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       # taz.de -- Coronamaßnahmen für Sommer und Herbst: „Kein Alarm notwendig“
       
       > Gesundheitsminister Lauterbach kündigt strengere Corona-Regeln erst für
       > den Herbst an. Angesichts der Sommerwelle mahnt er zur Vorsicht.
       
   IMG Bild: Kein Alarm, aber Vorsicht bitte
       
       BERLIN taz | Zuweilen wirkte der mahnende Karl Lauterbach nur noch wie eine
       blasse Erinnerung, genauso wie die gescheiterte allgemeine Impfpflicht. Mit
       dem Krieg in der Ukraine ist die Aufmerksamkeit für die Pandemie und den
       SPD-Gesundheitspolitiker abgeflaut.
       
       Außerdem ist das Infektionsgeschehen im Sommer überschaubar, das ist die
       Erfahrung der letzten beiden Jahre. Was aber in der Vergangenheit dazu
       führte, dass das Land ab dem Herbst, wenn die Infektionszahlen wieder
       stiegen, ziemlich planlos und hektisch überlegte, was denn zu tun sei.
       Dieser Sommer ist anders, die Infektionszahlen steigen bereits jetzt
       wieder, von einer Sommerwelle ist die Rede. Droht also eine Sommerpanik?
       
       Nein, ist sich Bundesgesundheitsminister Lauterbach sicher. Am Freitag
       informierte er in Berlin über zwei wichtige Punkte: Den Umgang mit der
       Sommerwelle und ein Schutzkonzept für den kommenden Herbst. Denn auch wenn
       die sommerlichen Temperaturen eine gewisse Unbeschwertheit transportieren,
       die neue Omikron-Subvariante BA.5. verbreitet sich auch bei hohen
       Temperaturen.
       
       Es sei jetzt „kein Alarm notwendig“, sagte Lauterbach gleich zu Beginn,
       sichtlich bemüht, keine Panik zu verbreiten. Es sei aber nicht so, „dass
       wir sorglos und ohne Gegenmaßnahmen dieser Sommerwelle begegnen können“.
       Man müsse mit einem Anstieg der Fälle rechnen und damit auch wieder mit
       einer höheren Hospitalisierungsrate.
       
       ## Bis zu 130 Todesfälle pro Tag
       
       Lauterbach betonte aber: Auch diese Omikronvariante sei harmloser als der
       Deltatyp, viele Menschen seien geimpft und viele bereits genesen.
       „Begrüßen“ möchte er diese Sommerwelle dennoch nicht. „Wir haben je nach
       Tag zwischen 50 und 130 Todesfälle, das ist keine Kleinigkeit“, sagte er.
       Mit dieser Übersterblichkeit könne man „nicht zufrieden sein.“
       
       Obwohl unter anderem der Deutsche Städtetag schon jetzt mehr gesetzliche
       Schutzmaßnahmen fordert, kündigte Lauterbach schärfere Maßnahmen erst für
       den Herbst und Winter an. Es werde eine [1][Verschärfung der Maskenpflicht]
       vorbereitet.
       
       Derzeit kann eine Maskenpflicht nur im Nahverkehr, in Krankenhäusern und
       Pflegeeinrichtungen oder Hotspots verhängt werden – verantwortlich sind die
       Bundesländer. Lauterbach appellierte aber: Wer sich und andere schützen
       wolle, solle nun freiwillig Masken in Innenräumen tragen.
       
       Zudem empfiehlt Lauterbach, die vierte Impfung „großzügiger“ zu handhaben.
       Während die Ständige Impfkommission diese generell erst ab 70 Jahren
       empfiehlt, appelliert Lauterbach individuelle Lebensumstände stärker zu
       berücksichtigen und sich mit dem Hausarzt zu besprechen. Auch Jüngere, die
       viel unterwegs seien oder Kontakt zu vulnerablen Gruppen hätten, sollten
       ruhig eine vierte Impfung in Betracht ziehen. Das helfe auch, „das
       persönliche [2][Long-Covid-Risiko]“ zu senken.
       
       ## Sieben-Punkte-Plan für den Herbst
       
       Damit das Land nicht wieder überrascht in eine schwere Herbstwelle stürzt,
       tüftelt Lauterbach an einem Sieben-Punkte-Plan. Sein Ziel: Es soll besser
       werden als die Jahre zuvor. Zunächst soll es eine großzügige Impfkampagne
       mit verschiedenen Impfstoffen geben, um die Impflücke zu schließen. Bis
       September soll es voraussichtlich auch Impfstoffe geben, die an die neuen
       Varianten angepasst sind. Klar ist aber: Einen neuen Anlauf für die
       Einführung einer allgemeinen Impfpflicht wird es nicht geben. Diese war im
       April im Bundestag gescheitert.
       
       Die kostenlosen Schnelltests, auch Bürgertests genannt, die zum Ende des
       Monats auslaufen sollten, sollen auch im Sommer weiter angeboten werden.
       Daneben lässt der Gesundheitsminister derzeit ein Konzept erarbeiten, mit
       dem der Einsatz von Medikamenten während einer Corona-Erkrankung verbessert
       werden soll. Medikamente wie etwa Paxlovid würden zu wenig genutzt, obwohl
       sie das Risiko schwerer Verläufe deutlich senken könnten.
       
       Auch den Schutz vulnerabler Gruppen will der Gesundheitsminister
       verbessern. Für Pflegeeinrichtungen sollen künftig mehr Vorgaben gelten. In
       jeder Einrichtung werde es künftig eine verantwortliche Fachkraft geben,
       die zuständig sei für die Umsetzung eines Hygienekonzepts und die
       Schließung der Impflücken.
       
       ## Besserer Überblick über freie Betten
       
       Zudem soll allgemein die Datenlage verbessert werden, um die Pandemie
       besser zu steuern: Ab September sollen Daten zu freien Betten in
       Krankenhäusern tagesaktuell elektronisch an das Robert Koch-Institut (RKI)
       und die Länder übermittelt werden können. Das RKI soll die Länder zudem in
       Schulen und Kitas unterstützen: Mit Konzepten zu Tests und Maßnahmen, etwa
       dem Maskentragen. Schul- und Kitaschließungen sollten unbedingt vermieden
       werden, so Lauterbach.
       
       Der letzte Punkt wird politisch wohl der spannendste werden: Eine Reform
       des Infektionsschutzgesetzes, das am 23. September ausläuft. Die
       Vorstellungen, wie eine gute Pandemiebekämpfung aussieht, liegen in der
       Ampelregierung weit auseinander. Noch vor der Sommerpause will Lauterbach
       aber gemeinsam mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) Eckpunkte für eine
       Reform des Infektionsschutzgesetzes vorlegen. Diese könnte dann nach der
       Sommerpause beschlossen werden. Details dazu wollte er noch nicht verraten.
       
       Insgesamt bemühte Lauterbach sich, Zuversicht auszustrahlen. Seine
       Prognose: In diesem Herbst werde man nicht zur „Normalität zurückkommen“,
       aber auch „nicht so eingeschränkt sein“ wie in den letzten Jahren.
       
       17 Jun 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jasmin Kalarickal
       
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