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       # taz.de -- Claudia Pechstein beim CDU-Konvent: Hetze in Staatsuniform
       
       > Eisschnellläuferin und Bundespolizistin Claudia Pechstein entpuppt sich
       > auf dem CDU-Konvent als Rechtspopulistin. Nun muss ihr Arbeitgeber
       > handeln.
       
   IMG Bild: Claudia Pechstein probiert sich am Rednerpult als Populistin
       
       Wie viel Hetze und Rechtspopulismus ist in Staatsuniform erlaubt? Dieser
       Frage muss sich die deutsche Bundespolizei nach der Rede von
       Eisschnellläuferin Claudia Pechstein auf dem CDU-Konvent am Samstag in
       Berlin stellen, bevor demnächst gleichgesinnte Kolleginnen und Kollegen von
       Pechstein auf AfD-Parteitagen zum Mikrofon greifen.
       
       Das Bundesbeamtengesetz spricht da eigentlich eine eindeutige Sprache.
       Beamtinnen und Beamte, heißt es da, hätten „bei politischer Betätigung
       diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung
       gegenüber der Allgemeinheit […] ergeben“. Ein Disziplinarverfahren gegen
       Pechstein wäre die logische Konsequenz aus dieser Vorgabe.
       
       Eingeladen war die 51-jährige Eisschnellläuferin, deren Karriere unter den
       Fittichen der Bundespolizei erst möglich wurde, um sportpolitische Impulse
       für einen CDU-Aufbruch zu setzen. Gekommen war [1][die gescheiterte
       CDU-Bundestagskandidatin der letzten Wahl], um nach ein paar blassen
       Einlassungen zur Bedeutung von Breitensport und Ehrenamt einem
       rückwärtsgewandten Weltbild das Wort zu reden, von dem auch AfD-Granden wie
       Alice Weidel oder Björn Höcke gern öffentlich träumen.
       
       Als Probleme dieser Zeit identifizierte sie das „Gendersternchen“ und „das
       Z***schnitzel“, von dem man nicht mehr reden dürfe. Und sie wusste zu
       berichten, dass die Kinder die traditionelle Familie bevorzugen würden und
       „Mama und Papa“ sagen wollten. Allgemeingültiges hatte sie auch über die
       abgelehnten und noch nicht abgeschobenen Asylbewerber zu berichten, deren
       Anwesenheit ein Sicherheitsproblem darstelle. Gerade ältere Menschen und
       Frauen könnten nicht ohne ängstliche Blicke „öffentlich-rechtliche
       Verkehrsmittel“ nutzen. Ein Versprecher, der vielleicht der verpassten
       Gelegenheit geschuldet war, noch gegen den Staatsfunk zu wettern.
       
       ## Bewusste Wahl der Garderobe
       
       Kurzum, Pechstein gelang es, im Schnelldurchlauf rassistische und homophobe
       Ressentiments zu verbreiten. Dass sie das in Staatskleidung tat, ist kein
       Zufall. Denn Pechstein glaubt schon lange, [2][ihre Erfahrungswerte seien
       von staatstragender Bedeutung.] Als sie sich wegen einer Dopingsperre von
       den Sportgerichten ungerecht behandelt fühlte, weil sie per Gutachten eine
       vererbte Blutanomalie vorweisen konnte, trat sie vor den staatlichen
       Gerichten ebenfalls in Bundespolizeiuniform auf. So, als ob ihr das Unrecht
       nicht als Sportlerin, sondern als Hüterin von Recht und Ordnung zugefügt
       worden sei.
       
       Mit ihrer Kleidungswahl maßt sich Claudia Pechstein ganz bewusst eine
       gehobene Sprecherinnenposition an. Und was sie so zu sagen hat, dürfte auch
       CDU-Kreise am Sonntag nicht überrascht haben. Einige Sätze ihrer Rede hat
       sie mehr oder minder so schon in Zeitungsinterviews vorgetragen. Wie sehr
       sie sich dennoch in ihrem Manuskript verhedderte und kaum einen geraden
       Satz herausbrachte, überraschte allerdings.
       
       Schon 2016 beklagte [3][Pechstein in Uniform nach einem für sie
       nachteiligen Urteil des Bundesgerichtshofs], Sportler seien „scheinbar
       Menschen zweiter Klasse“. Jeder Flüchtling, monierte die Beamtin auf
       Lebenszeit damals, würde mehr Rechtsschutz genießen.
       
       Was den Rechtspopulismus von Pechstein gefährlich macht, ist ihre
       Sportlerinnenpopularität insbesondere im Osten, wo sie von vielen gern
       einfach „unsere Pechi“ genannt wird. Der nach Pechsteins Rede
       applausspendende CDU-Chef Friedrich Merz verspricht sich offenbar davon
       etwas, die applausverweigernde CDU-Politikerin Karin Prien dagegen konnte
       ihr Unbehagen nicht verbergen. Größtes Unbehagen sollte aber die
       Bundespolizei und das Bundesinnenministerium haben, wenn die Sportförderung
       zur Rechtspopulismusförderung wird. Immerhin hat die Bundespolizei am
       Wochenende schon einmal eine dienstrechtliche Prüfung eingeleitet.
       
       18 Jun 2023
       
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