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       # taz.de -- Cyberattacke in Irland: Gesundheitssystem ausgeknockt
       
       > Kriminelle haben die Daten des irischen Gesundheitsdiensts verschlüsselt.
       > Sie wollen 20 Millionen Euro erpressen.
       
   IMG Bild: Hackerangriff auf das Gesundheitssystem, aber Impfzentren, wie hier in Dublin, können weiterarbeiten
       
       Dublin taz | Mitten in der Coronapandemie ist das irische Gesundheitssystem
       durch den womöglich bisher größten Hackerangriff in der Geschichte des
       Landes lahmgelegt worden. Wie groß der Schaden sein wird, ist bisher
       unklar. Das Kabinett wurde am Dienstag von Internetsicherheitsexperten über
       die mögliche Tragweite informiert. „Es gibt ernste Sorgen wegen der
       Auswirkungen des sehr begrenzten Zugangs zu Diagnostik, Labordiensten und
       Patientendaten aus der Vergangenheit“, teilte Irlands Gesundheitsdienst
       Health Service Executive (HSE) mit.
       
       Eine Woche nach dem Cyberangriff auf eine US-Pipeline hatten
       Cyberkriminelle am Freitag das IT-System des HSE mit Schadsoftware
       infiziert. Dadurch sind die Dateien und Laufwerke des Gesundheitsdienstes
       verschlüsselt worden. Die Täter drohten mit der Veröffentlichung der
       gestohlenen Patientendaten inklusive Bankverbindungen, falls man auf ihre
       Forderung nicht eingehe. Sie verlangen 20 Millionen Euro für einen Code,
       mit dem sich die Daten entschlüsseln lassen. Die Regierung in Dublin lehnte
       eine solche Zahlung ab.
       
       Der Gesundheitsdienst hatte am Freitag alle IT-Systeme vorsichtshalber
       heruntergefahren. Die meisten ambulanten Termine mussten abgesagt werden,
       darunter auch die Bestrahlungen für Krebspatienten. Impfungen gegen Covid
       seien aber nicht betroffen, gab der HSE bekannt, und auch der Notruf sowie
       die Krankentransporte funktionierten. Die Behandlung in der Notaufnahme ist
       jedoch dramatisch verlangsamt, weil das Personal keinen Zugriff auf Daten
       hat.
       
       Die Experten für Internetsicherheit überwachen derzeit das Darknet, um
       festzustellen, ob die Hacker die erbeuteten Daten veröffentlichen, wie sie
       angedroht haben. Man befürchtet außerdem, dass es einen erneuten Angriff
       geben könnte, während man versucht, das System in den nächsten Tagen
       schrittweise wieder hochzufahren. Priorität hat die Wiederherstellung der
       diagnostischen Bildgebung, der Laborsysteme und der Onkologie.
       
       Der Posten des Direktors des Nationalen Zentrums für Internetsicherheit ist
       allerdings seit mehr als einem Jahr unbesetzt. Das Gehalt von 89.000 Euro
       im Jahr liege weit unter dem üblichen Niveau für eine solch
       verantwortungsvolle Aufgabe, sagte der unabhängige Abgeordnete Cathal
       Berry. Der frühere Armee-Offizier monierte, dass das Zentrum lediglich fünf
       Millionen Euro im Jahr erhalte, nur 25 Mitarbeiter beschäftige und nicht
       mal über ein eigenes Gebäude verfüge, sondern in einem Notbehelf
       untergebracht sei. „Weil Irland international aktiver wird, zum Beispiel
       durch den Sitz im UN-Sicherheitsrat, ist das Land Hackerangriffen verstärkt
       ausgesetzt“, sagte er.
       
       Viele HSE-Computer laufen mit veralteten Windows-Betriebssystemen, aber das
       habe bei dem Hackerangriff keine Rolle gespielt, sagte ein HSE-Sprecher.
       Europol untersucht nun die Software und vergleicht sie mit früheren
       Angriffen, zum Beispiel mit dem auf Colonial Pipeline vor fast zwei Wochen,
       dem Betreiber der größten Pipeline der USA. Die Hacker sollen ein Lösegeld
       in Höhe von fünf Millionen Dollar kassiert haben. Der japanische
       Elektronikkonzern Toshiba ist Anfang des Monats ebenfalls erpresst worden.
       
       In Deutschland ist die [1][Uniklinik Düsseldorf vorigen September mit
       Erpressersoftware angegriffen worden]. Das eigentliche Ziel war aber
       vermutlich die Heinrich-Heine-Universität. Als die Hacker von der Polizei
       darauf hingewiesen wurden, dass sie durch ihre Aktion Leben gefährden,
       bliesen sie die Erpressung ab und händigten den Entschlüsselungscode aus.
       
       Hinter dem Angriff auf den Gesundheitsdienst könnte nach Angaben von
       Experten Wizard Spider stecken. Diese russische Organisation hat wiederholt
       solche Aktionen mit der Schadsoftware Conti unternommen. Ein Sprecher der
       russischen Botschaft in Dublin verurteilte den Angriff und sagte, die
       Regierung in Moskau sei bereit, eine Untersuchung einzuleiten, wenn sie von
       irischer Seite darum gebeten werde.
       
       18 May 2021
       
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