URI: 
       # taz.de -- Coronavirus in Südostasien: Vietnam wappnet sich gegen Virus
       
       > Einige Staaten schließen aus Angst die Grenze zu China, Vietnam hält sie
       > gezwungenermaßen offen. Dabei gibt es eine hohe Dunkelziffer an
       > Infizierten.
       
   IMG Bild: Schutzmaskenproduktion in Hanoi
       
       BERLIN taz | Auch Chinas Nachbarstaat Vietnam kämpft gegen das neuartige
       Coronavirus. [1][Wie im zentralchinesischen Wuhan] wird dort innerhalb
       weniger Tage ein Krankenhaus gebaut. Das 11 Millionen Dollar teure
       Militärkrankenhaus in Ho-Chi-Minh-Stadt mit 500 Betten, dessen Bau am
       Wochenende begann, soll noch diesen Monat fertig werden. Ein noch größeres
       Feldlazarett soll in Hanoi entstehen.
       
       Dabei sind in Vietnam nach offiziellen Angaben nur zehn Menschen an dem
       Virus erkrankt, dazu kommen rund 100 Verdachtsfälle. Beobachter gehen von
       einer hohen Dunkelziffer aus, denn viele Vietnamesen gehen nur dann zum
       Arzt, wenn es gar nicht anders geht. Man beißt die Zähne zusammen,
       arbeitet, solange es irgendwie geht, und will seine Familie nicht mit einer
       hohen Arztrechnung belasten.
       
       Die Dunkelziffer wird auch deshalb vermutet, weil alle bisher Erkrankten
       schwerste Symptome aufweisen oder aufwiesen: Leicht Erkrankte und
       Infizierte ohne Symptome wurden bisher nicht festgestellt.
       
       Gleichwohl werben staatliche Medien [2][für Hygienemaßnahmen]. Die
       Universitäten haben ihre Neujahrsferien verlängert und wollen verhindern,
       dass junge Menschen aus den Provinzen in die Großstädte kommen, wo sich das
       Virus wegen der beengten Wohnverhältnisse schneller ausbreitet. Gut die
       Hälfte der Provinzen hat den Schulunterricht ausgesetzt.
       
       ## Quarantäne statt Grenzen schließen
       
       Letztes Wochenende wurden alle Flüge [3][von und nach China] gestrichen.
       Seit Dienstag müssen Menschen, die auf dem Landweg aus China einreisen –
       vor allem chinesische Arbeitskräfte – sofort in Quarantäne. Touristen aus
       China, die immerhin 30 Prozent ausmachen, dürfte die Quarantäne
       abschrecken. Vietnams Touristenhochburgen klagen schon über
       Umsatzrückgänge.
       
       Anders als Chinas nördliche Nachbarn Russland, Mongolei und sogar Nordkorea
       hat Vietnam die Grenzen zu China nicht generell geschlossen. Auf Kritik in
       sozialen Medien antwortete Außenminister Pham Binh Minh, Vietnam dürfe
       wegen eines bilateralen Abkommens seine Staatsgrenze zu China nur
       schließen, wenn China dem zustimme.
       
       Dabei handelte es sich offensichtlich um ein bisher geheim gehaltenes
       Abkommen, was jetzt in der Bevölkerung auf massive Kritik stößt. Hier
       trifft die Angst vor dem Virus auf jahrhundertealte antichinesische
       Ressentiments in großen Teilen der vietnamesischen Bevölkerung.
       
       WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus begründete den Ausruf des
       internationalen Gesundheitsnotstands letzte Woche mit der Gefahr für Länder
       mit schwachem Gesundheitssystem. Unklar ist, wie gut Vietnam vorbereitet
       ist. Hygiene gehört nicht unbedingt zu den Stärken der Krankenhäuser: Oft
       müssen sich mehrere Patienten ein Bett teilen oder sie werden zu
       Reinigungsarbeiten hinzugezogen, womit sie einen Teil ihrer
       Behandlungskosten zahlen.
       
       Ein anderer Mangel könnte sich bei der Bekämpfung der Epidemie hingegen als
       Stärke erweisen: In Vietnam ist der Gedanke eines mündigen Patienten noch
       nicht angekommen. Ärzte sind Halbgötter in Weiß, deren Anweisungen man
       nicht infrage stellt.
       
       6 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Coronavirus-breitet-sich-aus/!5658036
   DIR [2] /Massnahmen-gegen-Coronavirus/!5660666
   DIR [3] /Alltag-mit-dem-Coronavirus-in-China/!5657932
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marina Mai
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Vietnam
   DIR Epidemie
   DIR China
   DIR Vietnam
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Kolumne Frühsport
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Corona in Vietnam: Musterknabe wird zum Problemfall
       
       Lange kam Vietnam glimpflich durch die Pandemie. Nun steigt die Zahl der
       Infizierten. In Hanoi und im Südens wurde ein strenger Lockdown verhängt.
       
   DIR Vietnamesische Community in Berlin: Solidarisch an der Nähmaschine
       
       Die Erwerbsgrundlage vieler Vietnamesen ist mit Corona zusammengebrochen.
       Während die einen Masken nähen, wollen andere zurück nach Vietnam.
       
   DIR Olympische Spiele und Coronavirus: Wenn Sport zurücktritt
       
       Trainingslager, Rekordjagden, Qualifikationsturniere: Alles wird wegen der
       angespannten Gesundheitslage in China plötzlich relativ.
       
   DIR Coronavirus breitet sich aus: 1.000 Betten​ in zehn Tagen​
       
       Ein Krankenhaus in Rekordzeit: Für Chinas Staatsführung ist der Bau ein
       Symbol für den Kampf gegen das Virus – und eine dringend nötige
       Erfolgsmeldung.
       
   DIR Alltag mit dem Coronavirus in China: Peking, stillgelegt
       
       Cherie Liu lädt zum Italiener ein, weil sie sich nicht einschränken will.
       Andere Pekinger sind vorsichtiger. Wie ein Virus das öffentliche Leben
       lahmlegt.
       
   DIR Maßnahmen gegen Coronavirus: Hände waschen nicht vergessen!
       
       Nicht so schlimm wie SARS, Grippe und Masern: Gegen das Coronavirus gibt es
       zwar bislang noch keinen Impfstoff, aber man kann sich schützen.