# taz.de -- „Dahomey“ auf der Berlinale: Viel Wut ist dort zu vernehmen
> In ihrem Berlinale-Wettbewerbsbeitrag „Dahomey“ begleitet die
> französische Regisseurin Mati Diop die Restitution einer Königsstatue
> nach Benin.
IMG Bild: Szene aus dem Film „Dahomey“ von der französischen Regisseurin Mati Diop
Eine schwarze Leinwand und eine dunkle Stimme aus dem Off, die fragt, warum
man sie nicht bei ihrem richtigen Namen nenne. Die Stimme soll König Gezo
gehören, Oberhaupt [1][des einstigen Königreichs Dahomey (von 1818 bis
1858)], das im heutigen Staat Benin liegt (nicht zu verwechseln mit dem
ehemaligen Königreich Benin, das im heutigen Nigeria liegt und Heimat der
Benin-Bronzen ist).
„Nummer 26“ nennt man ihn, den König, der eigentlich eine Holzstatue aus
dem 19. Jahrhundert ist, hier im Pariser [2][Musée Quai Branly]. Die
Dunkelheit, aus der er spricht, ist eine Transportkiste. Denn die Statue zu
Ehren Gezos ist das letzte von 26 Kunstwerken, die Frankreich an das
Herkunftsland Benin zurückgibt. [3][Restitution nennt sich dieser Vorgang],
der die Rückgabe von Kulturgütern an ihre ehemaligen Ursprungsorte
beschreibt. Begrüßt wurde dieser äußerst symbolische Akt, den die
französische Regisseurin Mati Diop in ihrem Berlinale Wettbewerbsbeitrag
„Dahomey“ filmisch begleitet.
Begrüßt zumindest von europäischer Seite, wo der französische Präsident
Emmanuel Macron als Vorreiter und gutes Beispiel gefeiert wurde. Etwas
anders sehen es viele Menschen in Benin, diesen Eindruck vermittelt Diops
knapp einstündiger Dokumentarfilm. Denn dort folgt man nicht nur den
Objekten Gezos und Co. ins eigens für sie errichtete Museum nach Abomey,
sondern verfolgt auch eine Debatte an der Universität vor Ort.
Viel Wut ist dort zu vernehmen: Einige kritisieren, dass von 7.000 Objekten
nur diese 26 zurückgegeben wurden, nennen den Vorgang eine „Imagekampagne“
Macrons oder bezeichnen ihn als wichtig, aber auch beschämend, wie Diop in
der Pressekonferenz nach der Premiere.
Nachvollziehen lässt sich das vor allem, wenn Student*innen erzählen,
was in über 150 Jahren Kolonialisierung noch alles verloren ging: Sprachen,
Traditionen, Geschichte. Viele der von den Europäer*innen angeeigneten
Kulturgüter dienten nämlich der präkolonialen Historiografie. Sie zu
entwenden, nahm auch die Möglichkeit, anhand ihrer die eigene Geschichte
nachzuvollziehen.
In 67 Minuten ist das Thema der Restitutionsdebatten kaum einzufangen, so
komplex wie es ist. Auch ist die Umsetzung ungewöhnlich, wirkt nicht ganz
ausgereift. Zu wenig erfährt man über die Objekte an sich, ihre Bedeutung,
ihren kulturellen Wert.
Die Grabesstimme Gezos, dessen Einwürfe aus der Feder des haitianischen
Schriftstellers Makenzy Orcel stammen, bringt einen wichtigen Punkt ein,
der eng mit der Kolonialgeschichte verwoben ist. Gezo sorgt sich um seine
Rückkehr nach Benin, das ihm ob seiner Zwangsmigration fremd geworden sein
könnte. Ein interessanter Kniff, der durchaus mehr Erklärung bedurft
hätte.
20 Feb 2024
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## AUTOREN
DIR Sophia Zessnik
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