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       # taz.de -- Corona-Regeln in Frankreich: Santé nur mit Pass
       
       > In Frankreich ist das Anti-Covid-Zertifikat zum Passierschein des Alltags
       > geworden. Die Impfquote ist damit auf über 70 Prozent geklettert.
       
   IMG Bild: Die strikte Coronapolitik Frankreichs passt nicht allen: Protest in Paris
       
       taz | Paris Im kleinen südkorsischen Flughafen von Figari stehen die
       Passagiere vor dem Air-France-Schalter Schlange, alle tragen die
       obligatorische Maske. „Ihren Gesundheitspass, bitte“, verlangt die junge
       Frau in Uniform zusätzlich zu einem Personalausweis. Niemand scheint sich
       an dieser zusätzlichen Kontrolle zu stören. Ein Seniorenpaar muss
       allerdings etwas suchen, um den auf Papier ausgedruckten „Pass sanitaire“
       mit dem QR-Code hervorzukramen.
       
       Das ist die französische Umsetzung der „3G-Regel“, die je nach Situation
       eine vollständige Impfung, einen kürzlich negativen Covid-Test oder die
       medizinisch bescheinigte Genesung nach einer Corona-Infektion bestätigt.
       
       Doch nicht nur vor dem Besteigen des Flugzeugs ist dieses Zertifikat, das
       die meisten auf ihrem Handy mit der App „TousAntiCovid“ („Alle gegen
       Covid“) abrufbereit installiert haben, vorgeschrieben, seit Juli ist es im
       französischen Alltag zum Passierschein geworden.
       
       Und während auf der französischen Mittelmeerinsel die Touristen anstandslos
       ihren Gesundheitspass zusammen mit den Reisepapieren vorlegen,
       demonstrieren in Paris und in rund 200 Städten jeden Samstag Zehntausende
       Menschen, die es nicht akzeptieren wollen, dass die Bekämpfung der Epidemie
       solche Kontrollen erfordert. Noch immer haben diese Protestierenden sehr
       unterschiedliche Motive für ihre Wut, die sich auch in den letzten Wochen
       nicht besänftigt hat. Denn obschon auf der einen Seite die Ausgangssperren
       oder Lockdown-Maßnahmen aufgehoben wurden, wurden die
       Gesundheitspasskontrollen ab Ende August noch ausgeweitet.
       
       ## Risiko einer Beurlaubung ohne Lohn
       
       Galten diese zunächst in Museen, Kinos, Theatern oder Schwimmbädern sowie
       draußen im Zoo und im Sportstadion, wurde das Anti-Covid-Zertifikat im
       August auch für Cafés und Restaurants (selbst auf den Terrassen) und in den
       größten Einkaufszentren obligatorisch. Dies schließt die strikten
       Pass-Verweigerer von einem beträchtlichen Teil des öffentlichen Lebens aus.
       
       Für einen Teil von ihnen kam es aber noch schlimmer: Seit dem 15. September
       muss das gesamte Pflegepersonal in den staatlichen und privaten
       Krankenhäusern und Altenheimen geimpft sein. Wer dies ablehnt, riskiert
       eine Beurlaubung ohne Lohn. Es blieb nicht bei einer Drohung, mehr als
       3.000 Beschäftigte des Gesundheitswesens wurden aus diesem Grund von ihrem
       Dienst suspendiert.
       
       Der Druck der Obrigkeit hat eindeutige Resultate erzielt: Inzwischen sind
       in Frankreich etwas mehr als 70 Prozent der Bevölkerung geimpft. Wenngleich
       (außer in gewissen französischen Überseegebieten in der Karibik oder in der
       Südsee, wo die Situation dramatisch bleibt) auf harte Restriktionen wie
       Ausgangssperren verzichtet werden konnte, ist die „vierte Welle“ klar am
       Abflauen oder vielleicht gar überstanden: Die Zahl der täglichen per Test
       konstatierten Neuinfektionen ist im Vergleich zur Vorwoche von rund 10.000
       auf 8.000 gesunken.
       
       Trotzdem befinden sich derzeit mehr als 10.000 Covid-Patient*innen in
       Krankenhäusern und mehr als 2.000 in Intensivpflege. Am Dienstag wurden 159
       Todesfälle wegen Covid-19 registriert.
       
       Die Regierungsbehörden setzen auf Optimismus, mahnen aber gleichzeitig zur
       weiteren Vorsicht. Nach dem Ministerrat am Mittwoch kündigte
       Regierungssprecher Gabriel Attal an, dass an den geltenden Regeln für den
       Gesundheitspass vorerst nichts geändert werde. Hingegen müssten ab 4.
       Oktober die Schulkinder im Unterricht keine Masken mehr tragen, wenn in
       ihrer Region die Wocheninzidenz auf weniger als 50 Covid-Fälle pro 100.000
       Einwohner*innen gesunken ist. Ob dies im Gegenzug bedeuten würde, dass
       Lehrerinnen und Lehrer sich impfen lassen müssten, wollte der
       Regierungssprecher jedoch nicht sagen.
       
       22 Sep 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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