# taz.de -- Corona in Libyen: Ein Gegner mehr
> Das Bürgerkriegsland ist auf die Pandemie unvorbereitet, muss aber jetzt
> damit umgehen. Vor allem die Flüchtlinge sind schutzlos.
IMG Bild: Temperaturmessung bei der Ankunft in Misrata in Libyen
Tunis taz | Unter den Flüchtlingen und Migranten in Libyen und
[1][Tunesien] herrscht Panik. In Südtunesien und Westlibyen grassieren
ohnehin schwere Krankheiten. Jetzt kommt das Coronavirus hinzu.
Migranten aus einem Internierungslager bei Zauwia berichten bereits von
Fieber bei Mitgefangenen. Der libysche Arzt Mansour Boushnaf befürchtet,
dass an Corona erkrankte Migranten wohl von libyschen Krankenhäusern
abgewiesen würden.
Boushnaf arbeitet auf der Intensivstation einer Privatklinik im Stadtteil
Jansour der libyschen Hauptstadt Tripolis. Trotz Waffenstillstand würden
dort täglich verletzte Kämpfer der regierungstreuen Milizen eingeliefert,
die Tripolis gegen die Truppen des aufständischen Generals Chalifa Haftar
verteidigen, berichtet er.
Und er sorgt sich: „Schwerverletzte wurden bisher meist nach Tunis oder
Istanbul ausgeflogen. Demnächst müssen wir sie trotz Mangels an
Medikamenten im gleichen Gebäude wie Corona-Erkrankte behandeln.“ Denn nach
langem Zögern macht Nordafrika nun auch die Grenzen dicht.
Relativ geordnet verlaufen die Vorbereitungen auf Corona ausgerechnet im
chaotischen Libyen. Die beiden konkurrierenden Regierungen in Bengasi und
Tripolis einigen sich auf ein Einreiseverbot für Ausländer und
Einschränkungen des öffentlichen Lebens.
Während in Tunesien 24 Corona-Infizierte mit insgesamt 300 Tests erfasst
wurden, soll es in Libyen bisher angeblich keine Infektionen geben. Der
Arzt aus Tripolis schätzt die tatsächliche Lage als viel dramatischer ein:
„In Tunesien befinden sich 3.000 Menschen mit Corona-Verdacht in Isolation
zu Hause, ohne jemals getestet zu werden. Unsere Krankenhäuser in Libyen
sind nach bald einem Jahr Krieg um Tripolis nicht vorbereitet.“
## Der Krieg geht weiter
Ohne auf Anweisungen zu warten, schließen viele Laden- und Cafébesitzer in
Tripolis jetzt bereits am Nachmittag. Vom Schulunterricht befreite
Jugendliche versuchen, mit Handzetteln über die Corona-Gefahr aufzuklären.
Die regierungstreuen Milizen im Westen Libyens wollen sich vom Virus aber
nicht ablenken lassen. Jamal Alaweeb, der an der Front bei Sirte eine
Gruppe von Freiwilligen befehligt, erzählt, dass seine Frau ihn aus Angst
vor dem Virus täglich darum bitte, zurück zur Familie nach Misrata zu
kommen.
Doch er hat andere Sorgen: „Unsere Späher haben ägyptische Spezialkommandos
und neue gepanzerte Fahrzeuge aus den Vereinigten Arabischen Emiraten
gesehen. Wir rechnen jeden Tag mit einem Angriff von [2][Haftars Armee].“
17 Mar 2020
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## AUTOREN
DIR Mirco Keilberth
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