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       # taz.de -- Das Amt nannte ihn Corelli: Tod eines deutschen Topspitzels
       
       > Er galt als ein Bestverdiener unter den V-Leuten. Nun starb Thomas R. –
       > angeblich an unerkannter Diabetes. Sein Verhältnis zum NSU bleibt
       > ungeklärt.
       
   IMG Bild: Hier wird Thoma R. alias Corelli nicht mehr Platz nehmen.
       
       HAMBURG taz | Er hatte mehrere Namen: Thomas tauften ihn seine Eltern, HJ
       Tommy nannten ihn die rechten Kameraden, Corelli hieß er beim Bundesamt für
       Verfassungsschutz (BfV). Am Wochenende sickerte durch: Der langjährige
       Rechtsextremist und ehemalige V-Mann Thomas R. ist tot.
       
       Der einstige Spitzel hätte viele Fragen zum NSU beantworten können, sagt
       David Begrich, Rechtsextremismus-Experte vom Beratungsprojekt Miteinander
       e. V. in Sachsen-Anhalt. Denn um das Jahr 2000 herum sei R. einer der
       „führenden Kader“ im Spektrum der Freien Kameradschaften und dem
       Blood-&-Honour-Netzwerk gewesen.
       
       Doch Thomas R., der nach seiner Enttarnung 2012 in ein Zeugenschutzprogramm
       kam, wird keine Antworten mehr liefern. Einem Spiegel-Bericht zufolge soll
       der Verfassungsschutz das parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages
       am vergangenen Mittwoch über den Tod des früheren Topspitzels informiert
       haben.
       
       Thomas R. war seit den neunziger Jahren in der Neonaziszene aktiv. Bei
       einem Rechtsrockkonzert 1995 lernte er in Dresden das spätere NSU-Mitglied
       Uwe Mundlos kennen. Dem BfV teilte „Corelli“ mit, dass Mundlos mit Freunden
       die Kameradschaft Jena gegründet habe. Der Kontakt zwischen R. und Mundlos
       scheint nachhaltig gewesen zu sein: Im persönlichen Kontaktverzeichnis von
       Mundlos, das Ermittler 1998 beschlagnahmten, fanden sich die Daten von R.
       
       ## Herausgeber des Nationalen Beobachters
       
       Das Bundeskriminalamt (BKA) schätzte ihn in einem internen Bericht als
       „Namensgeber und Initiator“ des Nationalen Widerstands Halle/Saale ein. Der
       V-Mann gab zudem das Szeneblatt Nationaler Beobachter heraus und betrieb
       mehrere Internetprojekte. Auf einem der Onlineportale befand sich das
       Szenemagazin Der Weiße Wolf. 
       
       Im Jahr 2002 erhielt das Magazin vom NSU-Trio 2.500 Euro. Das Magazin
       bedankte sich: „Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen.“ Für den
       Rechtsextremismus-Fachmann Begrich wirft allein diese Nähe die Frage nach
       weiteren Kontakten zum NSU-Trio auf. Auch die Rolle eines V-Manns, der
       staatlich finanziert die rechtsextreme Szene nachweislich mit aufbaute,
       hätte hinterfragt werden müssen, sagt Begrich.
       
       Nach dem Auffliegen des NSU musste R. auch beim BKA aussagen. Bei seiner
       Vernehmung 2012 blieb der Zeuge den Akten nach verschwiegen. Er log sogar.
       „Zu diesen Typen“ habe er keinerlei Kontakt gehabt, sagte R. – und konnte
       nicht erklären, wie sein Name auf diese „Garagenliste“ gekommen sei.
       
       Das BfV erklärte offiziell: Der V-Mann habe mit dem NSU nichts zu tun
       gehabt und auch nichts darüber berichtet. Zweifel daran sind berechtigt.
       Unter dem Namen „Corelli“ war R. von 1994 bis 2007 eine Topquelle des BfV.
       Das Amt stufte ihn intern mit der höchsten Bewertungsstufe „B“ ein – das
       hieß: Diese Quelle galt als verlässlich. R. zählte wohl zu den
       Bestverdienern unter deutschen Spitzeln. Allein das BfV soll ihm insgesamt
       180.000 Euro gezahlt haben – das bisher höchste bekannte Honorar für einen
       V-Mann.
       
       R. lieferte auch Informationen zur deutschen Sektion des „Ku-Klux-Klan“
       (KKK). Recherchen der taz ergaben: Zu den KKK-Mitgliedern gehörten Kollegen
       der vermutlich vom NSU in Heilbronn getöteten Polizistin Michèle
       Kiesewetter.
       
       R. soll nun einer unerkannten Diabetes-Erkrankung erlegen sein. Eine
       Fremdeinwirkung schließen die Ermittler angeblich aus.
       
       14 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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