# taz.de -- Coronavirus breitet sich aus: 1.000 Betten in zehn Tagen
> Ein Krankenhaus in Rekordzeit: Für Chinas Staatsführung ist der Bau ein
> Symbol für den Kampf gegen das Virus – und eine dringend nötige
> Erfolgsmeldung.
IMG Bild: Hier werden schon bald Corona-PatientInnen behandelt
Peking taz | In hellblauen Schutzanzügen transportieren die Ärzte insgesamt
50 Patienten auf Tragen und Rollstühlen in das vor wenigen Stunden
eröffnete Krankenhaus. Voller Stolz publizieren chinesischen Staatsmedien
am Dienstag [1][Fotos der ersten Arbeitsschritte in der Huoshenshan-Klinik
in Wuhan], dem Epizentrum des Coronavirus. Allein die Dimensionen des
Bauprojekts sind gigantisch: Auf 25.000 Quadratmetern werden hier 1.400
Mediziner rund 1.000 Infizierte behandeln.
Noch rekordverdächtiger ist die Entstehungszeit: [2][Kaum mehr als zehn
Tage haben die Bauarbeiter vom Spatenstich bis zur Eröffnung benötigt.] Die
chinesische Staatsführung hat eine solche Erfolgsmeldung derzeit bitter
nötig. Erneut sind über Nacht auf Dienstag die Anzahl an Infizierten und
Toten so stark gestiegen wie nie zuvor. 425 Festlandchinesen sind dem neuen
Lungenerreger bislang erlegen, bereits jetzt sind das deutlich mehr als
noch während der Sars-Pandemie 2002 und 2003.
Gleichzeitig wurden über 20.000 Ansteckungen bestätigt, ein Vielfaches wird
unter der Kategorie „Verdachtsfälle“ geführt. Für weitere Sorge sorgte
zudem in Hongkong der zweite Virustote außerhalb Festlandchinas. Mit 39
Jahren war das Opfer, das zuvor nach Wuhan gereist war, im Vergleich
außerordentlich jung.
Mit erstaunlich selbstkritischem Duktus trat das Politbüro unter Vorsitz
von Präsident Xi Jinping am Dienstag an die Öffentlichkeit: „Wir müssen die
Erfahrungen zusammenfassen und Lehren daraus ziehen“, hieß es in einem über
das Staatsfernsehen verlauteten Statement. Die „Mängel“ im
Gesundheitssystem müssten beseitigt und das Krisenmanagement muss
verbessert werden.
## Das neue Spital sorgt für Entlastung
Für die Kommunistische Partei ist dies ein seltenes Eingeständnis von
eigener Schuld. Gemeint ist unter anderem, dass ein Arzt, der erstmals in
der Öffentlichkeit über das Virus informiert hat, von den Behörden wegen
„der Verbreitung von Gerüchten“ verhaftet wurde.
Hätten die Behörden damals anders reagiert, käme es möglicherweise nicht zu
jenen Szenen in Wuhan, die zuhauf auf Videoaufnahmen in den sozialen Medien
geteilt wurden: hoffnungslos überfüllte Spitäler, von Ärzten abgewiesene
Neuankömmlinge und verzweifelte Hilferufe von Patienten. Die
Versorgungslage war vor allem in der letzten Woche noch kritisch.
Ein wenig für Entlastung sorgt nun das neu errichtete Krankenhaus.
Akribisch haben die Staatsmedien jeden Schritt der Bauarbeiten live
gestreamt. Noch Ende Januar waren auf der Brachfläche nur Bagger zu sehen,
heute steht dort ein zweistöckiges Gebäude.
Ohne Frage gäbe es wohl wenige Länder, die ein solches Vorhaben in solch
einer Rasanz umsetzen können wie China. In diesem Fall zeigt sich der
Vorteil eines zentralistisch organisierten, hierarchisch geführten
politischen Systems: Aus allen Landesteilen konnten die Behörden die besten
Ingenieure mobilisieren, Sicherheitsbestimmungen vorübergehend außer Kraft
setzen oder beschleunigen und auch finanzielle Mittel ohne demokratische
Abstimmungen lockermachen.
## China hat Erfahrung mit Klinik-Schnellbauten
Neben dem Huoshenshan-Krankenhaus wird am Donnerstag ebenfalls in Wuhan
noch ein zweites, mit insgesamt 1.600 Betten sogar noch größeres
Krankenhaus eröffnet. Die Projekte sind angelehnt an ein trauriges Kapitel
der jüngeren Geschichte Chinas: 2003 haben 4.000 Bauarbeiter in Peking rund
um die Uhr daran gearbeitet, um eine Klinik zur Sars-Bekämpfung aus dem
Boden zu stampfen. Damals gingen die Bauarbeiten mit sieben Tagen sogar
noch schneller voran.
Sowohl die Spitäler in Wuhan als auch in Peking sind aus vorgefertigten
Bauteilen zusammengesetzt. Das Quarantäne-Krankenhaus in Peking hat
schlussendlich ein Siebtel aller Sars-Patienten behandelt und wurde von den
Staatsmedien als „medizinisches Wunder“ angepriesen. Nachhaltig war die
Einrichtung jedoch nicht: Nach Ende der Sars-Epidemie wurde das Gebäude
still und heimlich geschlossen.
4 Feb 2020
## LINKS
DIR [1] http://english.www.gov.cn/2020special/5e32830ec6d019625c60433b/5e328352c6d019625c60433f
DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=53nhErXUd9A
## AUTOREN
DIR Fabian Kretschmer
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