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       # taz.de -- Coronamaßnahmen in EU-Ländern: Europa kämpft
       
       > Corona hat unseren Alltag im Griff. Wie in Deutschland stehen auch in
       > anderen EU-Staaten neue Restriktionen an.
       
   IMG Bild: Das Weihnachtsgeschäft in Brüssel leidet massiv unter den Coronamaßnahmen
       
       Paris/Rom/Brüssel taz | Die Zahlen sehen nicht gut aus. Trotz
       Einschränkungen der Mobilität und der Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz zu
       tragen, steigen in vielen Staaten [1][die Infektionszahlen] an. Der Blick
       in andere EU-Staaten zeigt, dass ein schneller Anstieg der Neuinfektionen
       nur durch einen strengen Lockdown gestoppt werden kann. Lockerungen haben
       sogleich wieder steigende Infektionszahlen zur Folge.
       
       So steht die französische Regierung vor einem Dilemma: Weiter lockern oder
       im Gegenteil die Lockdown-Regeln mit einem abendlichen Ausgehverbot wieder
       verschärfen? Seit Ende November dürfen wieder alle Geschäfte und auch die
       Friseursalons wieder öffnen. Die Staatsführung hat damit grünes Licht für
       den großen Weihnachtseinkauf gegeben und zugleich versprochen, die Feste am
       Jahresende könnten – wenn auch in einem kleineren Familienkreis –
       stattfinden.
       
       Ab 15. Dezember wollte sie die Restriktionen zurückfahren. Dieses
       Versprechen war mit der Bedingung verknüpft, dass sich die Lage wesentlich
       bessert. Für die zweite Etappe der Lockdown-Beendigung dürfe es nicht mehr
       als 5.000 Neuinfektionen pro Tag geben und nicht mehr als insgesamt 3.000
       Covid-19-Patient:innen in den Intensivstationen. Was noch zu Monatsbeginn
       durchaus als realistische Zielsetzung erschien, ist heute nur noch eine
       optimistische Hypothese.
       
       Zwar zeichnet sich in [2][Frankreich] noch eine leichte Besserung ab, doch
       die anfänglich deutliche Tendenz mit sinkenden Zahlen von
       Corona-Erkrankungen und Krankenhauspatient:innen hat sich verlangsamt
       und stagniert: Im Wochendurchschnitt werden derzeit täglich rund 10.000
       durch Tests bestätigte Neuinfektionen registriert.
       
       Auch [3][Italien] wurde von der zweiten Infektionswelle – ab Mitte Oktober
       – voll getroffen. Die täglichen Neuinfektionen schnellten im November auf
       über 40.000 hoch, mit 993 Toten an nur einem Tag wurde am 3. Dezember der
       Höchstwert erreicht. Insgesamt werden in Italien bis heute fast 1,8
       Millionen Corona-Infektionen und mehr als 61.000 Tote registriert.
       
       ## Drei Zonen in Italien
       
       Die Regierung in Rom reagierte mit einem national einheitlichen Plan, der
       je nach Infektionsgeschehen jedoch regionale Differenzierungen vorsah. In
       den zeitweise „roten“ Regionen wie der Lombardei oder Kampanien kam es zu
       einem echten Lockdown; vor die Tür durfte man nur noch aus triftigem Grund,
       und sämtliche Geschäfte, die nicht Lebensnotwendiges verkaufen, und die
       Gastronomie blieben geschlossen. In den „orangen“ Regionen durften die
       Bürger*innen ihre Heimatgemeinde nicht verlassen. Nur in den „gelben“
       Regionen wurde die Mobilität nicht eingeschränkt.
       
       In ganz Italien allerdings gelten einschneidende Einschränkungen. Selbst in
       den „gelben“ Regionen müssen Restaurants und Espressobars um 18 Uhr
       schließen. Das komplette Freizeitleben ist aufgrund der Schließungen von
       Theatern, Kinos, Fitnesscentern und Sportstätten zum Erliegen gekommen.
       Außerdem gilt für alle Bürger*innen eine Ausgangssperre von 22 Uhr bis 5
       Uhr morgens. Schüler von der 8. bis zur 13. Klasse werden digital
       unterrichtet.
       
       Die Maßnahmen greifen. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen ist
       mittlerweile auf 20.000 halbiert, keine Region ist mehr als „rot“
       klassifiziert. Lockerungen zu Weihnachten jedoch stehen nicht im Raum, im
       Gegenteil. Vom 1. Dezember bis zum 6. Januar gilt ein generelles
       Reiseverbot zwischen den Regionen. Am 25. und 26. Dezember ebenso wie an
       Neujahr dürfen die Menschen auch in den „gelben“ Regionen ihre Gemeinden
       nicht verlassen, auch die nächtliche Ausgangssperre bleibt in Kraft.
       
       [4][Belgien] ist ein Beispiel dafür, wie wirksam ein Lockdown sein kann.
       Wenn Kontakte konsequent beschränkt würden, wie in Belgien geschehen,
       könnte auch Deutschland die Coronazahlen schnell wieder drücken, lobte
       Kanzleramtschef Helge Braun das Nachbarland. In Brüssel hat man das gern
       gehört.
       
       Bereits Mitte Oktober hat die belgische Regierung weitreichende
       Beschränkungen erlassen. Nicht nur Cafés und Restaurants wurden
       geschlossen, sondern auch die meisten Geschäfte mussten ins „Confinement“,
       in den harten Lockdown. Nachts gilt ein striktes Ausgangsverbot, enge
       Kontakte wurden auf nur eine Person beschränkt. Zudem gilt in ganz Belgien
       eine Pflicht zum Homeoffice – nur wer gar nicht anders kann, darf noch zu
       seinem Arbeitsplatz fahren.
       
       Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Noch am 3. November wurden
       täglich 693 neue Patienten mit Covid-19 ins Krankenhaus eingeliefert. Doch
       seitdem hat sich die Lage beständig gebessert, Anfang Dezember lagen die
       Neuzugänge nur noch bei rund 200 pro Tag. Neuerdings scheint der
       erfreuliche Trend jedoch zu erlahmen. Brüssel denkt daher auch wieder über
       neue Maßnahmen nach.
       
       9 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
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   DIR Rudolf Balmer
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   DIR Eric Bonse
       
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