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       # taz.de -- DFB-Fußballerinnen vor der EM: Beste Eigenwerbung
       
       > Die personell geschwächte deutsche DFB-Elf verliert knapp gegen Kanada.
       > Nicole Anyomi darf sich aber mit Blick auf die EM als eine Gewinnerin
       > fühlen.
       
   IMG Bild: Durchsetzungsstark: Zwei Kanadierinnen versuchen Nicole Anyomi zu stoppen
       
       Im ersten Moment tat sich Martina Voss-Tecklenburg ein bisschen schwer, die
       unglückliche 0:1-Niederlage gegen den Olympiasieger Kanada einzuordnen. Die
       Haarpracht der Bundestrainerin wirkte ähnlich zerzaust wie so manche
       Offensivbemühung der deutschen Fußballerinnen, die spielerisch bessere
       Lösungen brauchen werden, wenn es bei der EM in England (6. bis 31. Juli)
       weit gehen soll. Aber kann von einer nicht eingespielten Notbesetzung mehr
       erwartet werden? Woher sollen Selbstverständlichkeiten kommen, fragte die
       54-Jährige selbst, „wenn wir nicht so oft auf dem Niveau spielen?“.
       
       Aber diese Niederlage im englischen Norwich hatte auch Gewinnerinnen
       hervorgebracht. Obwohl das Team dem frühen Kopfballgegentor von Vanessa
       Gilles (7.) vergeblich hinterherlief, stimmte die Mentalität. Bei keiner
       war das so offensichtlich wie bei Nicole Anyomi, deren Solos und
       Tiefenläufe herausstachen. Sie hatte in ihrem vierten Länderspiel viel Zug
       zum Tor. Wenn auch der Offensivspielerin von Eintracht Frankfurt ähnlich
       wie Klubkollegin Laura Freigang oder Klara Bühl längst nicht alles gelang,
       zeigte die 22-Jährige große Dynamik und Durchsetzungsvermögen.
       
       [1][Voss-Tecklenburg] überschlug sich fast in Lobeshymnen über Anyomi, die
       „Herz, Leidenschaft und Arbeit“ ihres Ensembles beim Einladungsturnier
       „Arnold Clark Cup“ verkörperte. „Für ‚Nici‘ freut’s mich einfach, da sie
       schon gegen Spanien viele auffällige Momente hatte“, sagte die
       Bundestrainerin. „Sie hat gezeigt, wie viel Speed sie hat und wie viele
       gute Entscheidungen sie treffen kann. Das ist ein Gewinn für uns.“
       
       Mit 16 Jahren war Anyomi ins Sportinternat in Essen gezogen. Ihr Wechsel
       nach Frankfurt vergangenen Sommer sollte der nächste große Schritt sein,
       doch brachte sie eine langwierige Blessur am Patellasehnenansatz mit. „Die
       Verletzung war ernst“, sagt Anyomi rückblickend, die deshalb bei der
       Eintracht anfangs in der Warteschleife hing. „Sie hat eine Leidenszeit
       hinter sich und hat sich da rausgekämpft. Es war für sie schwierig, den
       Glauben zurückzugewinnen“, erklärt Voss-Tecklenburg.
       
       ## Niederknien nach Pokaltreffer
       
       Genau wie Jana Feldkamp (23 Jahre/TSG Hoffenheim) oder Sophia Kleinherne
       (21/Eintracht Frankfurt) nutzt Anyomi nun die Abwesenheit von mehr als ein
       Dutzend Stammkräften, um für sich zu werben. Dass sie dieser Tage
       entscheidende Argumente für eine EM-Nominierung gesammelt hat, könnte auch
       ein gesellschaftlich wichtiges Zeichen sein. Denn Statements gegen
       Rassismus werden zwangsläufig auch die Endrunde in England im Sommer
       begleiten. Anyomis Eltern stammen aus Ghana und Togo, und so war sie im
       Juni 2020 die Erste, die im deutschen Frauenfußball ein Zeichen gegen die
       Tötung des US-Amerikaners George Floyd durch einen Polizisten setzte.
       
       Im DFB-Pokalviertelfinale gegen Turbine Potsdam jubelte die damalige
       Essenerin bei ihrem Treffer nicht, [2][sondern kniete nieder.] Sie weiß,
       wie sich Rassismus anfühlt und äußert. Die Art, wie manche sie anblicken;
       das Gefühl, wenn Menschen sich in der Bahn von ihr wegsetzen – damit hat
       auch sie schon Erfahrung gesammelt. Sie hat irgendwann für sich
       beschlossen, die mentale Stärke in den Sport zu übertragen – auch wenn das
       nicht einfach ist. „Es wird leider immer Idioten geben, die sich nicht
       ändern.“
       
       „Man muss stark sein im Kopf“, erzählte Anyomi kürzlich dem
       Frauenfußball-Magazin Elfen, auf deren aktueller Ausgabe sie das Cover
       ziert. In der Titelstory wird sie von ihrem Vereinstrainer Niko Arnautis
       als „coole Socke und tolle Type“ beschrieben. Genauso trumpft sie gerade
       bei den DFB-Frauen auf, die zum Abschluss gegen Gastgeber England (Mittwoch
       20.30 Uhr/zdf.de) trotz des 1:1 gegen Spanien und 0:1 gegen Kanada sogar
       noch den Turniersieg erringen könnten.
       
       21 Feb 2022
       
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   DIR Frank Hellmann
       
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