterhin bei
       Jugendtreffen eingesetzt. Konfrontiert mit den E-Mails sagt Bruder Francis
       Demar: „Im Nachhinein kann man solche Zeichen immer leicht interpretieren.
       Wir hätten uns nie vorstellen können, dass sich all das hinter diesen
       Zeichen verbarg.“
       
       Bruder Francis erkennt systemische Probleme in Taizé: „Wir hören immer
       wieder davon, wie sehr Jugendliche von Taizé begeistert sind. Das freut uns
       natürlich, muss uns aber auch aufhorchen lassen.“ Viele Besucher:innen
       würden ihre Zeit in Taizé genießen und dann zurück in ihren Alltag fahren.
       „Aber dann gibt es auch immer wieder Menschen, die Verletzungen in sich
       tragen oder verunsichert auf der Suche nach Halt sind. Für diese Menschen
       ist Taizé wie ein Rettungsanker, der sich manchmal auch durch die
       Persönlichkeit eines Bruder personifiziert. Man stellt uns ungewollt auf
       ein Podest.“
       
       Doch selbst wenn ein Bruder idealisiert wird, darf er nicht sexuell
       übergriffig werden. Der Theologe und geistliche Begleiter [6][Peter
       Hundertmark] aus Speyer engagiert sich bei einer Anlaufstelle für Frauen,
       die im kirchlichen Raum Gewalt erfahren haben. Auch er sagt, dass die
       Idealisierung der Brüder nicht unbedingt gewollt ist. „Projektionen sind
       aber immer Macht“, sagt Hundertmark. „Wer Macht bekommt und sie
       verantwortlich nutzen will, muss sich aktiv für ihre Begrenzung einsetzen.“
       Sonst bestehe die „Gefahr des Machtmissbrauchs. Welche Gegenmacht, gegen
       die Projektionen, wird aber in Taizé aufgebaut? Genügt das, um die
       projizierte Macht der Brüder zu begrenzen?“
       
       ## Wie damit umgehen?
       
       Hundertmark meint, dass die meditativen Gottesdienste in Taizé
       Besucher:innen in eine Art Trance versetzen würden, die besondere
       spirituelle Erfahrungen zuließen. „Nach solchen Erfahrungen müssen
       normalerweise Selbstreflexion und Selbstschutzmechanismen wieder aktiviert
       werden. Da bin ich mir nicht sicher, ob dieser Wiedereinstieg in die
       normale Welt durch die Abläufe in Taizé genug unterstützt wird.“
       
       Ein weiteres Problem sprechen die Brüder selbst an: Wie damit umgehen, wenn
       Brüder sich über den Auftrag der Gemeinschaft hinwegsetzen? Bruder Francis
       Demar sagt: „Das ist für uns heute die Frage in der Prävention und in der
       Schulung: Was bedeutet es für uns, auf seinem Platz zu bleiben in der
       Begleitung der Jugendlichen?“ Auch im Fall der betroffenen Anne Terlongou
       habe der Bruder kein Mandat gehabt, die junge Frau zu begleiten.
       
       „Da sehe ich schon echt ein Problem, an dem die Gemeinschaft arbeiten
       muss“, sagt Anne Terlongou. Die 42-Jährige spricht mit ruhiger, klarer
       Stimme. Der Taizé-Bruder, den Terlongou wegen sexueller Nötigung angezeigt
       hat, ist noch Teil der Gemeinschaft, derzeit jedoch von der Arbeit mit
       Besucher:innen in Taizé ausgeschlossen. Es ist ein Fall, der bislang
       nicht öffentlich war.
       
       ## Die Erinnerung von Anne Terlongou
       
       Anne Terlongou hat schon als Jugendliche Taizé besucht. Von 2006 bis 2008
       lebte sie als Freiwillige für längere Zeit im Dorf. „Ich hab es als
       phasenweise glücklichste Zeit meines Lebens erlebt“, sagt Terlongou. Zum
       Übergriff kam es erst nach ihrer Freiwilligenzeit.
       
       Anfang 2009 erhält Terlongou die Anfrage, ob sie die Taizé-Gebete beim
       Kirchentag in Bremen musikalisch unterstützen könnte. Ein Bruder der
       Gemeinschaft wird ihr als Ansprechpartner genannt. Es entsteht eine Art
       Seelsorgeverhältnis.
       
       In Bremen habe der Bruder erste körperliche Annäherungsversuche gemacht,
       erzählt Terlongou. Sie zweifelt aber an ihrem Eindruck und schweigt. Im
       Sommer 2009 ist sie in Taizé. Sie will mit den Schwestern vor Ort
       besprechen, ob sie in die Gemeinschaft eintreten kann. Terlongou will auch
       ihren Seelsorger zum Gespräch treffen. Sie erzählt, dass der Bruder eine
       Uhrzeit vorgeschlagen habe, zu der ganz Taizé in der Kirche versammelt ist,
       um einer Rede des Priors zuzuhören. Als er ihre Hand nimmt, ist sie
       irritiert. „Ich hatte aber auch nicht den Schneid, meine Hand wegzuziehen,
       weil ich auch irgendwie eine Tendenz hatte, zu denken: Er hat ja schon so
       viel für mich gegeben, so viel Zeit, wenn er das jetzt unbedingt braucht,
       halte ich das kurz aus.“
       
       Beim Abschied soll der Bruder Anne Terlongou an den Schultern gepackt und
       auf den Mund geküsst haben. Sie sei geflohen. Sie habe es nicht gewagt, mit
       anderen darüber zu sprechen, aus Angst, verantwortlich gemacht zu werden
       und aus Sorge um ihre Aufnahme bei den Schwestern.
       
       Am nächsten Tag stellt Terlongou den Bruder zur Rede, der sich entschuldigt
       habe. Bei einer weiteren Konfrontation soll er aggressiver aufgetreten
       sein. Er will sich auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen äußern.
       
       ## Melden oder nicht?
       
       Zehn Jahre schweigt Anne Terlongou zu dem Geschehen. Im Jahr 2019 dann
       macht Taizé die ersten Fälle öffentlich und ruft dazu auf, weitere Hinweise
       zu melden. Terlongou sagt: „Ich hab das gelesen und dachte: Ja, da könnte
       ich mich wohl melden. Die Frage ist nur, ob sie mich ernst nehmen. Es ist
       ja in Anführungsstrichen nur ein Kuss, was hat das für eine Bedeutung gegen
       schwerwiegende Missbrauchsfälle.“
       
       Terlongou sorgt sich auch, dass der besagte Bruder im Team sein könnte, das
       sich um Meldungen kümmert. Seit 2010 oder 2011, die Brüder machen
       unterschiedliche Angaben, kann man unter protection@taize.fr Vorfälle
       melden. Terlongou und eine weitere Betroffene kritisieren, dass Taizé bis
       zu dieser Recherche nicht namentlich offengelegt hat, wer die E-Mails an
       diese Adresse liest.
       
       Francis Demar kennt diese Kritik. Er sagt zunächst, seit 2010 würden
       Externe mitlesen, heute würden ausschließlich Externe die Meldungen
       bearbeiten. Tatsächlich liest ein Rechtsanwalt erst seit 2019 mit, schreibt
       Bruder Francis im Nachgang, er habe sich vertan. Der Anwalt stehe der
       Gemeinschaft von Taizé persönlich nahe, wie auch eine zweite Person im
       Meldeteam, kritisieren Betroffene.
       
       Jede Woche gebe es nun Workshops in Taizé, um über sexualisierte Gewalt,
       über Nähe und Distanz zu sprechen, sagt Demar. Auch hätten Expert:innen
       der englischen Kirche Taizé besucht und die Brüder zu Präventionsmaßnahmen
       beraten. So auch die CRR, eine unabhängige Kommission für Anerkennung und
       Wiedergutmachung, eingesetzt von den französischen Orden. An diese
       Kommission wendet sich Anne Terlongou, als sie sich durchringen kann, ihren
       Fall zu melden. Strafrechtlich ist er wahrscheinlich verjährt. Die
       Kommission erarbeitet im Austausch mit Terlongou eine Stellungnahme, in dem
       der Fall und ihre Forderungen dokumentiert sind. Am Ende sollen die Brüder
       das Papier unterschreiben.
       
       Anne Terlongou hat viele Hürden überwunden. Doch jetzt kommt Taizé ihr
       räumlich wieder ganz nahe mit dem Europäischen Treffen in Norddeutschland,
       wo Terlongou heute mit Mann und Kindern lebt.
       
       ## „Pilgerweg des Vertrauens“
       
       Neben der Christuskirche unweit des Rostocker Hauptbahnhofs leben seit
       September Taizé-Brüder und Freiwillige, um das Europäische Treffen
       vorzubereiten. Seit 1978 organisiert Taizé diese Begegnungen in
       europäischen Großstädten, jeweils an Silvester. Die Ordensbrüder nennen
       diese Treffen einen „Pilgerweg des Vertrauens auf der Erde“. Zwischen
       zwanzig- und hunderttausend junge Erwachsene kamen nach Paris, Warschau,
       Mailand, Lissabon, Genf, Brüssel, 2011 nach Berlin. Das Treffen dort hat
       der Autor dieses Textes als Freiwilliger mit vorbereitet. Im Unterschied zu
       damals sind heute die Übergriffe von Brüdern bekannt, Betroffene wie Anne
       Terlongou fragen nach Schutzmaßnahmen.
       
       Taizé hat erst Ende November ein Schutz- und Meldekonzept veröffentlicht.
       Auch die Partner, das Erzbistum Hamburg und die evangelische Landeskirche,
       wurden spät wach. Auf eine Anfrage, ob der Rostocker Senat mit den Brüdern
       über Schutzmaßnahmen gesprochen habe, kommt von Jugendsenator Steffen
       Bockhahn (Linke) keine Antwort.
       
       [7][Martin Fritz] ist der Präventions- und Meldebeauftragte des
       Kirchenkreises Mecklenburg und Pommern. Für das Treffen in Rostock sei es
       wichtig, die Maßnahmen der Brüder mit den Standards der evangelischen
       Kirche vor Ort zusammenzubringen, sagt er. Er wolle nicht, dass
       Problemlagen intern geklärt werden, im Rahmen der Bruderschaft. „Die haben
       gute Mechanismen, aber unser Prinzip ist ein Vieraugenprinzip, wir
       versuchen, auch immer Außenstehende mit einzubeziehen.“
       
       „Außenstehende“ bedeute auch außerhalb der Institution Kirche Stehende,
       sagt Martin Fritz. Auf der Internetseite der Brüder stehen drei Namen.
       Diese Ansprechpartner sind tatsächlich nicht Mitglieder der Communauté und
       auch nicht der evangelischen Nordkirche. Es sind ehemalige und aktive
       Mitarbeitende der reformierten Kirche im schweizerischen Basel, die bei den
       Vorbereitungen zum dortigen Taizé-Treffen 2017 aktiv waren. Das geht aus
       Medienberichten von damals hervor. Auch einer der beschuldigten Brüder
       hatte die Veranstaltung in Basel mit vorbereitet. Völlig extern sind diese
       Ansprechpersonen also nicht.
       
       Anne Terlongou will nicht, dass man die Taizé-Treffen aufgrund möglicher
       Übergriffe abschafft. „Aber ich würde mir wünschen, dass sie, wenn sie
       schon so eine Großveranstaltung machen, diesen anderen riesigen Komplex
       nicht ausblenden.“ In dem Programm des Treffens ist nun ein Podiumsgespräch
       angekündigt „über Grenzverletzungen, sexuellen und geistlichen Missbrauch
       und Personenschutz in Taizé, in der Kirche und im Alltag“. Kirche mag mehr
       sein als Missbrauchsgeschichten. Erzählt werden aber müssen sie.
       
       27 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.taize.fr/de_article15422.html
   DIR [2] https://www.nordkirche.de/adressen/personen/detailansicht/person/albrecht-jax
   DIR [3] https://www.deutschlandfunk.de/frere-roger-schutz-der-vater-der-taize-gemeinde-100.html
   DIR [4] https://www.goering-eckardt.de/
   DIR [5] https://de.wikipedia.org/wiki/Fr%C3%A8re_Alois
   DIR [6] https://sinnundgesellschaft.de/autor/peter-hundertmark/
   DIR [7] https://www.kirche-mv.de/praevention
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Hunglinger
       
       ## TAGS
       
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